Serie: Jeden Sonnabend stellen wir einen Stormarner Verein und dessen Mitglieder vor. Heute: Der Bienen- Lehr- und Schaugarten Ahrensburg

Falls Hubert Sünnemann während seiner Zeit als Lehrer jemals in die Verlegenheit kam, die Generationen von Kindern umtreibende Frage von den Blumen und den Bienen erörtern zu müssen, dürfte das für den heute 79-Jährigen ein Leichtes gewesen sein. Sünnemann ist Hobbyimker, sein anscheinend unerschöpfliches Wissen über Bienen und deren Bestäubungsaktivitäten teilt er nur allzu gern. Gelegenheit dazu hat er seit 1983 an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat. Dann öffnet der Bienen- Lehr- und Schaugarten (BLSG) in Ahrensburg.

Sünnemann ist Gründungsmitglied des Vereins, der der Stadt das Haus an der Bagatelle hinter dem Schloss "in zähen Verhandlungen" zur Pacht abrang. Im Obergeschoss des vor 150 Jahren gebauten Gebäudes, das früher das Bügelhaus des Schloss war, befindet sich heute ein Museum. Besucher können sich hier neben Bienenkörben und der großformatigen Nachbildung eines Bienengehirns auch Wabenrahmen ansehen, wie Imker sie für ihre Zucht benutzen. Elf solcher Holzrahmen passen in eine Zarge der Segeberger Beute. Fünf Bienenstände dieser Art stehen auch in dem Ahrensburger Lehrgarten.

Bevor Eilert Mittwollen den Deckel hochhebt um einen Blick auf die Waben zu riskieren, verhüllt er sein Gesicht und Körper mit einem Netz, über die Hände zieht er dicke Handschuhe. Nicht ohne Stolz sagt der Zweite Vorsitzende des Vereins, dass er, seit er selbst Bienen habe, also seit vier oder fünf Jahren, "nicht ein einziges Mal" gestochen worden sei. Seine Frau allerdings, durch die er überhaupt erst zu der Bienenzucht gekommen ist, werde nicht immer verschont, räumt er ein.

Ein Bienenvolk kann im Sommer bis zu 80.000 Tiere umfassen

Vorsicht ist in jedem Fall geboten, sobald man sich einer Bienenbeute nähert. Die rund 30.000 Tiere sind Tag und Nacht aktiv, im Sommer vergrößert sich ein Volk auf 50.000 bis 80.000 Bienen. Die Bienenkönigin legt zu Spitzenzeiten am Tag bis zu 2000 Eier. Heraus kommen Arbeiterinnen oder Drohnen, die männlichen Tiere, die aus unbefruchteten Eiern mit halbem Chromosomensatz entstehen.

Hobbyimker wie Mittwollen haben meist zwei bis vier Völker. Die führen ihre Besitzer manchmal auf ungewohnte Pfade, zum Beispiel in fremde Gärten - und zwar ganz legal. Wer einen Imker mit einem Kescher über sein Grundstück rennen sieht, sollte sich, bevor er die Polizei ruft, Paragraf 962 des Bürgerlichen Gesetzbuches durchlesen. Dort heißt es: "Solange er den Schwarm verfolgt, darf der Eigentümer auch fremde Grundstücke betreten."

Mittwollen hat schon öfter in einem Baum sitzende Bienen eingefangen. Dafür rüstet er sich mit einem Wasserzerstäuber und einem Beutel mit einem daran befestigten Stock aus. Dann gibt es eine einfache Vorgehensweise: Schwarm nass spritzen, Bienen rücken zusammen, mit Stock gegen Ast schlagen, Bienen fallen in Beutel. "Entscheidend ist, dass die Königin im Beutel landet. Sonst ist der übrige Schwarm gleich wieder weg", erläutert Mittwollen, der drei bis vier Stunden pro Woche in die Imkerarbeit investiert.

