Ahrensburger Pastor im Ruhestand kritisiert Zwischenbericht der Kommission zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle

Ahrensburg. Der Ahrensburger Ruhestandsgeistliche Friedrich H. sieht sich von der Kommission zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der evangelischen Nordkirche ins falsche Licht gerückt. Sein Rechtsanwalt Heinz Wagner erwägt sogar rechtliche Schritte. Stein des Anstoßes: Die unabhängige Kommission legte jetzt ein Zwischenergebnis ihrer Arbeit vor (wir berichteten). In dem elfseitigen Bericht heißt es unter anderem, dass "Pfarrer" und "Seelsorger" in der Nordkirche ihre Machtposition missbraucht hätten. Weiterhin heißt es: "Es hat in Ahrensburg zahlreiche private Kontakte von Pastoren mit Mädchen und Jungen (...) gegeben, die teilweise dazu dienten, sexuelle Übergriffe vorzubereiten oder durchzuführen."

Dazu Heinz Wagner: "Formulierungen wie diese erfüllen den Tatbestand der üblen Nachrede." Er erwäge nun, deshalb Strafanzeige zu stellen. Denn es sei klar, dass mit "Pastoren" eindeutig zwei Personen gemeint seien: Friedrich H. und Dieter K. Beide waren in den 1970er- und 1980er-Jahren in Ahrensburg tätig. Im Jahr 2010 kam ans Licht, dass Dieter K. Jugendliche missbraucht hatte, der Fall sorgte bundesweit für großes Aufsehen. Dieter K. gestand diese Taten später auch. Anders liegt der Fall Friedrich H.: Dieser galt als möglicher Mitwisser, nicht aber als Täter. Gegenüber der Stormarn-Ausgabe des Abendblatts hatte er zugegeben, von Taten seines Kollegen gewusst zu haben. Außerdem hatte der Ruhestandsgeistliche gegenüber einem Kirchengericht eingeräumt, in den frühen 80er-Jahren Beziehungen zu zwei jungen Frauen unterhalten zu haben.

Der Bericht der Kommission lässt nun Fragen aufkommen, ob H. sich nicht doch weiterer Vergehen schuldig gemacht haben könnte, ob er seine Machtposition gegenüber Jugendlichen ausgenutzt haben könnte. So heißt es in dem Bericht der Kommission unter anderem ohne konkrete Nennung des Ortes Ahrensburg: "Die Pfarrer missbrauchten ihre Machtposition, indem sie mit dem Angebot extrem großer Mengen von Alkohol ein Klima von Liberalität suggerierten und so die Widerstandsfähigkeit der Mädchen und Jungen schwächten." Dirk Bange, Erziehungswissenschaftler und Mitglied der Kommission, hatte es bei der Vorstellung des Berichts noch deutlicher gesagt: "Es wurde gesoffen und sexuelle Libertinage gepredigt." Bange sprach bei der Präsentation des Berichts auch von "Tätern", allerdings ohne sich konkret auf Ahrensburg zu beziehen.

Anwalt Wagner sieht auch in solchen Äußerungen eine Verleumdung seines Mandanten. "Die Anschuldigungen sind unwahr, und das lässt sich belegen." Das betont auch Friedrich H. in einem Brief an Kirsten Fehrs, Bischöfin für den Sprengel Hamburg und Lübeck. Die Nordkirche, zu deren Leitung sie gehört, hatte die Aufarbeitungs-Kommission im September 2012 berufen. In dem Schreiben, das auch an das Hamburger Abendblatt geschickt wurde, heißt es: "Während der wöchentlichen Treffen der Jugendgruppen, an denen ich eigentlich immer teilnahm, wurde nichts getrunken, gar nichts. Und ich kann mich nicht erinnern, sexuelle Libertinage gepredigt (!) zu haben. Das ist pure Verleumdung."

Friedrich H. sieht auch Konsequenzen für das Verfahren vor dem Kirchengericht, das noch läuft. Die evangelische Kirche hatte ein Disziplinarverfahren gegen H. angestrengt, es ging um Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Ahrensburger Missbrauchsskandal. H. sollte aus dem Kirchendienst entfernt werden mit der Konsequenz, dass er seine Pensionsansprüche verlieren würde. Die genauen Vorwürfe sind bisher nicht bekannt. Das Verfahren war zwischenzeitlich eingestellt worden, danach gab es Befangenheitsvorwürfe von beiden Seiten. Wie es weitergeht, ist zurzeit offen. Laut Friedrich H. ist das Verfahren nun durch die neuen Vorwürfe "obsolet" und müsste endgültig eingestellt werden.

Bischöfin Fehrs wollte den Brief nicht kommentieren. Für die Kommission äußerte sich Petra Ladenburger, Rechtsanwältin und Mitglied des Gremiums: "Wir haben (...) bestätigt, dass es in der Nordkirche zu sexuellem Missbrauch und sexuellen Grenzverletzungen gekommen ist. Dabei haben wir eine allgemeine Struktur dargestellt, ohne eine Dokumentation oder Bewertung einzelner Fälle vorzunehmen. Das behalten wir unserem Abschlussbericht vor und werden uns zu weiteren Details vorab nicht äußern."