Bank-Geheimnisse: In unserer Serie treffen wir Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Hans-Roland Fäßler, Wahlkampfmanager und Freund des SPD-Kanzlerkandidaten

Ahrensburg. Der Mann ist ein Medienprofi. "Soll ich meine Brille abnehmen?", fragt er die Fotografin. Grund: Die Gläser tönen sich bei Tageslicht, und es sähe dann so aus, als wolle er seine Augen hinter einer Sonnenbrille verbergen. Und den Eindruck will Hans-Roland Fäßler nicht vermitteln.

Ihm kann, darf, ja soll man in die Augen schauen, die ja auch den Blick nach innen freigeben. Er will nicht etwas verstecken, er will etwas zeigen, gewissermaßen mit offenem Visier, aber so zeigen, dass es die Öffentlichkeit auch mitbekommt. Das passt zu einem Menschen, dem der Ruf vorauseilt, Klartext zu reden und dem diese Art auch schon so manchen Ärger eingebracht hat. Kein Wunder, dass Fäßler mit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück befreundet ist. Kein Wunder auch, dass er ihn in auch in Medienfragen berät.

Fäßler sitzt als Vertrauensmann des Kanzlerkandidaten in der politischen Wahlkampfleitung der SPD. Dieses oberste Gremium wird von der Generalsekretärin Andrea Nahles geleitet und kümmert sich nicht um die operativen Vorgänge, also um das Tagesgeschäft, sondern um die Strategie.

"Ich arbeite nicht nur für, sondern vor allem mit Peer Steinbrück", betont der 63-Jährige. Das mache er unentgeltlich, als Freundschaftsdienst, unterstreicht er. Nur den Aufwand für Hotelübernachtungen will er ersetzt haben.

Drei Tage die Woche ist Fäßler meist in der Bundeshauptstadt, an mindestens einem Tag sieht er den Kanzlerkandidaten auch unter vier Augen. Kennengelernt hat er den gebürtigen Hamburger 1986 in Düsseldorf. Steinbrück war damals Büroleiter des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau.

Und Fäßler hatte gerade nach 15 Jahren seine journalistische Tätigkeit bei der ARD beendet, baute für den Bertelsmann-Konzern die Radio-Nachrichtenagentur Rufa in Bonn auf. Nachdem diese acht Jahre später an die Deutsche Presse-Agentur (dpa) verkauft worden war, wechselte Fäßler zu Bertelsmann-TV nach Hamburg. Seitdem lebt er auch in Ahrensburg, wo er sich 2001 mit einer Unternehmensberatung, die ihre Klienten auch im Umgang mit Medien unterstützt, selbstständig gemacht hat.

Dort haben es dem Sozialdemokraten, dessen Großvater und Urgroßvater bereits SPD-Mitglieder waren, insbesondere die sogenannten Gottesbuden neben der Kirche angetan. Das sind Armenhäuser, die der Gutsherr Peter Rantzau Ende des 16. Jahrhunderts zeitgleich mit der Kirche und dem Schloss Ahrensburg errichten ließ. In der nördlichen Reihe dieser Häuser konnten schon damals arme und alte Menschen kostenfrei wohnen. Eine Stiftung Rantzaus sicherte den Bewohnern überdies eine für damalige Verhältnisse großzügige finanzielle Unterstützung. "Das bringt eine besondere Saite in mir zum Klingen und erinnert mich an die Fuggerei in meiner Geburtsstadt Augsburg - der ersten Siedlung mit Sozialwohnungen auf der Welt", betont Fäßler. "Darin zeigt sich ein freiwilliges Bündnis der Starken mit den Schwachen. Das macht für mich Sozialdemokratie aus." Fäßlers Blick ist konzentriert, ja fokussiert - augenscheinlich auf das große Ziel des Wahlsiegs im September hin. So schön die Bank bei den Gottesbuden auch ist, der Medienmann mag sie mit Bedacht für diesen Termin als seinen Lieblingsort erwählt haben. Eben ein Profi.