Ende Juli oder Anfang August erwarten die Imker die Sommerernte, also die zweite im Jahr. Die Frühjahrsernte im Hause Mittwollen betrug - genau wie im Lehrgarten - in diesem Jahr rund 70 Kilo Honig. "Das ist mehr als ich verbrauche, aber dennoch verhältnismäßig wenig. Der Winter dauerte zu lang", sagt Mittwollen. Der Honig, den die Völker im BLSG erwirtschaften, wird dort verkauft. 150 bis 180 Inhaltsstoffe sind in dem Honig enthalten, dazu zählen Vitamine, Enzyme, Mineralstoffe, Hormone und mehr als 30 verschiedene Einfachzucker. "Das ist das Beste: ein Brötchen mit Butter und frischem Honig, den man gerade selbst geschleudert hat", sagt Mittwollen.

Das Hauptanliegen des BLSG ist jedoch die Aufklärungsarbeit. Die Mitglieder arbeiten eng mit dem Imkerverein zusammen, sehen ihre größte Aufgabe aber auf einem anderen Gebiet: "Wir möchten die Öffentlichkeit über die Bedeutung der Bienen für unsere Umwelt informieren", sagt Sünnemann. Er führt Schulklassen, Kindergartengruppen und andere Besucher durch den liebevoll gestalteten Garten, der das einzige Umweltzentrum dieser Art in Schleswig-Holstein ist. In Schaukästen können Besucher die Bienen bei der Arbeit beobachten, auf Tafeln wird deutlich, welchen Einfluss die Tiere auf Dinge des alltäglichen Lebens haben. Bei einem Quiz kann man sein gerade erworbene Wissen überprüfen.

Etwa 200 Schulklassen haben das Angebot seit der Eröffnung des Lehrgartens wahrgenommen. "Wir müssen bedauerlicherweise immer wieder Anfragen ablehnen, weil wir nicht genügend Helfer haben", sagt Sünnemann. Der Verein suche deshalb noch einen erfahrenen Imker, der Lust habe, Gruppen zu betreuen. "In Zusammenarbeit mit dem Imkerverein schulen wir auch in Imkerkursen." Ein solcher Lehrgang kostet 120 Euro. Für Jugendliche ist das Angebot kostenlos. Die interessierten sich nämlich zunehmend für die Imkerei, sagt Sünnemann. "Das liegt wohl daran, dass auch das Interesse an Umweltschutz allgemein wächst."

Nach dem Tod des Vorsitzenden hat sich der Vorstand gerade neu aufgestellt

Honigbienen werden, so drückt es Sünnemann aus, in der Zucht "auf Leistung getrimmt". "Mit der Zeit wurden dadurch auch die Abwehrkräfte der Tiere geschwächt und sie sind nun anfälliger für Krankheiten", sagt der Hobbyimker. Die Rechnung, die hinter dieser Zucht stehe, sei ganz einfach: "Natürlich handelt es sich um eine vom Menschen vorgenommene Auslese, aber eine höhere Leistung bedeutet natürlich auch, dass mehr Blüten bestäubt werden können." So wirke sich die Zucht zugunsten des Umweltschutzes aus.

"Unsere Ernährung ist zu 30 Prozent von Bienen abhängig", sagt Mittwollen. Die Welt der Bienen sei eine "Wunderwelt". "Von ihr können wir immer wieder aufs Neue lernen." Ein Bienenvolk bestäubt pro Jahr etwa zwei bis drei Millionen Blüten. "Bienen sind blütenstete Insekten", sagt Sünnemann. Blütenstetigkeit bedeutet, dass wenn eine Biene Blüten einer Pflanzenart gefunden hat, sie diese immer wieder anfliegt, bis sie bestäubt sind. "Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch vom Aussterben bedrohte Pflanzen erhalten werden." Gerade auf dem flachen Land sei die Vernetzung wichtig. "Ich werbe dafür, dass etwa alle zehn Kilometer ein Bienenstand aufgestellt werden sollte."

Im Frühjahr hat der Verein einen neuen Vorstand gewählt. Der langjährige Vorsitzende, Erich Rocksien, war kurz zuvor verstorben. "Wie schon sein Vorgänger Gotthold Seja hat er sich stark für den Bienengarten eingesetzt, der so zu einem Aushängeschild für Ahrensburg geworden ist", sagt Mittwollen. Der neue Vorstand um den Vorsitzenden Bernd Graupner hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Arbeit gebührend fortzusetzen. Generationen von Kindern sollen im Bienen- Lehr und Schaugarten noch Gelegenheit haben, alles über Bienen und Blumen zu lernen.