Eine Ausstellung im Stormarnzimmer des Schlosses Reinbek erklärt seit Sonntag die 775-jährige Entwicklung vieler kleiner Ortschaften zu einem großen Ganzen.

Reinbek. Vorbei an Porträts des Herzogs Adolf von Gottorf und seiner Gattin steigen Besucher die alte Holztreppe im Schloss Reinbek hinauf, um zum Stormarnzimmer zu gelangen. Dort ist seit Sonntag die Ausstellung "775 Jahre Reinbek - ein langer Weg zur Stadt" zu sehen. Auf Stellwänden, die im Kreis aufgestellt sind, lesen Besucher über die Entstehung Reinbeks. "Da steckt viel Arbeit und Liebe drin", sagt die Vorsitzende des Museumsvereins Reinbek, Gisela Manzel.

Gemeinsam mit Eckart Bünning, 87, Hans-Peter Bünger, 73, Gerhild Arndt, 74, und Holger Sajuntz, 72, hat die 73-Jährige viel Zeit und Mühe in die Ausstellung investiert. "Und im Sinkflug sind wir angekommen", sagt sie und lacht. "Wir haben den Aufwand ein bisschen unterschätzt. Am Sonntag vor der Eröffnung haben wir noch die letzten Bilder aufgeklebt."

Auf grünen Plakaten ist Reinbeks Geschichte beschrieben - oder besser: bebildert. "Wir wollten mehr Bildmaterial als Texte zeigen", sagt die Vorsitzende. Wer noch einmal ausführlich alles nachlesen will, kann das in dem umfassenden Katalog zur Ausstellung nachholen. Im Uhrzeigersinn führen die Tafeln durch die lange Geschichte Reinbeks. "Von links nach rechts anschauen, bitte", sagt Gisela Manzel. Anderenfalls erlebten Besucher die Geschichte des Ortes rückwärts. Unter den Informationsplakaten kleben bunte Kinderbilder. Die Malkinder von Ulla Schneider haben Ansichten "rund ums Schloss" gemalt. Die farbenfrohen Wachsmalbilder lockern die Ausstellung zusätzlich auf. "Kinder sind immer wichtig, überall", sagt Gisela Manzel.

Sie möchte Reinbek in seiner Vielfältigkeit darstellen und die geschichtliche Entwicklung deutlich machen. "Eine Zeitspanne von 775 Jahren - damit kann man ja gar nicht so richtig etwas anfangen", sagt sie. "Das geht eigentlich über die eigene Vorstellungskraft hinaus."

Reinbek könne man geschichtlich kurz so zusammenfassen: "300 Jahre Kloster, 300 Jahre Schloss und 50 Jahre dazwischen." Danach komme dann noch die Zeit der Eingemeindung der umliegenden Dörfer und Ortschaften. Diesen sind in der Ausstellung jeweils einzelne Stellwände gewidmet.

"Am Anfang war Reinbek aber wirklich nur ein Kloster am Mühlenteich", sagt Manzel. Nach der Reformation stand es leer und wurde gebrandschatzt. Bis Herzog Adolf von Gottorf mit seiner Frau Christine kam. Er ließ das Schloss Reinbek bauen.

Mit dem Bau einer Eisenbahnverbindung im Jahr 1850 kamen mehr Menschen. "Reiche Hamburger sahen den Ort und dachten sich: 'Ist ja schön hier'", sagt Gisela Manzel. "Zunächst bauten sie nur Sommervillen. Durch Reinbek war man davor eher durchgefahren." Weil die Stadt lange nur Kloster oder Schloss war, habe sie eben auch keinen Kern. Sie sei nicht von innen nach außen gewachsen, sondern aus mehreren "Häuserinseln" entstanden.

In der Mitte des Stormarnzimmers ruht ein quadratischer Holzblock. Darauf geklebt ist eine große Karte von Reinbek. "Man kann sehr gut erkennen, dass Reinbek eigentlich nicht ein geschlossener Ort, sondern aus mehreren Dörfern zusammengebastelt ist."

Erst vor Kurzem zum Museumsverein Reinbek gestoßen ist Holger Sajuntz. Er ist Grafiker. Für die große Bodenkarte hat er Zeichnungen angefertigt, die als Fähnchen jedem Teil Reinbeks ein eigenes Gesicht geben. "Die sind wirklich schön geworden", sagt Manzel. Für den Ort Krabbenkamp zum Beispiel hat Sajuntz mehrere Krebstiere gezeichnet, die auf einer Wiese dem Betrachter entgegenlaufen.

Der Museumsverein Reinbek geht aus einem Arbeitskreis hervor, der 1989 an der Volkshochschule (VHS) Sachsenwald gegründet wurde. "Wir waren alle mit viel Herz dabei und haben Ausstellungen organisiert. Insgesamt war es 38 in 25 Jahren", sagt Manzel stolz. "Als wir dann immer mehr Exponate hatten, teilte uns die VHS mit: 'Das können wir nicht alles verwahren.'"

Nicht nur Krabbenkamp, auch Prahlsdorf, Cronsberg, Ohe, Schönau, Schönningstedt, Silk und Ihnenpark sind einige Orte, die eingemeindet wurden. Von dem Ort Ohe gibt es eine Karte, die mit bunt schraffierten Kästen zeigt, wem bestimmte Landteile zu Beginn gehörten. Darunter lassen sich heutige Straßennamen und sogar einzelne Häuser ausmachen. Wo ist mein Haus, wo wohnt Oma - und was war das früher einmal? Das können Besucher so ganz einfach erfahren.

"Bei der Recherche kam mir Reinbek wie ein riesiger Schuster vor - diese Spinne mit den langen Beinen", sagt Manzel. "Die Beine sind die einzelnen Stadtteile - sie sind an den Körper Reinbek angedockt, und ohne sie läuft gar nichts." Durch die Ausstellung sollen sich Reinbeker Besucher in ihrem eigenen Ort wiederfinden. "Das seid ihr heute: zusammengewürfelt, aber alles Reinbeker", möchte Gisela Manzel ihnen sagen.