Die Zahl der krankheitsbedingten Frühpensionierungen von Lehrern in Stormarn steigt wieder. GEW-Chef Winckel-Rienhoff hält die Arbeitsbedingungen an Schulen für unzumutbar.

Bad Oldesloe. Stormarns Lehrer gehen aus gesundheitlichen Gründen früher in Pension als noch vor einigen Jahren. "Die neuen Daten zeigen, dass die älteren Lehrkräfte es nicht durchhalten, sich erst mit 67 Jahren pensionieren zu lassen", sagt Heiko Winckel-Rienhoff, Kreisvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Stormarn, der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn. "Lehrer erkranken und werden vom Amtsarzt dienstunfähig geschrieben - was sie mit Abschlägen bei der Pension für den Rest ihres Lebens bezahlen", so Winckel-Rienhoff. Grundsätzlich können Lehrer unabhängig von ihrem Gesundheitszustand ab dem 63. Lebensjahr in Pension gehen. Mit der Folge, dass sie mit finanziellen Abschlägen von immerhin 3,6 Prozent pro Jahr rechnen müssen.

Nach Angaben der Kieler Staatskanzlei verlässt inzwischen mehr als die Hälfte aller Beamten in Schleswig-Holstein vor der gesetzlichen Altersgrenze den aktiven Dienst. Die Frühpensionäre sind dann durchschnittlich 61,8 Jahre alt; bei den Lehrern liegt das Alter noch deutlich unter der 60-Jahre-Grenze. Denn in dieser Berufsgruppe ist die Entwicklung besonders gravierend. Gerade einmal 16 Prozent der Lehrkräfte hielten es im vergangenen Jahr bis zum 67. Lebensjahr in ihrem Job aus. Grund für die Frühpensionierung: vor allem psychische und psychosomatische Erkrankungen. Wie das Deutsche Ärzteblatt schreibt, liegt der Anteil krankheitsbedingter vorzeitiger Pensionierungen an den jährlichen Ruhestandseintritten in Deutschland bei bis zu 60 Prozent. Die krankheitsbedingten Frühpensionierungen stellten inzwischen ein gesellschaftliches, volkswirtschaftliches und sozialmedizinisches Problem ersten Ranges dar, schreibt das Fachmagazin.

Auch Stormarns Pädagogen leiden mit zunehmendem Alter an psychischen Erkrankungen, Burnout sowie an Schädigungen des Muskel- und Skelettapparates und des Herz-Kreislaufsystems. Mit der Einführung der "Pension mit 67", berichtet Stormarns Gewerkschaftler Winckel-Rienhoff, hätten die beamteten Lehrkräfte noch einmal die Zähne zusammengebissen. "Sie arbeiteten auch gesundheitlich angeschlagen weiter, weil sie Abschläge bei der Pension durch das frühzeitige Ausscheiden aus dem Beruf befürchteten." Denn seit dem Jahr 2001 sind Pensionierungen wegen Dienstunfähigkeit vor dem 63. Lebensjahr mit Versorgungsabschlägen verbunden. Daher hatte die Zahl der Pensionierungen wegen Dienstunfähigkeit von Lehrkräften im Jahr 2011 zunächst ein Rekordtief erreicht. Jetzt aber können viele der älteren Kollegen nicht mehr - zu viel Stress bei 28 Unterrichtsstunden wöchentlich, zu große Klassen mit 28 Schülern und zu wenige Lehrer.

Wie das Statistische Amt in Kiel mitteilt, ist die Zahl der Lehrkräfte an allgemein- und berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein im Schuljahr 2012/2013 im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 Prozent gesunken. Derzeit gibt es rund 29.900 Lehrer. Laut Landesregierung fehlen aber 1600 Lehrerstellen.

Und wer unterrichtet, befindet sich zudem mehrheitlich im fortgeschrittenen Alter. Bei den hauptberuflichen Lehrkräften ist die Altersgruppe der 55- bis 60-Jährigen mit all ihren gesundheitlichen Problemen am stärksten vertreten, heißt es im Statistikamt Nord. Nur 17 Prozent der Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen sind jünger als 35 Jahre.

Auch im Kreis Stormarn stellt sich das demografische Bild in dieser Berufsgruppe ähnlich dar. Weshalb Heiko Winckel-Rienhoff sagt: "Es ist an vielen Schulen so, dass die Kollegien überaltert sind." Die Ursachen dafür seien aber vielfältig. Zum einen führe der Abbau von Lehrerstellen vor allem in den Grundschulen dazu, dass junge Kollegen keine freien Stellen finden. "Zum anderen hält das Land Schleswig-Holstein junge Kollegen mit befristeten Verträgen hin, während andere Bundesländer wie Hamburg und Niedersachsen ihnen sofort volle Stellen auf Beamtenbasis anbieten."

Die GEW fordert nun mit Nachdruck, die Arbeitsbedingungen auch an Stormarns Schulen zu verbessern. Winckel-Rienhoff sagt das so: "Wenn eine Lehrkraft an einer Grundschule 28 Unterrichtsstunden in der Woche leisten muss und Klassen mit 28 Kindern hat, macht das krank. Unsere Obergrenzen heißen jeweils 24 - bei den Lehrerpflichtstunden genauso wie bei den Klassengrößen."

Die Gewerkschaft will außerdem dafür kämpfen, dass kein weiterer Stellenabbau an den Schulen erfolgt. Es dürfe nicht sein, dass Lehrkräfte zwei oder drei Klassen gleichzeitig beaufsichtigen müssen, weil Vertretungskräfte fehlen, heißt es bei der GEW.