Das Hamburger Abendblatt stellt zehn Wochenmärkte in Stormarn auf den Prüfstand. Ist die Auswahl groß genug? Wie ist die Atmosphäre? Auch der Dehoga-Kreisvorsitzende Axel Strehl bewertet mit

Ahrensburg. "Das ist eine richtige Familie hier. Morgens vor der Arbeit komme ich her und frühstücke, später esse ich hier zu Mittag. Und ich treffe immer jemanden zum Klönen", sagt Werner Wagner. Er hat eine Dachdeckerei in Ammersbek - und mit der "Familie" meint er die Mitarbeiter und die Kunden des Wurststandes Fümel.

Der Marktstand ist seit 19 Jahren mit von der Partie auf dem Ahrensburger Wochenmarkt. Inhaber Sven Fümel, der den Stand gemeinsam mit seiner Frau Claudia betreibt, kennt und duzt seine Kunden. Er kennt ihre Wünsche, fragt: "Für dich wieder das Schaschlik mit Pommes rot-weiß, oder?", bevor sein Gegenüber den Mund aufbekommen hat. Der Stand, stets in der Mitte des Marktplatzes aufgebaut, ist eine Institution. Rathausmitarbeiter verbringen hier ihre Mittagspause genauso wie Bankangestellte. Man trifft sich, kennt sich, die Stimmung ist gut - "familiär" eben. Doch diese besondere Atmosphäre ist nicht nur an Fümels Wursttheke anzutreffen, sondern auch am zweiten Imbiss. Und sie kennzeichnet den ganzen Ahrensburger Markt.

"Wir sind eine große Familie hier", sagt auch Nils Christensen. Der 33-Jährige ist Inhaber des Standes Käseparadies Christensen, der schon seinen Eltern und Großeltern gehörte. Er half bereits als kleiner Junge mit, kennt viele der Händler persönlich, hat etwa die Familie Fümel schon im Urlaub besucht. Auch das Verhältnis zu den Kunden sei in Ahrensburg besonders: "Es gibt einfach viele Stammkunden, die schon seit Jahrzehnten einkaufen. Da lernt man sich natürlich mit der Zeit kennen."

Kunden sind weniger wetterempfindlich als in anderen Orten

Ähnlich sieht es Obsthändler Thomas Groth, der auch mehrere Hamburger Wochenmärkte ansteuert. "Das Publikum ist sehr treu, die Leute kommen sehr regelmäßig. Und sie sind auch weniger wetterempfindlich als andere", sagt er und lacht. Anspruchsvoll seien sie auch: "Die Kunden wollen genau wissen, wo welches Gemüse herkommt. Das war schon immer so."

Eine der Kundinnen, die es genau wissen wollen, ist Christiane Westphal. Sie ist auf der Suche nach der Heidekartoffel Linda, "gezielt", wie sie sagt. Der Chef überzeugt sie dann allerdings, es einmal mit den Moorkartoffeln zu versuchen, die in der Kiste nebenan liegen und ebenfalls auf den Namen Linda hören. "Das ist die Schwester der Heidekartoffel, die wächst in der Gegend von Bremen. Die ist noch gelber und fester und schmeckt super, auch mit Schale", sagt Thomas Groth. Linda aus dem Moor hat gerade Saison, genauso wie die Hokkaido-Kürbisse, die in der Umgebung von Pinneberg wachsen. Frisch aus Stormarn kommen der Weißkohl und der Wirsing. "Es muss immer erst ein bisschen kühler werden, bis dieses Gemüse reif wird", sagt Thomas Groth. Es kann eben auch seine Vorteile haben, wenn der Sommer langsam endet.

Die Kunden des Fischstands Eggers, auch er ist eine Institution, wollen ihn indes noch nicht ganz verloren geben - den Sommer. "Die Leute kaufen zurzeit noch viel Grillfisch, zum Beispiel Seelachs", sagt Rita Timmann, die die Ware verkauft, die in den frühen Morgenstunden am Altonaer Fischmarkt eingekauft wird. Mit dabei am Stand ist auch Rita Timmanns Mutter Wanda Eggers - und das schon "seit 33 Jahren". Viele Kunden begrüßt sie beim Vornamen. Und auch dem Markttester Axel Strehl, der sich jetzt hinzugesellt, ruft sie fröhlich "Moin Axel!" zu. "Hallo Wanda", antwortet der Stormarner Dehoga-Chef, der in Ahrensburg aufgewachsen ist und noch heute dort lebt. Er nutzt die Gelegenheit, ein wenig "für den privaten Beutel" einzukaufen und mit Wanda Eggers über alte Zeiten zu klönen.

An die "alten Zeiten" erinnern sich beide noch gut. Damals, als am Rande des Wochenmarktes noch kleine Holzbaracken waren, wo heute mehrgeschossige Häuser stehen. Noch früher hatte der Markt seinen Standort an der Straße An der Reitbahn, doch Strehl hat nur noch schwache Erinnerungen daran. Eine andere Sache ist ihm besser in Erinnerung geblieben. "Als kleiner Junge durfte man sich immer auf einen Cola-Kasten stellen und bekam dann eine Scheibe Wurst in den Mund geschoben", sagt Strehl schmunzelnd.

Der Krabbenhändler steht immer schon um halb eins in der Nacht auf

Weiter geht es durch die "Fisch-Straße". Denn neben Eggers haben regelmäßig zwei weitere Stände dieser Art aufgebaut. Auch abseits dieser Straße werden besondere Meerestiere angeboten. Zum Beispiel an einem Stand, der sich Krabbenhandel Friedrichskoog nennt und stets in der Nähe der Rathausstraße zu finden ist. Sami Adrovic, 28 Jahre alt, verkauft dort die Schalentiere, die sein Vater und sein Bruder bei Büsum aus dem Meer holen.

Damit sie rechtzeitig nach Ahrensburg kommen, steht Sami Adrovic in Friedrichskoog um halb eins auf. Warum er die 140 Kilometer lange Anfahrt auf sich nimmt? "Es ist einfach ein guter Markt. Die Leute haben uns von Anfang an gut aufgenommen", sagt der Juniorchef des Betriebs fröhlich. Das frühe Aufstehen scheint ihm nicht auf die Stimmung zu schlagen.

Neben Fisch, Fleisch und Gemüse bietet der Ahrensburger Markt allerlei Besonderheiten. Etwa frische Nudeln. Die Teigerzeugnisse sind hausgemacht und aus Hamburg. Für Kundin Dorothee Griesenberg aus Ahrensburg ist der Stand von Inhaberin Adelheid Klare der beste Nudelstand überhaupt, sie empfiehlt die Mini-Maultaschen: "Die sind göttlich für Kinder!"

Nicht für Kinder, sondern für Hunde geeignet sind die Bernsteinketten, die Petra Henriksen an ihrem Mineralien-Stand verkauft. Sie helfen nämlich gegen Zecken. "Durch die Reibung am Hundehaar wird Harzgeruch frei. Und den mögen Zecken nicht", versichert Petra Henriksen.

Ein anderer Duft umweht den Stand von Jens Bülow. An seiner umgebauten Piaggio Ape, einem motorisierten Dreirad, verkauft er Espresso und andere Kaffeespezialitäten. Das Handwerk dazu hat er gelernt, nachdem es nach 20 Jahren in einer Bank "Zeit für etwas anderes" wurde. Seinen neuen Job macht er seit einem Vierteljahr, in Ahrensburg ist er erstmals. Sein Eindruck: "Ich bin positiv überrascht. Das Publikum ist sehr aufgeschlossen."