CDU und SPD nähern sich bei Wahlergebnis für den neuen Kreistag in Bad Oldesloe an. Beteiligung bereitet Sorgen. Kreistagspräsidentin: “Allein an dem schlechten Wetter kann es nicht gelegen haben.“

Bad Oldesloe. Eine Zahl beschäftigt die Kreispolitiker über alle Parteigrenzen hinweg und dürfte auch in den Tagen nach der Wahl noch für einen gehörigen Kater sorgen. Die Wahlbeteiligung ist nach den schwachen 51 Prozent vor fünf Jahren noch einmal zurückgegangen - auf 47,6 Prozent, laut Kreisverwaltung ein historischer Tiefpunkt. Damit erhalten die Volksvertreter ihre Legitimation nicht einmal von der Hälfte der Stormarner Bürger. "Erschreckend" war das Wort, das den meisten zu der Prozentzahl einfiel. "Allein an dem schlechten Wetter kann es nicht gelegen haben", sagte die scheidende Kreistagspräsidentin Christa Zeuke (CDU). "Vor einigen Jahren wurde die schwache Wahlbeteiligung auf das schöne Wetter geschoben, weil viele lieber an die Ostsee gefahren seien", erinnerte sich die 78-Jährige, die sich seit 1974 politisch engagiert. "Dabei wurde diesmal auch von den Medien so viel getan, um die Bedeutung herauszustreichen", sagte Zeuke.

Einen Erklärungsversuch unternahm am Tag nach der Wahl Reinhard Mendel (SPD). "Es ist für die Menschen wenig greifbar, was der Kreistag eigentlich macht und welche Funktion er hat", sagte er. Der SPD-Fraktionschef: "Wir müssen analysieren, was wir falsch machen." Bei der Untersuchung müssten sich die Sozialdemokraten besonders ins Zeug legen. Mendel: "Es hat sich über die Jahre gezeigt, dass die SPD unter einer geringen Wahlbeteiligung am stärksten leidet." Heinrich Dierking, Chef der Reinbeker Wählergemeinschaft Forum 21, die kreisweit antrat und ein Mandat hinzugewonnen hat, sagte: "Das haben die Parteien selbst verschuldet. Man muss sich um die Themen vor Ort kümmern."

Die Sitzverteilung im neuen Kreisparlament wird die Politiker noch stärker als bislang zur fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit zwingen. Weder CDU und FDP mit zusammen 25 Sitzen verfügen nach den vorläufigen Zahlen über die absolute Mehrheit noch SPD und Grüne (ebenfalls 25 Sitze). "Da die führenden Köpfe sich nicht verändert haben, denke ich, dass sich die konstruktive Atmosphäre fortsetzen kann", sagte Karl-Reinhold Wurch (FDP). Die Arbeit für seine um drei Sitze geschrumpfte Fraktion werde schwerer, weil man nun an den Ausschüssen nur noch mit eingeschränkten Rechten (Grundmandat) beteiligt sei.

Dass es für seine Fraktion schwerer werde, sieht auch Joachim Wagner (CDU) so. "Keiner kann durchregieren. Daher werden wir gemäß dem Stormarner Modell weitermachen", sagte er. Auch der Sozialdemokrat Reinhard Mendel glaubt an das Fortbestehen des Modells der fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit. "Einige ketzerische Stimmen haben am Wahlabend gesagt: 'Egal wie das Ergebnis wird, ihr arbeitet eh gut zusammen.' Da ist ja auch etwas Wahres dran." Stefan Kehl von den Grünen sieht das enge Ergebnis positiv: "Es wird künftig offener." Er habe errechnet, dass seine Fraktion nun zwei Sitze in jedem Ausschuss hat. Kehl: "Damit werden wir sicherlich mehr Einfluss haben."

Mit deutlich weniger Einfluss muss sich hingegen die Linke begnügen, die nicht einmal mehr Fraktionsstärke erreicht. "Ich werde sicherlich schon aus zeitlichen Gründen gar nicht jede Ausschusssitzung mitmachen können", sagte Heidi Beutin, Spitzenkandidatin und künftig einzige Linke im Kreistag. "Ich will dennoch versuchen, auch künftig Anträge zum Beispiel zum sozialen Wohnungsbau einzubringen", sagte sie. Deutliche Verluste mussten auch die Liberalen hinnehmen. Den Bundestrend machte Fraktionschef Wurch für die Verluste mitverantwortlich. "Dem können wir eben nicht entgehen", sagte er. Wichtig sei, dass die Fraktionsstärke erhalten geblieben sei.

Es war Forum 21, das für die größte Überraschung bei der Kreistagswahl in Stormarn sorgte. Die Wählergemeinschaft konnte nicht nur auf heimischen Grund in und um Reinbek punkten, sondern auch in Nordstormarn Stimmen sammeln. Dort also, wo die Kandidaten und Positionen wenig bekannt sind. Im neuen Kreisparlament sitzt neben Heinrich Dierking auch Heidrun Tacke. "Unsere intensive Werbung auch in Reinfeld oder Bad Oldesloe hat einiges bewirkt", sagte Dierking. "Wir schöpfen dabei nicht so sehr aus dem Reservoir enttäuschter SPD-, CDU- oder FDP-Wähler, sondern bei Wählern, die eine Alternative suchen und parteilich ungebunden und nicht rechtslastig sind."