Viele Autohalter im Kreis haben eine nach oben offene Leidenschaft. 6,2 Prozent der Autos sind Cabrios, in Schleswig-Holstein lediglich 4,6 Prozent.

Ahrensburg. Da kommen selbst so manche Vernunftmenschen ins Grübeln und stellen die Sinnfrage. Was ist wichtig beim Autofahren? Möglichst schnell, sicher und wirtschaftlich effizient von A nach B zu kommen? Oder ist der Weg das Ziel? Sicher ist Cabrio fahren eine im Wortsinn besondere Erfahrung. Aber ist es auch die schönste und ursprünglichste Form der automobilen Fortbewegung? Ein Lebensstil? Ausdruck von Freiheit? Tausende Stormarner antworten mit einem klaren Ja. Sie besitzen ein Cabriolet oder einen Roadster. Exakt 8389 von 134.699 im Kreis Stormarn zugelassenen Pkw sind nach Angaben der Zulassungsstelle in Bad Oldesloe "Fahrzeuge mit offenem Aufbau" - also Cabrios. Das sind rund 6,2 Prozent. Im Landesdurchschnitt sind lediglich 4,6 Prozent der Autohalter offen für ein himmlisches Vergnügen. Stormarn ist also eine Cabrio-Hochburg im Norden.

Natürlich gibt es viele Autofahrer, für die ein Cabrio wahlweise zu heiß, zu kalt, zu windig oder zu albern ist. Ein Ego-Trip für Angeber. Für eine gut sitzenden Frisur nicht unbedingt förderlich. Das mag auch daran liegen, dass diese Zeitgenossen die nach oben offene Faszination des Cabriofahrens noch nicht erlebt haben.

Zu den bekennenden Frischluftfanatikern in Sachen Automobil gehört zweifellos Marcel Klemmer. Der Ahrensburger fährt ein BMW 318i Cabrio: "Ich mag einfach das Design. Warum? Es ist noch eine Form. Die neueren Modelle haben ja einfach keine mehr. Mein Cabrio ist von 1992, und das sieht man nicht nur, man merkt es auch: Wenn mal was kaputt ist, dann kann ich es noch selbst reparieren. Ich bin Kfz-Sachverständiger, ich kenne mich also damit aus. Mein BMW ist ein toller Youngtimer und hat einen stetig steigenden Wert", sagt der 45-Jährige.

"Seit ich mit 17 Jahren Kfz-Mechaniker gelernt habe, liebe ich alles, was ein fahrbarer Untersatz ist: Cabriolets, Motorräder, alles. Mein Traumwagen? Auf jeden Fall kein Ferrari. Vielleicht noch ein Porsche Cabriolet, das wäre noch eine Möglichkeit. Auf jeden Fall muss ich was zum Basteln haben. Dieses Cabrio habe ich im vergangenen Jahr mit kaputtem Motor gekauft. Deshalb habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Ich habe ein Schnäppchen gemacht und kann rumtüfteln. Mit Gebrauchtteilen habe ich dann den Motor wieder zum Leben erweckt."

Damit ist Klemmer das personifizierte Musterbeispiel dafür, dass Leidenschaft und Vernunft beim Autofahren keine Gegensätze sein müssen. "In meinem Leben habe ich schon 60, 70 Autos gefahren. In diesem hier steckt schon ein bisschen Herzblut. Ich glaube, den behalte ich auch ein bisschen länger."

Anja Heinsohn, 52, hat sich bei der Wahl ihres Gefährts ganz von Emotionen leiten lassen. Sie fährt einen MG. Hart, zugig, reduziert, very british. "Ich mag englische Autos einfach sehr gern", sagt die Ahrensburgerin. "Cabrio fahren ist jedes Mal wie ein kleiner Urlaub."

Alexander Scheiper besitzt einen Renault Mégane. "Den Wagen habe ich seit einem Jahr. Ich habe ihn beim Händler gesehen, und dann hat sich der Kauf irgendwie so ergeben: Ich wollte schon immer ein Cabrio haben, und das hier sieht sehr gut aus, finde ich", sagt der 38-Jährige. "Das Fahren macht mir unglaublich viel Spaß - vor allem, wenn das Wetter so toll ist wie jetzt."

Gunar Schlage, 54, pilotiert ebenfalls einen Renault Mégane. "Vor ein paar Jahren hatte ich schon mal ein Cabrio. Cabrio fahren ist viel besser, als in einem normalen Wagen zu sitzen; deshalb habe ich jetzt seit einem Jahr wieder eins. Die Hauptsache ist für mich, dass das Dach weg ist."

Johann Doeleman, 60, und Monika Doeleman, 58, aus Todendorf fahren einen Mazda MX-5. "Wir haben insgesamt drei Fahrzeuge: zwei Cabrios und einen geschlossenen Wagen. Der hier ist unser schnittiger, flotter. Ich liebe das offene Fahren", sagt sie. Ihr Mann ergänzt: "Cabrio fahren ist einfach mein Lebensgefühl im Sommer. Dieses Modell ist nah an der englischen Bauweise dran. Die Japaner haben sich das dann von den Engländern abgeguckt. Es sieht so elegant und schnittig aus. Ich bin schon ein kleiner Auto-Liebhaber."

BMW-Cabrio-Fahrer Marcel Klemmer formuliert seine Autophilosophie so: "Leistung ist mir nicht so wichtig, ein Cabrio ist ja kein Rennwagen. Es geht einfach ums offene Schönwetter-Fahren." Das sehen andere Autofahrer im Kreis auch so. Die sechs etwa, die ein schwächelndes Trabi Cabrio besitzen.

Der schwerreiche Mann, der sich das einzige Bugatti Cabrio in Stormarn gegönnt hat, wohl eher nicht: Das 1,6 Millionen Euro teure Geschoss leistet 1001 PS, beschleunigt in 2,7 Sekunden von null auf Tempo 100 und ist bei Bedarf 407 km/h schnell. Geschlossen. Mit offenem Dach sind es noch 360 Sachen. Immerhin.