Kreispräsidentin Christa Zeuke zieht sich nach zehn Jahren aus dem Amt zurück, bleibt der Kommunalpolitik aber erhalten

Reinbek. Als Christa Zeuke ein paar Wochen als Kreispräsidentin im Amt war, besuchte sie eine Veranstaltung im Ahrensburger Park Hotel. "Da standen viele Herren herum, die einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd trugen." Da sie kaum jemand kannte, sei sie zu möglichst vielen Anwesenden gegangen und habe sich vorgestellt. So auch zu einem Herrn, der ebenfalls einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd trug. "Ich sagte: 'Guten Tag, ich bin die neue Kreispräsidentin'." Daraufhin habe der Mann entgegnet: "Guten Tag, ich bin der Oberkellner."

Es sind auch solche Begegnungen, die Zeuke jetzt, wo sie zehn Jahre später aus dem Amt scheidet, wehmütig stimmen, wie sie bekennt. "Ich bedaure nichts. Ich kann mich an kein Ereignis erinnern, wo ich sage, das möchte ich nicht noch mal erleben", sagt die CDU-Politikerin, die ihren Rückzug schon vor der Kommunalwahl angekündigt hatte. "Es ist besser aufzuhören, wenn alle meinen, das sei aber schade, anstatt einem zu verstehen geben, nun sei es aber Zeit zu gehen", begründet die 78-Jährige ihren Entschluss. Ausschlaggebend sei das Alter gewesen. "Ich habe viele Menschen in der Politik erlebt, die nicht aufhören konnten", erzählt Zeuke weiter in ihrem Haus im Reinbeker Ortsteil Neuschönningstedt. "Und dann stellten sie plötzlich fest, dass die Kräfte nachließen. Es ist nicht schön, wenn man das Amt nicht mehr richtig wahrnehmen kann."

Dabei macht Zeuke keineswegs den Eindruck, sie begänne zu schwächeln. Sie plaudert munter mit ihrer kräftigen Stimme aus ihrer Amtszeit. "Ich hatte bis zu drei Termine am Tag", sagt sie so energiegeladen. Die weitaus meisten waren natürlich außerhalb des Kreistags, der in der Regel nur alle drei Monate in Bad Oldesloe zusammenkommt. "In den zehn Jahren als Präsidentin habe ich alle Sitzungen geleitet", betont Zeuke. Vor allem repräsentierte sie Stormarn bei öffentlichen Anlässen, zusammen mit Landrat Klaus Plöger, der SPD-Mitglied ist. "Wir haben ein ausgesprochen gutes Verhältnis", sprudelt es aus der Christdemokratin heraus. "Die Chemie stimmt zwischen uns." Plöger sei ihr gegenüber stets fair und ehrlich gewesen. "Er hat das, was man hier Handschlagqualität nennt."

Bei den Terminen habe sie oft wertvolle Einblicke bekommen, die sie in der Politik verwertet habe. Besonders beeindruckt hat sie beispielsweise die Suchtberatung in den Schulen, die die Südstormarner Vereinigung für Sozialarbeit anbietet. "Ich habe dann stets ein gutes Wort für die eingelegt und mich - mit anderen Politikern - dafür eingesetzt, dass sie finanzielle Unterstützung bekommen." Als bedeutendste Entscheidung des Kreistags in ihrer Amtszeit bezeichnet Zeuke den Ausbau der Feuerwehrzentrale in Nütschau. Deren Übungsplatz wurde fast auf den Tag genau vor sechs Jahren freigegeben. Die Zentrale bietet den Feuerwehren modernste Schulungsmöglichkeiten. "Die Feuerwehren sind sehr wichtig. Auch aus finanziellen Gründen."

