Im Prozess wegen versuchten Mordes bittet 68-Jähriger seine Ehefrau um Verzeihung

Bargteheide. Am vierten Verhandlungstag hat der Bargteheider Hans T. (Name geändert), angeklagt wegen versuchten Mordes an seiner Ehefrau, vor dem Landgericht Lübeck sein Schweigen gebrochen und quasi ein Geständnis abgelegt. In einem Brief, den sein Verteidiger vorlas, richtete sich T. an seine Ehefrau Anja: "Da keine dritte Person in der Wohnung war, muss ich die Tat begangen haben und gestehe sie." An den vergangenen Verhandlungstagen hatte der Angeklagte keine Aussage zu den Geschehnissen machen wollen.

Hans T. wird vorgeworfen, am Morgen des 13. November 2012 seiner Frau im Badezimmer der Wohnung im Norden Bargteheides mit einem Messer schwere Schnittverletzungen zugefügt zu haben (wir berichteten). Erst als sich Anja T. tot stellte, soll der 68-Jährige von ihr abgelassen haben. Offenbar überlebte sie nur deshalb.

Der Angeklagte schluchzte immer wieder, während sein Brief vorgelesen wurde. Er hielt den Kopf gesenkt und die Hände vor das Gesicht. In seinem Schreiben beteuert er immer wieder, dass ihm leid tue, was geschehen ist. Er bitte seine Frau um Verzeihung.

Gutachter bescheinigt dem Angeklagten eine dominante Persönlichkeit

Als das psychiatrische Gutachten verlesen wurde, tupfte sich der Bargteheider immer wieder mit einem blau-weißen Stofftaschentuch die Tränen aus dem Gesicht. Kurzzeitig musste die Verhandlung unterbrochen werden, damit sich der Angeklagte beruhigen konnte. Der Gutachter beschrieb Hans T. als dominante, extrovertierte Persönlichkeit. Der gelernte Fliesenleger sei wegen der Ehekrise verzweifelt gewesen. "Der Angeklagte wusste keinen Ausweg und versuchte, sich in der Nacht vor dem Tatmorgen in seinem Keller sogar das Leben zu nehmen", sagte der Gutachter.

Dass Hans T. seine Ehefrau im Affekt attackiert hat, mochte der Psychologe nicht bestätigen: "Er hat mir nichts von einem auslösenden Moment erzählt, woraufhin er die Tat beging." Seiner Meinung nach könne sich Hans T. nicht an die Geschehnisse erinnern, weil er sie verdränge oder sie sich nicht eingestehen wolle. "Es gibt aus psychologischer Sicht keine Vorraussetzungen dafür, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten aufgehoben werden könnte."

In einem medizinischen Gutachten werden Anja T.s Verletzungen als lebensbedrohlich beschrieben. "Frau T. benötigte zwei Notoperationen, und auch danach schwebte sie noch in Lebensgefahr", sagte die Gutachterin. Besonders schwer seien die Verletzungen im Bauchraum gewesen. "Außerdem konnten wir Spuren am Hals feststellen, die darauf hindeuten, dass sie gewürgt wurde." Das Opfer sei immer noch in psychologischer Behandlung, da es unter Angstzuständen und Panikattacken leide.