Der Kaplan und die große Liebe: Reaktionen auf den Fall des katholischen Geistlichen Nils Schellhaas aus der katholischen Gemeinde Ahrensburg

Ahrensburg/Bargteheide. Die Liebesaffäre eines Kaplans mit einer Frau hat am Mittwoch für erheblichen Diskussionsstoff in Kirchen, Verbänden und in der Öffentlichkeit gesorgt. Wie das Abendblatt berichtete, ist Priester Nils Schellhaas (31) von der Katholischen Kirchengemeinde Ahrensburg nach Angaben des Erzbistums Hamburg endgültig aus dem Dienst ausgeschieden. Er war 2006 von der evangelischen Kirche zum Katholizismus übergetreten und 2012 zum katholischen Priester geweiht worden. Grund für das Ende seiner Amtstätigkeit sei der Bruch des Zölibats, hieß es.

Monsignore Peter Mies vom katholischen Dom St. Marien in Hamburg sagte: "Ich finde es schade, dass er nach so kurzer Zeit seinen Dienst aufgegeben hat und wünsche ihm alles Gute." Die bundesweite Vereinigung der katholischen Priester und ihrer Frauen (VkPF) reagierte auf Abendblatt-Anfrage mit Verständnis auf die Entscheidung des Geistlichen, den Dienst aus diesem Grund zu quittieren. Allerdings sei für den Ex-Kaplan jetzt womöglich eine schwierige berufliche Situation entstanden, sagte der Vize-Vorsitzende der Vereinigung, Alfred Lenz, aus dem rheinland-pfälzischen Zweibrücken. Lenz, der früher Priester war, eine Familie gründete und später als Religionslehrer arbeitete, betonte: "Eine weitere Anstellung in der katholischen Kirche dürfte für ihn schwierig sein - allenfalls bei der Caritas und in der Erwachsenenbildung." Manche der früheren Geistlichen nehmen, so die Erfahrungen der Vereinigung, nach dem Ende des Dienstverhältnisses ein weiteres Studium auf, etwa im Fachgebiet der Sozialarbeit. "Andere wiederum machen einen Schnitt mit der katholischen Kirche und treten aus", sagt Lenz.

Ob Schellhaas in die evangelische Kirche zurückkehrt und dort künftig als evangelischer Pastor arbeiten will und kann, ist völlig offen. Dass Priester den Bruch mit dem Katholizismus vollziehen und eines Tages als evangelische Pastoren arbeiten, gehört nämlich eher zu den seltenen Fällen. "Das geschieht auf Antrag und erst nach intensiver Prüfung des Einzelfalls", sagt Matthias Benckert, stellvertretender Sprecher der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn. Zu den Ausnahmen zählt Ingo Pohl aus Brunsbüttel. Er war jahrelang katholischer Priester und ist seit einem Jahr "Pastor zur Anstellung" in der Nordkirche.

Die Ahrensburger evangelische Pastorin Anja Botta bedauerte unterdessen den Weggang des beliebten Amtsbruders. "Ich habe ihn als netten und kompetenten Kollegen erlebt", sagte sie. "Aber seine Entscheidung ist konsequent." Vielleicht könne er als Pastoralreferent in der katholischen Kirche arbeiten - "wenn er dort Mitglied bleiben möchte". Verständnis für den Lebensweg des jungen Geistlichen äußerten am Mittwoch auch etliche Passanten in Ahrensburg und Bargteheide. Jörn Gill, 45, aus Bargteheide, sagte: "Der Zölibat ist out of turn. Man sollte diese Regelung ändern. Es ist das gute Recht des Priesters, sich für die Liebe zu entscheiden. Da hat die Kirche nichts zu sagen." Bela Meinberg, 18, aus Bargteheide, sagte: "Ich halte nicht viel von der Kirche und noch weniger vom Eheverbot. Das ist völliger Blödsinn. Der katholische Priester soll doch machen, was er möchte." Und Jana Schade, 32, aus Bargteheide meinte: "Auch Priester und Nonnen haben Gefühle."

So sieht es auch die bundesweite Vereinigung der katholischen Priester und ihrer Frauen (VkPF). Sie nimmt den Fall aus Stormarn zum Anlass, erneut die Freistellung des Zölibats zu fordern. Die ehelose Lebensweise der Priester dürfte nicht länger durch die Tradition verordnet, sondern müsse eine freiwillige individuelle Entscheidung sein. Gerade vor dem Hintergrund grassierenden Priestermangels erhält die Frage nach der Lockerung des Zölibats besonderes Gewicht. Im gesamten Erzbistum mit Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg gibt es gerade mal 157 Priester im aktiven Dienst der 89 Pfarreien. Kircheninterne Gremien wie der "Gemeinsame Ausschuss des Pastoralen Raumes Hamburg Nordost" halten deshalb eine Änderung der Zulassungsbedingungen für das kirchliche Amt für dringend geboten.

Eine ähnliche Meinung vertritt auch der Ahrensburger Bernd Stöber, 65: "Der Zölibat ist unmenschlich und gegen die Natur." Und Marina Borchardt, 55, aus Tremsbüttel meint gar: "Der Zölibat ist eine weltliche Lüge." Denn die Liebe, fügt Mike Steiger, 43, aus Bargfeld-Stegen hinzu, sei wichtiger. Kritische Töne findet dagegen Gudrun Boska, 66. Die Ahrensburgerin sagt über den früheren Protestanten und Ex-Priester: "Der Kaplan war von Anfang an ein recht wackeliger Kandidat."