Rund 200 Feuerwehrleute helfen in Lauenburg an der Elbe, gegen das Hochwasser zu kämpfen. Die Arbeit ist monoton, die Stimmung trotz der angespannten Lage gut.

Lauenburg. Feiner Sandstaub liegt in der Gewitterluft. Weiße Säcke, ordentlich auf Paletten gestapelt, heben sich vom einheitlichen Blau der Latzhosen der Helfer ab. Die Männer und Frauen schaufeln, was da Zeug hält. Und sie schwitzen. Ungefähr 200 Stormarner haben am Donnerstag geholfen, in Lauenburg gegen die Elbflut zu kämpfen. Seit Beginn des Einsatzes sind es bereits 463 gewesen.

Die Stormarner sind an diesem Tag an der zentralen Abfüllstelle für Sandsäcke in Buchhorst vor den Toren der Stadt eingesetzt. Gemeinsam mit Helfern der Feuerwehren aus anderen Teilen des Landes und Bundeswehrsoldaten haben sie insgesamt schon rund 400.000 Säcke befüllt.

Zwei Mann schippen, einer zieht den Trichter aus dem Sack, zwei weitere binden ihn mit einer Schnur zu. Das geht wie am Fließband. Drei Schaufeln pro Sack sollen es sein. Martin Einfalt, 35, blickt kaum hoch, als er die Sandsäcke weiterreicht zu Anke Strasch, 30, und Holger Neller, 55, die sie zubinden. "Im Team geht das am besten, jeder merkt, was er kann. Ich kann super schnüren." sagt Holger Neller und hält lachend ein Stück blaues Band hoch. Die drei kommen von der Delingsdorfer Feuerwehr und sind auch schon am Montag hier gewesen. Sie reden, aber sie arbeiten immer weiter.

Nebenan wuchtet Marco Bienek Säcke auf einen stetig wachsenden Stapel. Der Kronshorster feiert seinen 35. Geburtstag - aber ist trotzdem gekommen. "Ich war der Erste, der ein Ständchen gesungen hat", ruft Ulli Weinert, 40, "Und was für heute Abend zum Feiern ist auch dabei." Tätig ist er in der Logistik, aber als sein Chef vom Hochwasser in Lauenburg hörte, sagte er nur: "Fahr bloß". Wie die Stimmung sei? "Die ist bei der Freiwilligen Feuerwehr immer gut!" Tatsächlich sind hinter einer Lage Sandsäcke plötzlich Witze zu hören. Und kurz darauf Gelächter.

Siegfried Hummer aus Grande füllt, wie alle hier, seit sechs Stunden Sandsäcke. Aber nur sein gerötetes Gesicht verrät die Anstrengung, er lacht und sagt: "Das hier schweißt ordentlich zusammen." Auch Christin Schadewaldt, 20, die neben ihm steht, sagt: "Hier sind alle gleich. Weder dass ich so jung noch eine Frau bin, interessiert hier. Jeder macht einfach seine Arbeit." Als einzige Frau in ihrer Wehr war sie auch Montag im Einsatz. "Danach hatte ich zwei Tage lang Muskelkater, es ist schon harte Arbeit. Aber die gute Stimmung hier macht alles wett." Sie ist mit ihrem Bruder Lennart Zill gekommen, der ist 17 und das Küken in der Gruppe. Beide konnten ihre Ausbildungen für die Einsatztage unterbrechen. Schlafsäcke haben sie auch eingepackt, weil der Einsatz für 24 Stunden angelegt ist.

1000 Sandsäcke hat Stephan Heindl, 23, schon gefüllt. "Dabei hat man auch mit Leuten zu tun, die man vorher nicht kannte" - neben den Stormarnern arbeiten die Soldaten. "Die sind immer gut drauf, die Jungs", sagt Benjamin Beeck, 31. Hier an der Abfüllstation werden etwa 3000 Sandsäcke pro Stunde befüllt.

Heiko Hermannowsky verteilt mit seinen vom vielen Schaufeln schwieligen Händen Kekse. Auch sein Arbeitgeber in Kronshorst hat nicht gezögert, sondern ihn "freiwillig nach Lauenburg geschickt". Der Tag neigt sich dem Mittag zu. Die Helfer aus Hamfelde ein paar Meter weiter haben sich für ein kurzes Päuschen auf Sandsäcke gesetzt und lehnen sich an Holzpaletten. Susanne Harder, 57, ist zufrieden, "es ist alles sehr gut organisiert hier". Aus gebräuntem Gesicht blickt sie etwas müde, aber fröhlich lächelnd auf den Berg mit Säcken, die die Gruppe heute schon befüllt hat. "Sie ist die einzige Wehrführerin im Kreis Stormarn", erzählt Reiner Scharfenberg, 57, der neben ihr lehnt. "Ich bin immerhin ihr Stellvertreter." "Aber heute sind wir trotzdem alle gleich dreckig", sagt Susanne Harder und blickt auf ihre blaue Latzhose, die an Knien und Oberschenkeln gelb gefärbt ist. Zwischen den Helfern geht Landrat Klaus Plöger im grauen Anzug umher und bedankt sich bei den Ehrenamtlichen für ihre Arbeit. "Ich wollte auch mal vorbeikommen und mir meine Truppen hier angucken.", sagt er.

Der Himmel ist grau und die Luft schwül, anders als am Montag, als die Stormarner unter der brennenden Sonne arbeiteten. "Das war eine Bullenhitze. Aber mit viel Sonnencreme geht das", sagt Stephan Heindl. Heute, am Donnerstag, sinkt der Wasserpegel der Elbe wieder. Der Höchststand lag bei 9.65 Meter. Bei dem sogenannten Jahrhundertwasser 2002 betrug er 8,70 Meter. Momentan sinkt der Pegel um ein bis zu drei Zentimeter in der Stunde.

Die Lauenburger Altstadt sieht malerisch aus, bunte Giebel lugen hervor, idyllische Gassen führen an Backsteinhäusern vorbei. Aber der Blick durch einen Gang neben dem Hotel Möller zeigt, dass die Elbe auf gleicher Höhe wie die Elbstraße einen Häuserblock dahinter steht. Oder besser fließt - mit schnellen acht Metern pro Sekunde. Das Wasser hier kommt aber nicht aus dem Fluss, sondern sprudelt aus den Gullydeckeln. Handbreit unter Wasser steht das Pflaster der Elbstraße. Tom Reher, 48, von der Feuerwehr in Glinde: "Wir haben schon zwei Biber gesehen."