PR oder Public Relations möchte Fäßler seine Tätigkeit aber nicht nennen. "Das verbietet sich im Zusammenhang mit Politik", sagt der 63-Jährige. "Bei der PR geht es um ein Produkt, das verkauft werden soll." Da würden die Funktionalität und die Schönheit hervorgehoben, was ja auch in Ordnung sei. "Hier geht es aber nicht um ein Produkt, sondern um Überzeugungen. Daher geht meine Arbeit über PR hinaus."

"Wer von einer Lohnuntergrenze redet, bedient sich beispielsweise eines PR-Tricks", folgt ein Seitenhieb auf Kanzlerin Angela Merkel. "Das ist verschwurbelt und unklar, damit sich die innerparteilichen Gegner vom Wirtschaftsflügel nicht provoziert, die Befürworter aus den Sozialausschüssen aber ernst genommen fühlen." Ihm gehe es um eine "glaubwürdige Kommunikation", behauptet Fäßler. Und Glaubwürdigkeit setze voraus, dass man die Wahrheit sage. "Und Peer Steinbrück sagt, worum es wirklich geht, nämlich um einen flächendeckenden Mindestlohn."

Aber ist alles, was wahr ist, auch glaubwürdig? Oder umgekehrt: Ist alles was glaubwürdig ist, auch wahr? "Wenn Glaubwürdigkeit nicht mehr wirkt, haben wir ein gesellschaftliches Problem", entgegnet Fäßler. Zudem nennen die Werber ihre Reklame mittlerweile auch Kommunikation, obwohl sie doch nur anderen etwas mitteilen. Sie deklarieren eine Einbahnstraße zur mehrspurigen Fahrbahn mit Gegenverkehr. Immerhin aber macht Fäßler genau diesen Unterschied. "Man muss sagen, was ist und darüber sprechen. Das findet dann beispielsweise bei Steinbrücks Hausbesuchen und auch anderen medialen Veranstaltungen statt."

"Peer Steinbrück ist übrigens kein Macho", sagt Fässler, als er darauf angesprochen wird, dass der SPD-Kanzlerkandidat nach einer Forsa-Umfrage insbesondere bei jüngeren Frauen nicht so gut ankommt. "Seine Frau, seine beiden Töchter und sein Sohn würden ihm auch solche Allüren nicht durchgehen lassen." Zudem werde bei den Umfragen unterschätzt, dass viele Wählerinnen bei ihrer Meinungsbildung auch nach Kompetenz und Haltung gingen. Und die sprächen auch junge Frauen Steinbrück nicht ab.

Fäßler kämpft damit anstelle seines Freundes gegen dessen Image. Zugleich rät er Steinbrück aber, sich selbst treu zu bleiben und nicht "irgendwelche Tänzchen aufzuführen - aber das ist sowieso nicht seine Sportart". Wer gewinnen wolle, müsse sein eigenes Spiel machen und nicht zu sehr nach rechts oder links schauen. "Dann kommt man nämlich ins Stolpern und reagiert nur noch defensiv."

Für den Medienberater, der hilft, Steinbrücks Spiel darzustellen, heißt dies, die Unterschiede herauszuarbeiten. "Viele Leute denken ja, dass SPD und CDU sehr ähnlich sind." Das trage dazu bei, dass viele nicht wählen gingen. "Es gibt aber große Unterschiede, die nicht verschleiert werden dürfen - etwa in der Rentenpolitik, der Lohnpolitik, der Wirtschafts- und Finanzpolitik." Der 63-Jährige denkt zudem, dass trotz der geringen Wahlbeteiligung gerade jüngerer Menschen diese doch sehr an Politik interessiert seien. "Die engagieren sich nur nicht mehr so viel in Parteien, sondern in anderen Interessenverbänden wie etwa Greenpeace, Amnesty International oder dem Roten Kreuz."

"Niemand kann sagen, was in vier Monaten sein wird", sagt Hans-Roland Fäßler mit Blick auf die Bundestagswahl. Er glaube schon, dass die FDP wieder in den Bundestag komme. Aber wie viele Stimmen die Alternative für Deutschland von welcher Partei abziehen werde, sei ungewiss. "Wir jedenfalls spielen nicht auf Platz, sondern auf Sieg." Was sollte ein professioneller Medienberater des Kanzlerkandidaten auch anderes sagen?