Seit in Hamburg Wirkstoffrückstände nachgewiesen wurden, sorgen sich Ahrensburger. Land plant Messungen. Noch ist nicht geklärt, von wo aus die Medikamentenrückstände in die Gewässer gespült werden.

Ahrensburg. Sind Stormarns Bäche mit Medikamentenrückständen belastet? Und, falls ja: Welche Wirkstoffe sind es, wie hoch ist deren Konzentration? Solche Fragen stellen sich derzeit viele Kommunalpolitiker. Auch der Ahrensburger Umweltausschuss hat sich nun mit dem Thema befasst. "Man muss sich fragen, ob unsere Gesundheit gefährdet wird", sagt Dirk Burmeister, 67, der für die SPD-Fraktion in dem Gremium sitzt.

Er habe ja eigentlich nicht damit gerechnet, dass Medikamentenrückstände im Wasser enthalten sind, sagt Burmeister. Doch ein Bericht im Hamburger Abendblatt ließ den Ahrensburger aufhorchen: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass in der Alster und ihren kleineren Zuflüssen Reste von Medikamenten nachweisbar sind. Betroffen ist auch die Einmündung der Ammersbek. Hier stellte das Institut für Hygiene und Gesundheit insgesamt 17 Wirkstoffe fest, die kontinuierlich nachweisbar seien.

Allein der Wert des Schmerzmittels Diclofenac liegt im Jahresdurchschnitt bei 0,2 Mikrogramm pro Liter - und damit 0,1 Mikrogramm pro Liter über der EU-Umweltqualitätsnorm. Begründet werden diese Werte damit, dass biologisch nicht aufgenommene Substanzen wieder ausgeschieden oder Medikamente achtlos in der Toilette runtergespült werden.

Noch ist nicht geklärt, von wo aus die Medikamentenrückstände in die Ammersbek und von dort aus in die Alster gespült werden. Sollten sie aus der Aue kommen? "Die im Abendblatt vorgestellte Messreihe bezieht sich auf Bereiche in Hamburg. Schleswig-Holstein hat nun aber auch eine Studie in Auftrag gegeben", sagt Olaf Grönwald, der Leiter des Ahrensburger Klärwerks. "Sie wird voraussichtlich Ende dieses Jahres abgeschlossen sein."

Das Wasser aus der Ahrensburger Kläranlage an der Bünningstedter Straße läuft direkt in die Aue ab. Dass bundesweit in nahezu allen Gewässern Mikrodosen von Medikamentenrückständen enthalten sind, ist Grönwald bekannt. "Schon seit mehreren Jahren wird nach einer Lösung gesucht, wie man die Werte verbessern kann."

Die Stadtbetriebe Ahrensburg, die das Klärwerk betreiben, messen selbst nicht die Konzentration von Medikamentenrückständen. Die Gerätschaften, Massenspektrometer genannt, kosten mehrere 100.000 Euro und sind damit zu teuer für den städtischen Betrieb. "Wir sind auch nicht zur Messung verpflichtet", schreibt der Werkleiter der Ahrensburger Stadtbetriebe, Henning Wachholz, in einer E-Mail an die Stadtverwaltung, die der Redaktion vorliegt.

Olaf Grönwald gibt unterdessen Entwarnung: "Die Mengen sind so gering, dass sie dem Menschen keinen großen Schaden zufügen. Jeder Stormarner kann immer noch sein Trinkwasser aus dem Hahn genießen."

Der Ahrensburger Gewässerschutzbeauftragte Heinz Baade sieht das genauso. Er bezweifelt, dass der Medikamentencocktail im Abwasser durch das Ahrensburger Klärwerk verursacht wird: "Die Kläranlage ist eine der besten in Schleswig-Holstein. Es gibt keine technischen Beanstandungen." Der 54-Jährige hat im vergangenen Jahr die Funktion der abwassertechnischen Anlagen in Ahrensburg überprüft. In seinen Gewässerschutzbericht für das Jahr 2012 nahm Baade die Medikamentenrückstände jedoch nicht mit auf. Das Wasserhaushaltsgesetz sehe das nicht vor. Jetzt überlegt Baade, solche Werte in kommenden Berichten mit einzubeziehen.

Bis die Medikamenten-Messwerte der Aue feststehen, bleiben noch viele Fragen offen, auch für Dirk Burmeister. "Wir müssen abwarten. Erst wenn wir wissen, ob Medikamente in der Aue schwimmen, können wir über die nächsten Schritte beraten", sagt er.

Doch schon am Mittwochabend haben die Mitglieder des Umweltausschusses nach ersten Problemlösungen gesucht, sollten die Ahrensburger mitverantwortlich für die Medikamentspuren in der Ammersbek sein. Dass viele Menschen ihre Medikamente in der Toilette entsorgen, sei vermeidbar. Abgelaufene Arzneimittel nehmen einige Stormarner Apotheken zurück - doch noch immer längst nicht alle. Die Stadtverordnete Doris Brandt (CDU) fordert daher "eine bessere Aufklärungsarbeit bei den Bürgern und in Apotheken". Sie sagt, sie habe schon erlebt, dass ortsansässige Apotheken ihre Medikamente nicht annehmen wollten. Doris Brandt: "Und genau so etwas darf einfach nicht passieren."