Der Ammersbeker Bildhauer Axel Richter gestaltet ein Kunstwerk für die Opfer des Fliegerangriffs “Gomorrha“ . Es wird am 4. August an der St. Petrikirche eingeweiht

Ammersbek. "Operation Gomorrha". So hieß das Codewort für einen der verheerendsten Fliegerangriffe des Zweiten Weltkriegs. Am 25. Juli vor 70 Jahren fielen die ersten Bomben. Zynischer hätte der Angriffsplan nicht heißen können: Einem Eingriff in einen lebenden Körper gleich, wurde die Stadt auseinandergenommen. Nicht um zu heilen, sondern um sie wie das biblische Gomorrha unter Feuer und Asche zu begraben. 18 Stadtteile wurden zerstört. Ihre Namen wurden 1944 in 3,40 Meter langen Eichenbalken geschnitzt: Altona, Eimsbüttel, St. Georg, Veddel, Winterhude ... Jetzt liegt das verwitterte Holz auf dem Gelände des Hauses am Schüberg in Ammersbek. Dunkel, schwer, unheimlich. Stumme Zeugen der Anklage.

Der Bildhauer Axel Richter hat sie unter Mühen nach Ammersbek geholt. Richter: "Sie standen bis Sommer 2012 auf dem Ohlsdorfer Friedhof, als Teil eines Mahnmals für die Bombenopfer." Das Mahnmal von Gerhard Marcks wurde 1952 eingeweiht. 60 Jahre haben die Balken ihren "Dienst" getan und die Erinnerung wachgehalten. Jetzt wurden sie gegen neue ausgetauscht.

Einem aufmerksamen Friedhofsverwalter ist es zu verdanken, dass sie nicht auf dem Müll landeten. Er informierte die Hamburger Geschichtswerkstätten. So lagerte die Willi-Bredel-Gesellschaft die Balken ein, um einen anderen Ort zu finden, an dem sie ihre Kraft entfalten könnten. Eine positive Kraft des Eingedenkens, gegen die schwarze Kraft der Zerstörung.

Der Ort ist gefunden. Die 18 Balken werden aufrecht an der St. Petrikirche in Hamburg stehen. An der Außenwand, in einer runden Einbuchtung. "Sie sind unter freiem Himmel und doch in einem geschützten Raum", sagt Axel Richter, der den Auftrag bekommen hat, mit den historischen Relikten ein neues Mahnmal zu schaffen. Seit einer Woche fordern die monumentalen Balken den Ammersbeker körperlich und seelisch. Und die Zeit drängt. Der Aufbau beginnt am 1. August. Für den 4. August ist die Einweihung geplant.

Zwischen die 18 verwitterten Eichenbalken wird der Ammersbeker einen hellen Douglasien-Stamm aufstellen. Genau in die Mitte. "Als Lichtstrahl in der Sprachlosigkeit." Auch vor das Holz-Ensemble, das in seiner Kompaktheit etwas Bedrohliches, Schweres haben soll, wird Axel Richter einen hellen Douglasien-Balken setzen - horizontal. Richter: "Bei einem bestimmten Blick überschneiden sich die hellen Stämme. Und ein Kreuz wird sichtbar."

Christoph Störmer, Hauptpastor an St. Petri, hatte den Ammersbeker Bildhauer ins Spiel gebracht. Ursprünglich ging es um wieder aufgefundene Marmorblöcke des Altars der im Krieg zerstörten Hauptkirche St. Nikolai. Als Christoph Störmer davon erzählte, wurde Barbara Nitruch (SPD) hellhörig. "Die Gedenkkultur in Hamburg ist seit Jahren mein Thema", sagt die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete, die der Willy-Bredel-Stiftung verbunden ist und von den Balken wusste. "Mir war sofort klar, da müssen sie hin." Wenig später rief sie Axel Richter an.

Die Altarblöcke und die Eichenbalken werden jetzt eine Einheit bilden. Denn der horizontale Douglasienbalken wird über den zusammengefügten Altarblöcken vor den dunklen Relikten zu schweben scheinen. Richter: "Das ist für mich eine Erlösungsgeste. Aber immer in Verbindung mit der Erinnerung an Geschehenes."