Prozess vor dem Amtsgericht Reinbek. Nachbarin soll für weitere Klärung des Vorfalls sorgen

Reinbek. Der 36-jährige Thomas A. (Name geändert) hat sich die Anklage wegen besonders schwerer sexueller Nötigung selbst eingebrockt. 2011 entdeckte der ehemalige Braaker an Rücken und Gesäß seines kleinen Sohnes blaue Flecken. Nach Befragung des damals zweijährigen Kindes zeigte er den Lebensgefährten seiner Ex-Frau Chantal B. (Name geändert) wegen Misshandlung an. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt. Im Zuge der Vernehmungen gab seine Ex-Frau jedoch zu Protokoll, sie sei während der Ehe von A. vergewaltigt worden. So kam es von Amts wegen zur Anklage.

Nein, seine damalige Frau habe sich nicht gewehrt als sie am fraglichen Abend im November 2010 Sex gehabt hätten, bei dem er sie an den Händen festgehalten habe. Erst danach habe sie verstört dagestanden und gesagt, sie sei so einmal vergewaltigt worden. "Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mich nicht so verhalten", sagt der Tischler mit dem Kurzhaarschnitt zu Richterin Ute Schultze-Hillert im Amtsgericht Reinbek. Dann habe er ein schlechtes Gewissen bekommen.

Nach Darstellung der Ex-Frau hat sie ihr damaliger Mann allerdings im Schlafzimmer aufs Bett geworfen, nachdem er aus der Dusche gekommen sei. Mit leiser Stimme, die sie erst auf Bitten der Richterin auf Zimmerlautstärke hebt, sagt sie, A. habe ihr dann Hose und Slip vom Leib gerissen. "Ich sagte ihm, er soll das lassen. Wegen der Kinder, die oben waren konnte ich aber nicht schreien." Anschließend habe A. gesagt, dies seien seine ehelichen Pflichten gewesen. Chantal B. widerspricht auch der Aussage ihres Ex-Mannes, beide hätten zu Beginn ihrer Partnerschaft zuweilen Fesselspiele betrieben.

Die schwarzhaarige, dünne Frau wirkt labil. Schwankend hatte sie sich auch in dieser Angelegenheit gezeigt. So hatte sie erst im Dezember in diesem Verfahren von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Zudem hatte sie im Jahr 2011 bei einer Beratungsstelle um psychologische Hilfe ersucht. Die Therapeutin, die sie von der Schweigepflicht entbunden hat, sagt aus, damals habe Chantal B. zwar behauptet, vergewaltigt worden zu sein, doch sollte dies nicht weiter Gegenstand der Beratung sein. "Sonst hätte ich sie zu einer anderen Therapeutin geschickt." Es sei also primär um die familiäre Situation gegangen, folgert die Richterin. Die Zeugin bejaht.

"Ich sehe meinen Ex-Mann wegen der Kinder alle zwei Wochen und bekomme die Bilder von damals nicht aus dem Kopf." Sie hoffe, dass es besser werde, wenn sie sage, was vorgefallen sei, begründet Chantal B., warum sie diesmal aussagt. Auch könne sie nach dem Vorfall im November 2010 nicht mehr erotische Dienstleistungen via Webcam anbieten - eine Arbeit, der sie "wegen des Geldes" von Februar bis März dieses Jahres nachgegangen sei und die sie schon während der Ehe ausgeübt habe. Damals habe ihr Ex-Mann hinter der Kamera gestanden.

Nach den beiden Beteiligten war eine befreundete Nachbarin, zu der Chantal B. nach dem Vorfall gegangen ist, am nahesten an den Geschehnissen dran. Sie ist derzeit in Urlaub. Ohne ihre Aussage aber will Richterin Schultze-Hillert kein Urteil fällen. Deshalb wird die Verhandlung am 5. Juni im Amtsgericht Reinbek fortgesetzt.