Ein weiteres wichtiges Thema, das den Kreistag einige Jahre beschäftigte, war die Beteiligung der Eltern an der Schülerbeförderung. "Da kamen einmal unglaublich viele Eltern mit ihren Kindern aus den Dörfern zu einer Sitzung", erinnert sich Zeuke. Sie wollten, dass der Kreis die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Schule ganz bezahlt. Zeuke: "Die passten gar nicht alle in den Sitzungssaal." Deswegen habe sie die Türen offen gelassen. Schließlich habe die Polizei sie gefragt, ob sie eingreifen solle. "Da habe ich Nein gesagt und dass ich das nicht gut fände. Denn die aufgebrachten Eltern hatten ja ein Anliegen." Zeuke ließ sie anschließend in der Bürgerfragestunde zu Wort kommen. Doch die vorgegebene Zeit reichte nicht aus. Daraufhin verlängerte Zeuke die Fragestunde. Später seien dann aber die Kinder unruhig geworden. "Da habe ich die Sitzung kurz unterbrochen, und einige Kinder und Eltern gingen hinaus." Die meisten seien aber bis zur Abstimmung geblieben und hätten sich dann ruhig verhalten.

In eine andere kritische Situation, in der sich Zeuke schnell entscheiden musste, war ein Fraktionskollege von der CDU involviert. "Der hielt am Ende einer Rede einem Abgeordneten der Linken ein Ulbricht-Bild entgegen." Zeuke riss es ihm sofort aus der Hand. "Das war richtig, aber ich hätte es auch anders machen können" - etwa eine Rüge aussprechen. Aber das hat Zeuke in den vergangenen zehn Jahren nicht ein einziges Mal gemacht. Und dass sie es an diesem Freitag bei der konstituierenden Sitzung des neuen Kreistags machen wird, die sie noch eröffnen darf, ist so gut wie ausgeschlossen.

"In einer konkreten Situation sind nie alle mit einem einverstanden", sagt Zeuke rückblickend. In diesem Wissen habe sie stets versucht, Streitereien zu regeln und Kompromisse zu finden. Möglicherweise geholfen hätten ihr dabei ihre Erfahrungen als Lehrerin für Deutsch, Biologie und Geschichte. "Ich habe in den Schülern stets etwas Positives gesucht." Sie möge einfach Menschen und wolle immer wissen, wie sie zu ihren Überzeugungen kämen. "Überparteilich zu agieren und zugleich meine eigene Meinung zu haben, fiel mir deshalb nicht schwer", sagt Zeuke. Damit war sie geradezu prädestiniert für das Amt der Kreispräsidentin.

Das übernahm sie allerdings erst, als sie schon pensioniert war. 1974 hatte sich Zeuke erstmals für die Reinbeker Stadtverordnetenversammlung zur Wahl gestellt. Die damalige Schönningstedter Bürgermeisterin Gertrud Lege hatte ihr dazu geraten, weil Zeuke sich bei ihr häufig mit Anregungen, Kritik und Fragen meldete. ",Wenn Sie etwas bewegen wollen, müssen Sie selbst in die Politik gehen', sagte Lege." Allerdings verlor Zeuke kurz darauf ihren Wahlkreis und war ziemlich enttäuscht. "Es hat eine Weile gedauert, bis ich begriffen habe, dass man das nicht persönlich nehmen darf und die Menschen häufig aus anderen Gründen für eine bestimmte Partei oder deren Vertreter votieren. Das war aber trotzdem eine sehr schöne Zeit, weil wir von Politik ganz beseelt waren", sagt Zeuke. Bald rückte sie als Stadtverordnete nach, und später erhielt sie auch einen Sitz im Kreistag.

Ganz kann sie auch jetzt nicht von der Politik lassen. Als bürgerliches Mitglied wird sie für die CDU noch im Sozialausschuss des Kreises sitzen. Zudem bleibt sie Vorsitzende der Senioren-Union in Reinbek, der Bürger-Stiftung Stormarn und Mitglied der Sozialstiftung der Sparkasse Holstein. Dennoch: Für ihre beiden Kinder und vier Enkel wird Zeuke jetzt mehr Zeit haben. Insbesondere will sie sich aber nun mehr um ihren Garten kümmern. "Sehen Sie sich mal das Beet hier an", sagt sie beim kurzen Gang nach draußen. "Zwischen den Rosen wächst lauter Unkraut. Das muss da raus." Kein Zweifel: Christa Zeuke wird auch diese Aufgabe energisch anpacken.

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