Sie stand schon vor dem Aus, nun ist die Polizeipuppenbühne präsenter denn je. Weil sie hilft, Unfälle zu vermeiden. Dass der Staat in eine neue Puppenbühne investiert, wäre noch vor einigen Jahren kaum vorstellbar gewesen.

Bad Oldesloe. „Seid ihr alle da?“, fragt Nadine Hamm die Kinder in der Oldesloer Kindertagesstätte Stoppelhopser am Rümpeler Weg. Ein lauter Kinderchor antwortet der Verkehrspolizistin mit einem lang gezogenen Ja. Etwa 30Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren sitzen nebeneinander auf Holzbänken. Aufgeregt warten sie darauf, dass sich der dunkelblaue Vorhang des Puppentheaters öffnet und der Kasper die Bühne betritt. Doch der Auftritt des Verkehrskaspers in der Kita Stoppelhopser ist nicht nur etwas Besonderes für die Kinder: Die Polizeidirektion Ratzeburg weiht ihre neue Polizeipuppenbühne ein. Knapp 40Jahre hat die alte durchgehalten, bis sie in diesem Jahr für rund 13.500Euro ersetzt worden ist.

Dass der Staat in eine neue Puppenbühne investiert, wäre noch vor einigen Jahren kaum vorstellbar gewesen. Bei einer Protestaktion 2004 mussten Stormarner Eltern sogar Unterschriften für den Erhalt des Verkehrskaspers sammeln: Der damalige Innenminister Klaus Buß (SPD) hatte geplant, dass private Puppenspieler die Bühnen aus Neumünster, Flensburg und Bad Oldesloe übernehmen. Die Proteste zeigten Erfolg: Der Polizeiverkehrskasper wurde nicht in Rente geschickt. Er bekam sogar ein neues Zuhause.

Wie wichtig die Arbeit der Verkehrspolizisten ist, zeigen Statistiken über Verkehrsunfälle im Kreis Stormarn, bei denen Kinder beteiligt sind. Im Jahr 2008 wurden 89Kinder bei Unfällen verletzt, 2012 waren es sogar 130. „In den zurückliegenden fünf Jahren ist die Zahl der verletzten Kinder bei Verkehrsunfällen deutlich gestiegen“, bestätigt Harald Schröder von der Polizeidienststelle Bad Oldesloe. Diesen Zahlen will die Polizeipuppenbühne Bad Oldesloe weiterhin entgegenwirken. „Die Kinder können gar nicht früh genug damit anfangen, etwas über den Straßenverkehr zu lernen“, sagt Holger Meincke, der stellvertretende Leiter der Polizeidirektion Ratzeburg. Meincke ist froh darüber, dass die Präventionsarbeit in den Kindertagesstätten nicht privatisiert wurde. Der 54-Jährige hat selbst zehn Jahre lang als Verkehrspolizist gearbeitet. „Die Kinder lernen hier spielerisch, wie sie richtig über die Straße gehen, dass sie beim Fahrrad fahren einen Helm tragen und sich im Auto anschnallen müssen“, sagt er, selbst Zuschauer bei der ersten Vorführung in Bad Oldesloe. Auch den ersten positiven Kontakt mit der Polizei schon in jungen Jahren hält der Ammersbeker für wichtig: „Die Kinder lernen, dass sie vor Polizisten keine Angst haben müssen. Durch unsere Arbeit als Verkehrspolizisten betrachten sie uns als Helfer.“

Heute lernen die Kinder von drei Beamten der Oldesloer Dienststelle. Während ihre Kollegen Ralf Kretz und Mira Buchmann hinter der neuen Bühne den Kasper, die Fahrrad fahrende Ente Watschel oder den Hund Schnuffi zum Leben erwecken, steht Nadine Hamm während der 60-minütigen Aufführung die meiste Zeit in Uniform vor der Bühne. „Wenn man eine Uniform trägt, ist man für die Kinder eine Autoritätsperson“, sagt die Oldesloerin. „Was ein Polizist ihnen sagt, halten sie insbesondere in diesem Alter für sehr wichtig.“ Die Polizistin ist seit zweieinhalb Jahren im Team der „Verkehrskasper“ und fast jeden Wochentag bei Kindertagesstätten im Einsatz. Die Polizeidirektion Ratzeburg betreut rund 550Kindertagesstätten in den Kreisen Stormarn, Herzogtum Lauenburg, Ostholstein und im Südbereich des Kreises Segeberg. Rund 650Vorstellungen gibt die Polizeipuppenbühne Bad Oldesloe pro Jahr.

Auch Britta Howe, eine Mitarbeiterin der Kindertagesstätte „Stoppelhopser“, kann sich den Verkehrsunterricht nicht ohne die Polizei vorstellen. „Ich finde es toll, wie die Kinder gespannt zuhören. Während des ganzen Auftritts waren sie sehr konzentriert“, sagt die 36-Jährige.

Neben den wichtigen Dingen, die die Kinder über den Straßenverkehr lernen, ist bei dem Puppenspiel auch der Spaßfaktor vorhanden. „Habt ihr die Hexe Straßenschreck gesehen“, fragt der Verkehrskasper sein junges Publikum. Sie hat Stormarner Kindern zugeflüstert, sie sollten mit Kreide auf der Straße malen. „Ja“, jolt wieder der Chor der Kinderstimmen. Dank der Hilfe der Kleinen kann die Übeltäterin festgenommen werden: von der blonden Polizistin Conny, die natürlich eine dunkelblaue anstatt einer grünen Uniform trägt.