Pädagogen fordern bessere Demokratie-Erziehung an Schulen. Denn junge Leute gehen häufig gar nicht erst zur Wahl

Stormarn. Die Wahlbeteiligung bei den Kreistags- und Gemeindewahlen in Stormarn hat 2008 einen Tiefstand erreicht. Nur noch jeder zweite Wahlberechtigte gab vor fünf Jahren seine Stimme ab (siehe hierzu auch Seite 3). Deutschlandweit sind es die 60- bis 70-Jährigen, die am aktivsten wählen gehen. Die geringste Wahlbeteiligung hingegen gibt es bei jungen Menschen. Am seltensten geht statistisch betrachtet zur Wahlurne, wer zwischen 21 und 25 Jahre alt ist. Die Erstwähler sind zwar noch etwas aktiver, doch nach dem ersten Mal lässt auch ihre Wahlbeteiligung deutlich nach.

Die Jugendorganisationen der Parteien haben daher kürzlich gefordert, in der Schule mehr für die politische Bildung zu tun. "Politik und Demokratieerziehung werden im Lehrplan häufig vernachlässigt, sind aber essenziell für eine demokratische, tolerante Gesellschaft", sagt Delara Burkhardt, Vorsitzende der Jusos in Stormarn. "In Zeiten von Demokratie- und Politikverdrossenheit ist es wichtig, Jugendliche spüren zu lassen, dass auch sie eine Stimme haben."

Die junge Generation sei seiner Meinung nach viel zu uninteressiert am politischen Geschehen, sagt Torben Tyx, Vorstandssprecher der Grünen Jugend Stormarn. Dies liege auch an der mangelnden Behandlung des Themas in der Schule. "Man könnte das lösen, indem man die entsprechenden Strukturen schafft." Tyx könnte sich politische Planspiele vorstellen. Immer wieder wird auch die Einführung eines eigenständigen Faches Politik gefordert.

Bislang wurde Politik an keiner Schule in Schleswig-Holstein als Pflichtfach eingeführt. Lediglich das Wahlpflichtfach "Wipo", Wirtschaft und Politik trägt den Begriff deutlich im Namen. "In diesem Fach haben sich die Schüler dieses Jahr auch mit Kommunalpolitik beschäftigt", sagt Kirsten Blohm-Leu, Kreisschulrätin aus Stormarn. "Auch Expertengespräche mit Kommunalpolitikern sollten die Schüler führen", sagt Blohm-Leu.

Dem stellvertretenden Schulleiter der Stormarnschule in Ahrensburg Eckhard Gaumnitz reicht das nicht: "Ich würde mir wünschen, dass Politik als Pflichtfach eingeführt wird. Der Informationsstand der Jugendlichen würde sich um ein Vielfaches verbessern." Auch Hartmut Johann, Schulleiter der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule in Barsbüttel, findet es wichtig, Jugendliche über die Kommunalwahl zu informieren. "Viele wissen gar nicht, wie wichtig es ist, zu wählen. Wir haben extra eine Podiumsdiskussion organisiert mit Vertretern jeder Partei, um die Schüler über Wahlprogramme zu informieren." Auch die Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule in Ahrensburg gab ihren Schülern kürzlich die Chance, bei einer Podiumsdiskussion mehr über Kommunalpolitik zu erfahren.

"Ich freue mich immer, wenn ich oder andere Landtagskollegen in Schulen eingeladen werden", sagt Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Barsbütteler. Mehr als von großen Podiumsdiskussionen hätten Schüler und Politiker allerdings, wenn man sich in kleineren Gruppen austauschen könne. Ein eigenes Fach Politik hält Habersaat nicht für nötig. "Letztendlich kann man Schülern politisches Wissen in vielen Fächern vermitteln", sagt Habersaat, der selbst als Lehrer gearbeitet hat. "Es ist wichtig, dass sich Lehrer für Politik interessieren." Dann könnte es auch eher gelingen, die Schüler zu erreichen und ihnen zu vermitteln, was sie mit ihrer Stimme erreichen können. "Gerade bei den Kommunalwahlen können sie die Menschen wählen, die ihre Interessen vertreten", sagt Anita Klahn, sozialpolitische Sprecherin der FDP im Landtag. "Wenn Jugendliche hier ihre Stimme abgeben, dann entscheiden sie unmittelbar mit." Klahn ist überzeugt, dass es wichtig ist, in der Schule - "auch sehr frühzeitig" - über Demokratie und eine aktive Beteiligung an der Gesellschaft zu sprechen. Ein Pflichtfach Politik hält sie aber nicht für notwendig.

Der Geschäftführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bernd Schauer sieht es ähnlich: "Politik als Pflichtfach wird die Wahlbeteiligung von Jugendlichen nicht automatisch steigen lassen. Politische Themen können auch in anderen Unterrichtsfächern behandelt werden."