Auf sieben Hektar Fläche hat Karsten Eggert in Jersbek ein ganz besonderes Feld angelegt. Besucher erwartet ein Erlebnis der magischen und fantasievollen Art

Jersbek. Mit einem Zeitungsartikel fing es an. Karsten Eggert las ihn, legte ihn in eine Schreibtischschublade und holte ihn hin und wieder hervor. Der richtige Zeitpunkt war aber lange noch nicht gekommen. Bis drei Jahre später seine damalige Firma, der Bezahlsender Premiere, von Hamburg nach München zog. Das war 1998. Ob Eggert mit wolle, fragte ihn sein Chef. "Nee." Er blieb in Norddeutschland, entdeckte den alten Artikel in der Schublade wieder und die Idee war zurück.

In der Zeitung hatte etwas von Kornkreisen gestanden. Ringe in Feldern, die man nur von oben sehen kann. Und Menschen, die daraus ein Event gemacht hatten. Die Idee des Mais-Labyrinths war geboren. Das ist nun 15 Jahre her. Karsten Eggert hat das, was anfangs viele als verrückt abhakten, zu einem jährlichen Ereignis gemacht. Und deshalb führen auch in diesem Sommer insgesamt acht Kilometer Irrwege durch zwei Meter hohe Maispflanzen. Bis zum Ende der Saison werden diese noch einen Meter wachsen. Dann ist auch für die größten Besucher die Sicht über das Feld versperrt und wenn sie sich durch die kräftig-grünen Blätter ihren Weg zum Ziel bahnen, werden sie auf Einhörner, Feuer speiende Drachen und bucklige Katzen treffen.

Der gebürtige Ahrensburger hat die Fabel-Bilder in Maßarbeit ins Feld "gezeichnet". Ende April säten die Bauern den Mais aus. Eggert hatte den Entwurf des Labyrinths schon gemacht. In diesem Jahr sollte es ein verzaubertes Labyrinth sein. Den Entwurf maß er auf dem Feld ab, und als der Mais schon ein bisschen gewachsen war, steckte er die Wege ab. Dafür brauchte er 3000 kleine Holzpflöcke und 16 Kilometer Absperrband. Ansonsten war alles eine Ein-Mann-Aktion auf dem zwölf Hektar Feld und der sieben Hektar Labyrinth-Fläche. Nach eigener Aussage Deutschlands größtes. Als der Mais dann etwas höher war, ging Eggert mit einer Fräse durchs Feld, befreite die Wege von den Pflanzen und ebnete sie. Neben den Wegen entstanden so auch die Bilder der Fabelwesen: von den Maispflanzen umrandete Fleckchen Erde.

Und auch wie in den vergangenen Jahren baute der gelernte Bildtechniker mithilfe von Bekannten die gesamte Aufenthaltszone neu. Eine große Bar mit zwei Grills, ein Tresen, Tische und Bänke, eine Bühne und kleine Extra-Bereiche zum Aufhalten schmücken den Platz vor dem Maisfeld. "Jetzt bin ich eher Zimmermann als Bildtechniker", stellt Eggert fest. Seine Hände arbeiten den ganzen Tag, schrauben, schleppen, schreiben Listen.

Beim ersten Mais-Labyrinth waren sie noch zu fünft. Eggert und ein paar Freunde. Im nächsten Jahr waren es nur noch drei und jetzt eben er allein. Das Mais-Labyrinth ist Eggerts Job. Das ganze Jahr über ist er damit beschäftigt. Wenn die Saison Ende September zu Ende geht, ist er einige Wochen mit abbauen, sortieren, lagern und der Buchhaltung beschäftigt. Im Dezember und Januar ist nicht viel los, aber im Februar beginnen schon die Planungen für das neue Labyrinth. Und wenn die fertig sind, hat der 44-Jährige sowieso alle Hände voll zu tun, denn dann beginnt im Juli schon die neue Saison.

Rund 20 Leute arbeiten mit im Maisfeld-Labyrinth. Daniel Hanßen war im vergangenen Jahr noch Besucher, jetzt ist er "volle Pulle dabei." Zusammen mit Jan Dietrich und Tobias Wriedt schraubt er Holzplanken zu Sitzgelegenheiten zusammen oder stellt ein Riesen-Vier-Gewinnt-Spiel auf.

Trotz der vielen Helfer: Eggert ist immer der Erste, der da ist und der Letzte, der geht. Zwangsläufig. Seit zwei Wochen steht sein Wohnwagen auf dem Platz und wird auch noch bis Oktober sein Zuhause sein. "Nachts muss ja jemand hier sein und auf das ganz Zeug aufpassen", sagt Eggert. Sein Hund Elvis hilft ihm dabei. Noch döst er in der Sonne, Fliegen schwirren um seine Schnauze. "Ohne ihn wäre es mir hier bestimmt manchmal unheimlich."

Für die nächsten Wochen sind neben einigen musikalischen Veranstaltungen wie der "Tanz in den Mais" auch noch andere Besuche geplant. "Ein Musikvideo soll hier gedreht werden", erzählt Eggert. "Die wollen mit so einem Flug-Ding übers Feld fliegen." Eine Kamera, angebracht an ein kleines Flugobjekt, saust dann ferngesteuert über den Mais.

Und vielleicht gibt es sogar noch etwas größere Dreharbeiten. Als Eggert das Labyrinth ausmaß, schlenderte ihm eines Tages Regisseur Detlev Buck von der anderen Feldseite entgegen. Ob sich seine Produktionsfirma schon bei ihm gemeldet habe? Ja, hatte sie. Aus einer spontanen Begegnung wurde ein einstündiges Gespräch zweier Nordlichter auf dem Acker. Buck, der in Berlin und Nienwohld wohnt, steckt in den Vorbereitungen für den Kinderfilm "Bibi und Tina". Im Maisfeld wird vielleicht eine Szene gedreht. "Etwas mit Pferden. Ist aber alles noch vage", sagt Eggert.

Wenn sich Ende September genug Besucher verlaufen und wieder herausgefunden haben, dann "übergebe ich den Mais besenrein dem Bauern", so Eggert. Von diesem hat er das Feld gemietet. Wenn der Mais geerntet wird, zahlt er den Ausfall, der durch die Labyrinth-Wege entstanden ist, an den Bauern zurück.

Schickte man ihn selbst ins Feld, würde er sich nach all den Stunden des Absteckens noch verlaufen? "Wenn ich nicht aufpasse, anfange rumzudröhnen und zweimal um die Ecke laufe, dann bestimmt." Aber er weiß auch, wie man schnell wieder herausfindet: sich an eine Richtung halten. Immer links oder immer rechts abbiegen. Dann lässt einen auch das verzaubertste Labyrinth irgendwann wieder frei.