Bei Bauarbeiten an einem Regenrückhaltebecken am Glindfelder Weg sind Hunderte von Tieren verendet. Mitarbeiter des Ingenieurbüros streiten ab, dass vor den Bauarbeiten keine Fische umgesetzt worden seien.

Bargteheide. Sechs Nachbarn sitzen in Frau Wolffs Wohnzimmer und diskutieren. Sie sind empört. "Als ich mitbekommen habe, dass die Bagger und Pumpen anrückten, bin ich sofort rübergegangen", sagt Petra Wolff, die ihren fünf Gästen Kaffee serviert. Das Regenrückhaltebecken am Glindfelder Weg grenzt direkt an ihr Grundstück. Dort wird ab August der zweite Abschnitt der westlichen Verbindungsstraße von der Alten Landstraße zur Jersbeker Straße gebaut. Das Becken soll vergrößert werden, um das Regenwasser des Straßenabschnitts aufzunehmen.

Vorige Woche begannen dafür die Arbeiten. Das Becken wurde entschlammt, das geschieht regelmäßig. "Dabei wurde aber überhaupt nicht auf die Fische geachtet, die noch in dem Becken waren. Und auch nicht auf die Vögel und anderen Lebewesen", sagt Eike Hinrichs. Er und Familie beobachteten die Bauarbeiten. "Da zappelten Hunderte von Fischen im seichten Wasser", sagt Hinrichs. "Viele schwammen schon tot oben, andere rangen noch nach Luft." Petra Wolff nickt. "Es hat bis zur Straße hin gestunken: nach Tod und Verwesung."

Die Bauarbeiter hätten derweil nichts von Fischen gewusst, sagt Petra Wolff. "Der Chef hatte den Baggerfahrern angeblich gesagt, da seien keine Fische im Teich." Sie sieht wütend aus. "Dabei hat man die ja schon die ganze Zeit aus dem Wasser springen sehen." Gemeinsam mit dem Fahrer einer Raupe, mit der der Schlamm an den Rand geschaufelt wurde, habe sie dann mit Keschern die Fische in das angrenzende, kleinere Regenrückhaltebecken transportiert. "Kübelweise Fische haben wir rüber geschleppt."

Die Mitarbeiter des Ingenieurbüros Petersen und Partner streiten ab, dass vor den Bauarbeiten keine Fische umgesetzt worden seien. Die Firma wurde von der Stadt beauftragt, den Bau zu planen, "Wir haben die Tiefbaufirma beauftragt, den Teich abzufischen. Das ist dreimal passiert, die Tiere wurden in das daneben liegende Becken umgesetzt", sagt Johannes Krumm, ein Mitarbeiter des Ingenieurbüros. So etwas sei selbstverständlich und auch mit der unteren Naturschutzbehörde des Kreises abgestimmt. "Ich weiß nicht, wann die Anwohner vorbeigekommen sind. Der Wasserstand muss ja erst einmal einen bestimmten niedrigen Pegel erreichen, damit die Fische mit Netzen abgefischt werden können. Es dauert ein paar Tage, bis etwas passieren kann."

"Zu 100 Prozent kann nie gewährleistet werden, dass alle Fische aus so einem Becken umgesetzt werden", sagt Joachim Schulz von der Kreis-Naturschutzbehörde. "Seitens der Firma heißt es ja, dass das Becken dreimal abgefischt worden ist. Wenn aber danach wirklich noch so viele Fische darin waren, wie die Bürger sagen, ist anzunehmen, dass das Abfischen nicht ausreichend erfolgt ist."

Bei dem Regenrückhaltebecken handelt es sich um eine technische Einrichtung und damit nicht um ein natürliches Gewässer wie etwa ein Teich. "Dennoch siedeln sich dort natürlich Fische und Uferlebewesen an. Dass dort ein Biotop entsteht, kann nicht verhindert werden", sagt Jürgen Engfer, Bargteheides Bauamtsleiter. Die beauftragte Tiefbaufirma habe sich vor der Entschlammung aber versichert, dass im Zufahrtsbereich des Baggers keine Brutplätze seien. "So ein Quatsch", sagt Kathrin Nüske. "Da haben immer schon Blesshühner gebrütet. Die sitzen jetzt mit den vier Jungtieren im Schlamm, an einer Stelle wo nur noch ein bisschen Wasser ist."

Warum die Bauarbeiten ausgerechnet jetzt durchgeführt werden müssten, fragen sich die Bargteheider, die die Maßnahmen von Anfang an beobachteten. "Jetzt reift doch überall der Nachwuchs heran", sagt Eike Hinrichs.

Bauamtsleiter Engfer sagt: "Es ist sehr bedauerlich, dass so viele Fische umgekommen sind." Keine der Tiere aus dem Rückhaltebecken stünden jedoch unter Artenschutz, sodass zwar der Tierschutz greife, nicht jedoch das Artenschutzgesetz. Deshalb sei die Naturschutzbehörde nicht zuständig. Die Veterinäre und auch die Wasserbehörde beim Kreis Stormarn seien aber über den Vorfall informiert worden.

"Jetzt sind die Fische ja tot und alles übergeschaufelt", sagt Kathrin Nüske. "Als ob jetzt noch irgendjemand etwas unternehmen würde."

Gabriele Heuer blickt über den schlammigen Grund des Beckens, auf dem die Bagger noch schaufeln. "Ich bin eher traurig als wütend", sagt sie. "Und enttäuscht, weil die Stadt sich so herausredet. Niemand gibt zu, dass hier etwas schiefgelaufen sein muss."