Der Bundesfinanzminister spricht vor 200 Gästen im Park Hotel und gibt sich haushälterisch.

Ahrensburg. Der Satz fällt in der Mitte der Rede: "Es wird für Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen." Finanzminister Wolfgang Schäuble spricht die Worte vor den rund 200 Parteimitgliedern, die zu seinem Wahlkampfvortrag im Ahrensburger Park Hotel gekommen sind, wie selbstverständlich aus. "Das ist der Öffentlichkeit auch immer so gesagt worden", ergänzt er denn auch. Ist es aber nicht. Das geladene Publikum lauscht ruhig und konzentriert, nippt kaum an dem bereitgestellten Mineralwasser. Auch zu den auf den Tischen ausgelegten Gummibärchen wird wenig gegriffen.

Fünf Wochen vor der Bundestagswahl hebt Schäuble damit die Bedeutung des zentralen Themas der "Alternative für Deutschland" (AfD), die er kurz vorher in seinem frei gehaltenen Vortrag noch als "komisch" bezeichnet hat. "Was wollen die eigentlich?", fragt der Finanzminister rhetorisch, als er darlegen will, warum der Euro gut für Deutschland sei und warum es richtig sei, die schwächelnden Partner in der Währungsgemeinschaft zu unterstützen. "Deutschland würde am meisten verlieren, wenn es die Eurozone verließe. Griechenland würde hingegen kaum etwas verlieren." Die D-Mark würde stark aufgewertet, wodurch die Ausfuhren in einem so exportabhängigen Land wie der Bundesrepublik leiden würden. Ähnlich, wie es jetzt der Schweiz widerfahre. "Aber keine Angst. Für die Schweiz muss nicht gesammelt werden." Die könnten sich auch noch gut einen Sylt-Urlaub leisten. Gelächter. Schäuble selbst urlaubt gern auf der Nordseeinsel.

Trotz des Eingeständnisses zu Griechenland: Schäuble gibt sich als strenger europäischer Haushaltspolitiker. Die kriselnden Länder seien durch die Sparpolitik auf den richtigen Weg gebracht worden, wie sich jetzt zeige. Griechenland sei nun dabei, erstmals seinen Verpflichtungen gegenüber der Troika nachzukommen. "Wir dürfen aber jetzt die Zügel nicht lockerlassen."

SPD und Grüne attackiert der wahlkämpfende Finanzminister aus vergleichbarer Perspektive. So beklagt er vehement, dass die Landesregierung seiner Heimat Baden-Württemberg nun wieder neue Schulden mache. "Und indem Rot-Grün nur darüber redet, die Steuern zu erhöhen, veranlassen sie die Unternehmen, weniger zu investieren." Auch weil die schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene "immer Maß gehalten hat, sind wir gut durch die Krise gekommen". Arbeitslosigkeit, zu wenig Wachstum und mangelnde Preisstabilität seien momentan keine Themen. "Und ich will, dass das so bleibt", sagt Schäuble beschwörend. "Bei Rot-Grün werden diese Themen schnell wieder wichtig."

Kurz nur schneidet der Finanzminister den demografischen Wandel in der Gesellschaft an, der auch auf der Klausurtagung der schleswig-holsteinischen CDU auf der Tagesordnung stand. Es sei ein falscher Weg der SPD, die kleine Erhöhung des Renteneintrittsalters rückgängig machen zu wollen. Kein Wort über die Zunahme der Arbeitslosigkeit bei Menschen, die älter als 50 Jahre sind. Kein Wort über Altersarmut. Nur ein Allgemeinplatz: "Erfolgreiche Wirtschaft mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung verbinden - das wollen wir." Wie zu Beginn seiner Rede warnt er am Schluss die Parteimitglieder anlässlich der guten Meinungsumfragen davor, zu glauben, Angela Merkel "bleibt sowieso Kanzlerin". Es sei wichtig, dass die Anhänger zur Wahl gingen. "Sonst gibt es Rot-Rot-Grün." Langer Beifall. Auch weil so hoher Besuch nicht alle Tage in die Schlossstadt kommt.

Am Schluss soll noch kurz mit dem Plenum diskutiert werden. Doch es ist nur Zeit für eine Frage. Wieder zu Griechenland. Vielleicht hätten einige Zuhörer ja gern nach Tipps gefragt, wie die Stadt Ahrensburg ihren Schuldenberg abbauen soll. Dann trägt sich Schäuble in das Gästebuch des Hotels ein.