Tier reißt junger Frau den Ohrring ab. Gemeinde Ammersbek stellt Warnschilder auf. Zwei weitere Angriffe gemeldet. Bereits im vergangenen Jahr gab es einen problematischen Vogel an der Beekwiese.

Ammersbek. Zu den bedrohten Tierarten gehören Habichte und Mäusebussarde nicht - ein Greifvogel in Ammersbek scheint das jedoch anders zu sehen. Er brütet am Wanderweg an der Beekwiese südlich des Volksdorfer Wegs - und er verteidigt seinen Horst gegen Passanten.

Eine von ihnen ist Jennifer Malchau, sie trägt seit Dienstag ein Pflaster am Ohr und muss täglich zur Kontrolle zum Arzt. "Ich war am Abend dort joggen", sagt die 28-Jährige. "Plötzlich tippte mir etwas auf den Kopf, und ich sah diesen großen Vogel." Sie habe erst gedacht, er habe sie aus Versehen berührt, aber das sei wohl eine Warnung gewesen, der Vogel sei weiter über ihr gekreist. "Er hatte mich im Blick. Ich bin schnell weitergelaufen", sagt sie.

"Auf dem Rückweg bin ich dort in der Nähe wieder vorbeigekommen, plötzlich machte es knack, und etwas berührte mich am Kopf. Ich dachte, es sei ein Ast heruntergefallen. Aber in dem Moment hat mein Ohr schon angefangen zu brennen. Ich habe dort hingefasst, und dann waren meine Hände voller Blut." Später habe sie bemerkt, dass ihr Ohrring herausgerissen war. Ohren bluteten ja ohnehin stark, zudem sei sie durch das Joggen natürlich aufgeheizt gewesen. "Zum Glück hatte ich ein festes Cap auf", sagt Jennifer Malchau. "Mir kamen zwei Spaziergänger mit einem Hund entgegen, sie haben mich dann zu meinem Freund gefahren." Dann sei sie zum Arzt gegangen. Ihr Freund informierte sofort das Ordnungsamt im Ammersbeker Rathaus.

Dort ist das Thema bekannt. Bereits im vergangenen Jahr lebte in der Gemeinde Ammersbek ein problematischer Vogel an der Beekwiese. Ob Mäusebussard oder Habicht, das konnte nicht geklärt werden. "Wir gehen davon aus, dass es sich um denselben Greifvogel handelt, vermutlich ist es ein Habicht", sagt Marco Müller vom Ordnungsamt. Im Vorjahr sperrte die Gemeinde den Wanderweg, in diesem Jahr stellte der Bauhof nach dem Angriff erst einmal Warnschilder auf. Zudem gibt es die Bitte, das Gebiet entlang des Wanderweges sowie den Volksdorfer Weg zwischen Kielkoppel und Bültenbarg in den kommenden sechs Wochen zu meiden. So lange dauert die Brutzeit noch.

"In diesem Jahr scheint der Horst an einer anderen Stelle zu sein, deshalb ist auch die Straße betroffen. Die wollen wir bislang nicht sperren", sagt Müller. "Sollten sich die Attacken häufen, dann werden wir natürlich reagieren."

Bislang wurden drei Angriffe gemeldet. Der auf Jennifer Malchau sei der heftigste gewesen. Meist handele es sich um Scheinattacken. Aber Greifvogelangriffe sind nicht zu unterschätzen. Die Krallen sind sehr scharf und spitz. "Der Vogel nimmt das schon sehr ernst mit der Verteidigung", sagt Müller. Er lasse sich wohl auch nicht einschüchtern, wenn ein Hund dabei sei. Besonders gereizt würden die Vögel durch Jogger in bunt leuchtender Kleidung.

Jennifer Malchau war schwarz gekleidet. "Ich hatte ja im vergangenen Jahr gelesen, dass man dort besser nichts Buntes anzieht." Sie wird dort erst mal nicht mehr laufen. "Wenn, dann eher nach der Brutzeit." Sie ärgert sich, dass erst etwas passieren musste, bis Warnschilder aufgestellt wurden. "Ich verstehe nicht, warum der Weg nicht gesperrt wird. Das ist ein Schulweg, dort gehen Kinder lang." Sie sei zwar ein großer Tierfreund. "Ich verstehe ja den Vogel, aber wenn Menschen angegriffen werden, muss doch Schluss sein", sagt sie. "Wir hatten früher Gänse, wenn man die ärgert, können sie auch böse werden, aber sie greifen nicht von hinten aus der Luft an."

Der Beschreibung nach, sagt Brigitte Damm vom Greifvogelzentrum Schleswig-Holstein, handele es sich nicht um einen Habicht. "Habichte sind sehr scheue Tiere. Sie brüten tief im Wald. An einer Straße fühlt sich kein Habicht wohl." Zudem sei es eher typisch für einen Mäusebussard, dass er sein Revier verteidige. "Bei Mäusebussarden kann es sein, dass sie Angst um ihre Jungen haben und deshalb attackieren." Außer "weggehen" gibt es kaum einen guten Tipp gegen Angriffe. Das Gebiet sollte in der Brutzeit möglichst gemieden werden. Ab Mitte Juli können die Menschen wieder in Ruhe spazieren gehen. Und eventuell einen Bussard beobachten - aus der Ferne ist das sicherlich eine schöne Sache.