Eine Glosse von Alexander Sulanke

Drei Brötchen möchte ich kaufen, also betrete ich eine Bäckereifiliale, fasse meinen Wunsch in Worte und werde - um Irritationen vorzubeugen - gleich ganz konkret. Nicht "Brötchen", sondern "Doppelzack-Dreikornbeiß-Weltmeister" sollen es sein. Die Verkäuferin packt die "Doppelzack-Dreikornbeiß-Weltmeister" in eine Tüte, dann setzt sie plötzlich ein Lächeln auf. "Darf's sonst noch etwas Leckeres für den netten Herren sein?"

"Des Freundlichen ist viel auf Erden", hat Johann Wolfgang von Goethe geschrieben. Ich denke kurz nach. Nicht etwa darüber, dass ich - ach ja! - tatsächlich ganz vergessen habe, noch etwas Leckeres zusätzlich zu bestellen. Sondern darüber, ob Goethe nicht ein Wort vergessen hat, das da "zu" lautet. Darüber, ob ich jetzt meine Meinung kundtun oder lieber den Mund halten soll. Darüber, was mein lieber Großvater in dieser Situation wahrscheinlich gefragt hätte: "Wieso? Gibt's bei Ihnen auch was Leckeres?"

"Nein, Danke", sage ich stattdessen, "nur die drei Doppelzack-Dreikornbeiß-Weltmeister bitte." Ich ahne: Die arme Verkäuferin kann ja nichts dafür, dass sie so freundlich sein muss. "Es gibt nur zwei Arten von Freundlichkeit", hat der Linken-Politiker André Brie einmal festgestellt, " die scheinbare und die unscheinbare."

Eine anderer Tag, eine andere Bäckerei. "Drei Brötchen bitte." - "Jo. Tüte dazu?" - "Jo!" Das nenne ich reell. So freundlich habe ich mich seit Langem nicht mehr bedient gefühlt.