Verkehrsaufsicht hält viele Beschränkungen für überflüssig. Anwohner in Ahrensburg sind verärgert. In der Ahrensburger Stadtverwaltung haben die Mitarbeiter durchaus Verständnis für die Anwohner.

Ahrensburg. Leonie, sie ist 13 Jahre alt, vermisst ein Verkehrsschild. Es zeigte eine 30 in einem runden Kreis - das Schild stand bis vor einer Woche noch am Eingang ihres Wohnquartiers, am Ahrensburger Kamp in Ahrensburg. Dort stellte es sicher, dass sie und andere Kinder in Ruhe spielen konnten. Leonies acht Jahre alte Schwester Linea etwa, die gern Waveboard fährt. Doch die Ahrensburger Stadtverwaltung musste das Schild, das jahrelang am Kreisverkehr an der Ecke Ahrensburger Redder stand, jetzt abbauen. Seitdem gilt Tempo 50 - und die Kinder spüren die Veränderung: "Die Autos fahren jetzt viel schneller", sagt Leonie.

Wolfgang Meichßner, ihr Großvater, der wie die Kinder am Viljandiring wohnt, ist darüber sehr verärgert - so wie viele andere Anwohner in dem Viertel. Einer von ihnen ist Andreas Hausmann, der mit Frau und zwei Kindern am Espluguesring wohnt: "Wir sind auch deshalb einmal hergezogen, weil es hier diese Verkehrsregelung gab."

In der Ahrensburger Stadtverwaltung haben die Mitarbeiter durchaus Verständnis für die Anwohner. Doch sie wähnen sich machtlos - denn die Änderung der Verkehrsregelung ist "auf Anweisung des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr" erfolgt, wie Anette Kruse sagt. Sie ist Fachdienstleiterin der Verkehrsaufsicht im Ahrensburger Rathaus. Dass die in Kiel ansässige Behörde tätig wurde, hat einen besonderen Grund, wie Kruse sagt: "Ein Bürger, der als Fahrlehrer arbeitet, hatte Beschwerde gegen die Tempo-30-Zone eingelegt." Tatsächlich habe sich dann herausgestellt, dass das Verkehrsschild gegen die Straßenverkehrsordnung verstieß. Anette Kruse: "Es hätte mindestens 50 Meter von der Einmündung der nächsten Spielstraße entfernt stehen müssen. In diesem Fall ist das der Ludwigslustring. Und das war nicht gegeben." Anette Kruse betont: "Wir haben immer wieder versucht, gegen die Entscheidung des Landesbetriebs anzugehen. Aber wir sind gescheitert."

Lediglich ein kleiner Teil des Tempo-30-Bereichs konnte bewahrt werden: Zwei neue Schilder weisen jetzt darauf hin, dass Autofahrer im Bereich der Kita Zauberredder das Tempo drosseln müssen. Gerade einmal für 100 Meter gilt die Regelung. Für Andreas Hausmann "ein Witz", wie er sagt: "Da gehen die Autofahrer nur einmal kurz vom Gas." Er kann nicht verstehen, weshalb die seit Jahren bewährte Regelung verändert wurde.

Doch nicht nur am Ahrensburger Stadtrand, sondern kreisweit werden zurzeit Tempo-30-Schilder abgebaut. Denn streng nach Recht und Gesetz beurteilt, sind viele von ihnen fehl am Platz. "In der Vergangenheit ist recht großzügig, zu großzügig, mit solchen Tempolimits umgegangen worden", sagt Hans-Jürgen Zimmermann von der Verkehrsaufsicht des Kreises Stormarn. "Seit zwei, drei Jahren sind wir deshalb dabei, die Schilder auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen", sagt er.

Allzu oft seien sie nicht notwendig und daher überflüssig. Das gelte zum Beispiel für den Bereich rund um Bushaltestellen - dort befanden sich vielerorts bislang Tempo-30-Schilder, verbunden oft mit dem Hinweis auf einen "Schulweg". Sie waren auf einen Erlass aus den 90er-Jahren hin aufgestellt worden, der inzwischen wieder geändert worden ist. "In Paragraf 20 der Straßenverkehrsordnung steht ohnehin geschrieben, dass man an Bushaltestellen langsam fahren muss, wenn ein Bus hält", sagt Zimmermann. An etwa zehn Stellen im Kreis habe die Verkehrsaufsicht allein in diesem Jahr Schilder abbauen lassen, schätzt Zimmermann und nennt beispielhaft Rausdorf, Rehhorst, Barnitz, Rethwisch und Lasbek. Insgesamt seien es wohl schon mehr als 20 gewesen.

"Die Akzeptanz ist einfach nicht mehr gegeben, wenn es zu viele Schilder gibt", sagt der Mitarbeiter der Verkehrsaufsicht. Richtig problematisch sei die Sache aber dadurch geworden, dass Dorfbürgermeister auch für ihre Gemeinde Tempo-30-Bereiche reklamierten, die sie in Nachbardörfern gesehen hatten. Da gab's aus Sicht der Verkehrsaufsicht keine andere Möglichkeit, als die überflüssig gewordenen Schilder zu kassieren.

Auch andere Geschwindigkeitsbeschränkungen, etwa die auf 70 Kilometer pro Stunde auf der B 75 nördlich von Reinfeld, hat der Kreis aufgehoben. Zimmermann: "Dort gibt's jetzt einen Radweg. Damit besteht kein Grund mehr für Tempo 70."

Der Ahrensburger Wolfgang Meichßner wünscht sich hingegen ein neues Schild, als Ersatz: den Hinweis, dass am Kreisel eine Siedlung beginnt.