Zensus 2011: Stormarns Einwohnerzahl steigt deutlich. Ahrensburg bei Städten vorn. In Wesenberg, Delingsdorf und Braak kam es zu einer regelrechten Bevölkerungsexplosion.

Ahrensburg. Karin Dettke (CDU), Bürgermeisterin von Wesenberg bei Reinfeld, hat es schon immer geahnt: Ihr Dorf ist etwas ganz Besonderes. Da gibt es nicht nur ein Autohaus und zwei Ärzte. Vor allem verfügt der Ortsteil Stubbendorf über zwei große Neubaugebiete mit 265 Wohneinheiten. Seit dem Bauboom hat sich die Einwohnerzahl von 578 auf nunmehr 1358 erhöht. Die Ergebnisse aus dem Zensus 2011, die jetzt veröffentlicht wurden, können Karin Dettke deshalb kaum überraschen. "Das wussten wir. Denn Wesenberg hat schon lange eine Leuchtturmfunktion."

Bei der Volkszählung (Zensus) mit dem Stichtag am 9. Mai 2011 waren Bundesbürger in ganz Deutschland demografisch befragt worden. Wie aus den jetzt vorgelegten Resultaten hervorgeht, sind drei Dörfer die großen Sieger bei der Bevölkerungsentwicklung im Kreis Stormarn. Zwar verzeichnet Ahrensburg nominal den größten Zuwachs, denn die Zahl der Einwohner stieg im Vergleich zur Volkszählung von 1987 um 4374. Gemessen an der Ausgangslage kam es aber in Wesenberg, Delingsdorf und Braak zu einer regelrechten Bevölkerungsexplosion: Die Steigerungsraten liegen nach Angaben des Statistikamtes Nord im Vergleich von 1987 und 2011 bei rund 135 Prozent (Wesenberg), 113 Prozent (Delingsdorf) und 55,4 Prozent (Braak). Und im gesamten Kreis kletterte die Einwohnerzahl um fast 20 Prozent.

Delingsdorfs Bürgermeister Randolf Knudsen (Wählergemeinschaft) verlässt gerade das schmucke Gemeindehaus und geht durch eines der vier Neubaugebiete, die von 1995 bis 2005 entstanden sind. "Mehr als 1000 Bürger sind in diesen Jahren zu uns gezogen", sagt er. "Vor allem junge Familien."

Dazu gehört zum Beispiel Sabine Niemeier, 41. Sie zog vor zehn Jahren von Bargteheide mit ihrem Mann in das Nachbardorf und arbeitet jetzt in einem Autohaus. Das Ehepaar und die Kinder Josefina, 10, und Malcom, 8, leben gern in Delingsdorf und genießen die vielen Freizeitangebote - vom Spielplatz bis zu Vogelschießen und Feuerwehrfest.

Kommunen wie Delingsdorf und Wesenberg haben vor Jahren grünes Licht für Neubauten gegeben, um nicht abgehängt zu werden von der modernen Entwicklung. Vor allem Auspendler ließen sich mit preiswerten Immobilienangeboten in die beiden Orte locken. "Allerdings war bei uns die Entscheidung nicht unumstritten", sagt Bürgermeister Knudsen. Mit der Folge, dass es seit 2005 keine weiteren Erschließungen mehr gab. Erst jetzt, fügt er hinzu, werde über ein weiteres Neubauprojekt für Jung und Alt nachgedacht.

"Auch wir wollten an der modernen Entwicklung teilhaben", sagt Wesenbergs Bürgermeisterin Dettke. "Sonst wäre der Zug für uns abgefahren." Allerdings habe sich der Charakter des Dorfes durch den Zuwachs drastisch verändert. Im Ortsteil Stubbendorf sind inzwischen zwei Drittel der Einwohner Neubürger. "Und die ticken anders als die alteingesessenen Dörfler." Mehr noch: Immer mehr ältere Bürger wollen Wesenberg verlassen, weil dort die Fachärzte fehlen. Mehrere Häuser stehen deshalb zum Verkauf. Was für junge Familien freilich von Vorteil ist: Sie finden in der Nähe von Reinfeld und Lübeck und bei guter Verkehrsanbindung bezahlbaren Wohnraum. "Wesenberg", erklärt Amtdirektor Sönke Hansen aus Nordstormarn, "liegt auf einer Entwicklungsachse. Diese Gemeinden sollen über den Eigenbedarf hinaus Bauland für Auswärtige aufweisen."

Schlusslichter bei der Bevölkerungsentwicklung sind im Spiegel der Volkszählung die Gemeinden Zarpen und Neritz: Sie verzeichnen seit 25 Jahren praktisch keinen Zuwachs. "Obwohl bei uns die Wohnfläche gestiegen ist, blieb die Einwohnerzahl konstant", sagt Zarpens Bürgermeister Wolf-Friedrich Schöning (Freie Kommunale Wählergemeinschaft). Das könnte möglicherweise an der relativ ungünstigen Verkehrslage im Norden Stormarns liegen, meinen Experten. Gerade mal drei Einwohner mehr als im Jahr 1987 verzeichnet Neritz, an der B 75 zwischen Bargteheide und Bad Oldesloe gelegen. Bürgermeisterin Karen Lienau (Actionsgemeinschaft Neritzer Wähler) sagt: "Wir sind eine kleine Gemeinde, in der kaum Baugebiete ausgewiesen wurden. Aber wir freuen uns über jeden Neubürger."