Seminar in Ahrensburg schult Jugendliche in Kommunikation. Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben zu Gast

Ahrensburg. Lennart will wissen, ob er seinen Oberkörper beim Bewerbungsgespräch lieber ein bisschen weiter nach vorne oder hinten lehnen soll. Wie kommt welche Haltung wohl beim Personal-Entscheider an?

Inge Decker-Meyer navigiert den 16-Jährigen in die richtige Position. Zuvor hatte sie bei dem Kommunikationsseminar für Jugendliche in der Volkshochschule Ahrensburg selbst einige Körperhaltungen vorgeführt. Sich lässig auf dem Stuhl geräkelt, die Arme über den Bauch verschränkt. "Respektlos", "desinteressiert", "gelangweilt", kommentiert das Plenum ihre Wirkung. Besser: Hände ruhig auf dem Schoß halten, sich nach vorne beugen, den Gegenüber ansehen. Das ist aber nicht alles. Fragen stellen, aktiv Zuhören und argumentieren - für die Kommunikationstrainerin die Knackpunkte eines jeden Gesprächs.

Eka von Kalben, Fraktionschefin der Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag, hat all das schon verinnerlicht. Mehreren Medientrainings sei Dank. Entspannt und präsent sitzt sie vor den Jugendlichen. Kann frei reden und zwar so, dass jeder sie versteht. Ihr Thema: Kommunikation in der Politik. Der Besuch der Politikerin bringt eine weitere Perspektive in das von der Bürgerstiftung Ahrensburg initiierte Seminar. Die Jugendlichen können sie befragen, dabei vielleicht schon ein paar Tipps ausprobieren (zuhören, zielgerichtete Fragen stellen) und beobachten, wie sich ein "Profi" präsentiert.

Der Sprung in den Landtag ist für von Kalben nicht einfach gewesen. Reden im Landtag sind eine größere Nummer als Grußworte im Kleingartenverein. "Die Opposition wartet nur auf ein falsches Wort." Wichtig seien eine gute Vorbereitung und die Begeisterung für das jeweilige Thema. Das mache sich sofort in der Ausstrahlung bemerkbar. Eine Pressesprecherin habe ihr einmal geraten, dieselben drei Sätze wie ein Mantra zu wiederholen. Doch dann klänge sie ja wie die anderen Politiker im Fernsehen, befürchtet von Kalben, und das wolle sie ja nicht.

Acht Jugendliche von 16 bis 18 Jahren haben sich in der Volkshochschule zusammen gefunden. Es sind Sommerferien, aber statt Eisessen und Ausschlafen steht das zweitägige Kommunikationstraining auf dem Programm. Die vier Jungen und vier Mädchen haben ihre Blöcke parat, die Stifte gezückt. Ihr Anliegen: Die eigenen rhetorischen Fähigkeiten zu verbessern. "Ich bin nicht hier um rumzualbern, ich möchte auch was erreichen", sagt Malte Rietz. "Bald bin ich im Abi-Stress, dann habe ich nicht mehr so viel Zeit für solche Seminare." Natalie Wieland sitzt neben Malte. Wenn Inge Decker-Meyer erzählt, hören beide aufmerksam zu. Dazwischen gequatscht wird nicht.

Im September beginnt die Abiturientin Natalie ihr Freiwilliges Soziales Jahr in einem Museum in Lübeck. "Das ist der erste Schritt ins Berufsleben für mich", erzählt die 18-Jährige. "Da redet man schon anders als sonst mit seinen Freunden." Im Seminar könne man sich über seine eigene Wirkung bewusst werden und Sprech-Techniken lernen. Gewissenhaft und beflissen könnten die Verhaltensattribute im diesjährigen Zeugnis der beiden heißen.

Inge Decker-Meyer ist nicht nur Kommunikationstrainerin sondern auch systemischer Coach. Das heißt, sie kümmert sich eigentlich ganzheitlich um einen Klienten. Hier kann sie lediglich Anstöße geben. Damit ihre Inhalte die Jugendlichen auch erreichen, muss sie "zu den Menschen sprechen". Das ist für Decker-Meyer die Formel aller Kommunikation. Nicht über eine Sache reden, sondern zu den Menschen sprechen, nicht Wissen vermitteln, sondern zum Denken anregen. "Ein Stück weit ist das auch Animation."

Ist gute Kommunikation denn wichtiger als früher? "Ja", meint die agile Seminarleiterin. "Kommunikation ist ein gesellschaftlicher Prozess. Es herrscht eine Reizüberflutung. Deshalb müssen Informationen so verpackt werden, dass sie ankommen."

Die Politikerin und die Seminarleiterin wissen: 85 Prozent unserer Kommunikation machen die Körpersprache und Ausstrahlung aus, nur 15 Prozent Inhalt kommen beim Zuhörer an. "Sehr ernüchternd und sehr interessant" war diese Information für von Kalben. Ihr Fazit: "Ich achte darauf, was ich anziehe, wie meine Haare sitzen. Nicht zu unauffällig, aber auch keine übermäßige Halskette."

Ihre Erfahrungen schmückt sie mit vielen Geschichten. Die Jugendlichen hören ihr gebannt zu. Fragen sie zu politischen Zielen und nach Nervosität vor Reden. Die so souverän wirkende von Kalben erzählt freimütig: "Seit zwei, drei Monaten bin ich auf einmal wieder nervös. Wahrscheinlich, weil der Anspruch an mich steigt. Aber ich arbeite mit professioneller Hilfe daran."