Von der Bürgerbeauftragten Birgit Wille geäußerte Kritik, die Zahlungen für Miete seien zu gering, sei unbegründet

Bad Oldesloe. Die Behörden in Stormarn beteiligen sich in ausreichendem Maße an den Wohnkosten von Sozialhilfeempfängern, sagt Imke Colshorn, Fachbereichsleiterin für Soziales und Gesundheit in der Kreisverwaltung. Sie widerspricht damit der Darstellung der Bürgerbeauftragten des Landes, Birgit Wille. Wie berichtet, hatte Wille unter Berufung auf einen Beschluss des Sozialgerichts Lübeck (Az.: S 29 AS 1026/12 ER) Kritik an der in Stormarn gängigen Praxis, die Wohnkosten zu bemessen, geübt. Die Richter hatten moniert, dass es in Stormarn an einem"schlüssigen Konzept" dafür mangele.

"Wir haben durchaus ein gutes Konzept. Nur ein schlüssiges Konzept wie Frau Wille und das Gericht verlangen, wird es so nicht geben. Dafür sind die Kommunen im Kreis viel zu unterschiedlich", sagt Imke Colshorn. Ihr sei im ganzen Bundesgebiet kein einziges "schlüssiges Konzept" bekannt. "Wir müssen die Fälle individuell entscheiden, um fair zu sein. Zu wenig zahlen wir aber keinem einzigen Kunden", sagt Colshorn.

Zurzeit zahlt der Kreis Empfängern von Hartz IV und Sozialhilfe die Unterstützung gemäß der Wohngeldtabelle zuzüglich eines sogenannten Sicherheitszuschlags von zehn Prozent - und damit entsprechend der Forderung Willes und des Gerichts. Wille hatte jedoch zusätzlich gefordert, dass die Behörden aktiv auf ihre Kunden zugehen mögen, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie womöglich Anspruch auf mehr Geld haben.

Dies, so der Vorwurf, täten Jobcenter und Kreissozialamt in Stormarn bislang aber nicht. "Ich sehe aber, dass sich die Verwaltung bewusst ist, dass sie ein solches Konzept braucht", so Wille, die weiter auf eine baldige Lösung hofft. Dennoch bleibt der Vorwurf bestehen: Die Behörden halten sich zurück, wenn es um eine Beratung über höhere Zahlungsansprüche geht. Wille verweist auf den rechtlichen Anspruch der Empfänger: "Man kann nicht verlangen, dass sich alle Bürger über die Widerspruchverfahren informieren und den Weg im Alleingang gehen. Trotzdem rufe ich alle Betroffenen auf, ihre Bescheide anzusehen, zu überprüfen und ihre Rechte einzufordern."

Colshorn sieht dem gelassen entgegen: "Wir haben ja eine Beratungspflicht, und wenn es der individuelle Fall so will, werden wir unseren Kunden auch entsprechend Ratschläge unterbreiten. Und wenn ein Einspruch berechtigt ist, werden wir dem natürlich stattgeben."

Dem pflichtet Margot Sinning, Vorsitzende des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Kreises Stormarn, bei: "Wir halten uns an geltendes Recht und an das Wohngeldgesetz, und das Gericht erkennt unsere Vorgehensweise an". Der Ausschuss wird sich am heutigen Dienstagabend mit dem Thema befassen, allerdings nur unter dem Tagespunkt "Sonstiges". Daher werde es keinen Beschluss über das weitere Vorgehen geben.

Grundsätzlich können sowohl Sinning als auch Colshorn die Menschen verstehen, die gegen zu geringe Zahlungen Widerspruch einlegen. Dies könne mit einen Überprüfungsantrag beim Leistungsträger geschehen. Dieser würde eine Überprüfung der berücksichtigten Wohnkosten bis zum 1. Januar 2012 nach sich ziehen und entsprechende Nachforderungen legitimieren. Ein Einspruch sei zwar keine Garantie für eine Nachzahlung, aber ein Prüfung und eine Klage seien das gute Recht der Bürger.

Wie in dem Fall weiter verfahren wird, ist noch unklar. "Für solche Entscheidungen brauchen wir viel Zeit, bei Sozialthemen sollte man sich keine Schnellschüsse leisten", sagt Sinning. Auch Colshorn weiß nicht, wann mit einem finalen "schlüssigen Konzept" zu rechnen sei. "Es gibt dabei sehr viele Faktoren zu beachten. Wir werden uns aber gegen Ende dieses Jahres die Mietobergrenzen ansehen und die Zahlungen entsprechend anpassen". Damit wird allerdings noch kein finales Konzept geschaffen sein, das allen Hartz-IV- und Sozialhilfeempfängern angemessen erscheinen wird. "Man muss da auch ganz vorsichtig sein, an welchen Schrauben man dreht", sagt die Sozialausschussvorsitzende Margot Sinning. "Sobald wir unsere Sätze generell anheben, ziehen sofort alle Vermieter nach, und schon ist die Mietpreisschraube wieder ein Stück höher gedreht".