Parteien uneinig: Soll der Marktplatz an drei oder an vier Seiten bebaut sein? Grüne fordern Stadtentwicklungskonzept

Glinde. Seit fünf Jahren regieren CDU, SPD und Grüne in Glinde mit wechselnden Mehrheiten - über die Parteigrenzen hinweg. "Dadurch haben wir eine sehr sachorientierte Politik gemacht", sagt Frank Lauterbach, Ortsvorsitzender der Sozialdemokraten in Glinde. Auf diese Weise, das sehen auch seine Kollegen Rainer Neumann von der CDU und Wolf Tank von den Grünen ähnlich, habe die Stadtvertretung viele wichtige Projekte ohne Reibungsverluste angestoßen und umgesetzt. So sind das Schulzentrum am Oher Weg saniert und erweitert sowie der Neubau des Feuerwehrgerätehauses realisiert worden. Außerdem verbuchen die Parteien die Neugestaltung der Marktpassage als Erfolg.

Ob und wie es mit der Innenstadtbebauung weitergeht, darüber werden sich die Parteien künftig aber wohl streiten. Die CDU stellt sich hinter Bürgermeister Rainhard Zug, der ein Befürworter der sogenannten Westendbebauung ist. Momentan sind drei Seiten des Platzes Am Markt bebaut: mit dem Rathaus, dem Marcellin-Verbe-Haus sowie mit Geschäftshäusern. Zug möchte auch die vierte Seite schließen. "Das wäre ein runder Abschluss der Bebauung", sagt er.

"Wir haben dem Bürgermeister unsere Unterstützung zugesagt", sagt der CDU-Vorsitzende Rainer Neumann. Die Christdemokraten wünschen sich als Mieter zum Beispiel Ärzte, aber auch Einzelhändler und Restaurants. "Wir haben in Glinde ein geschlossenes Zentrum", sagt Neumann. "Das müssen wir so attraktiv wie möglich halten."

Grundsätzlich kann die SPD diese Haltung teilen. "Wir wollen die Westendbebauung aber nicht um jeden Preis", sagt Frank Lauterbach. Zuerst wolle man wissen, welche Investoren die Stadt gewinnen könne. "Ich sage es mal überspitzt: Wir brauchen in der Stadt weder den 35. Bäcker noch den 27. Friseur."

Die Grünen lehnen die Bebauung der Westseite des Marktplatzes gänzlich ab. "Mir ist im Moment nicht bewusst, was dort angesiedelt werden sollte", sagt Wolf Tank, Spitzenkandidat der Grünen. Überhaupt sei seine Partei mit der Forderung in den Wahlkampf gegangen, dass die Zeit der spontanen Bauentscheidungen vorbei sein müsse.

SPD will, dass Glinde "Stadt im Grünen" bleibt

"Was wir schon länger brauchen, ist ein Stadtentwicklungskonzept, das weiter nach vorn schaut als bis zur nächsten Wahl", heißt es im Grünen-Wahlprogramm. "Politik muss sich Gedanken machen, wie Glinde in zehn oder mehr Jahren aussehen soll", sagt Tank.

Für die CDU ist es wichtig, möglichst schnell nach der Wahl die nicht mehr zeitgemäßen Bebauungspläne zu verändern. "Unnütze Regelungen wie Dachpfannenfarben und ähnliches möchten wir abschaffen", heißt es in ihrem Programm.

Die SPD setzt bei der künftigen Stadtentwicklung darauf, dass nicht noch mehr Flächen versiegelt werden. Schon jetzt seien 52 Prozent der Stadtfläche bebaut. Die eingängige Botschaft "Glinde Stadt im Grünen" müsse weiter ihre Berechtigung haben. Während sich die Vorstellungen zur Zukunft der Stadt mit Kompromissen vereinbaren lassen werden, stehen sich die Parteien zur Zukunft der Ganztagsschulen konträr gegenüber.

Positionen zur Nachmittagsbetreuung an Schulen sind gegensätzlich

SPD und Grüne sprechen sich ganz klar für den Ausbau der gebundenen Ganztagsbetreuung aus, bei der alle Kinder auch nachmittags in der Schule bleiben müssen. Die CDU hingegen will die Nachmittagsbetreuung von Schulkindern vor allem durch Horte sicherstellen. "Wir lehnen gebundene Ganztagsschulen ab", sagt Rainer Neumann. Der Nachmittag an Schulen dürfe nicht zu einem "Zwangsbetrieb" werden. Sonst blieben die Entfaltungsmöglichkeiten für die Kinder auf der Strecke.

Trotz der ideologischen Unterschiede: Einig sind sich die Parteien darin, dass Investitionen in die Bereiche Kindertagesbetreuung und in die Schulen Investitionen in die Zukunft und notwendig sind - auch wenn die finanzielle Situation der Stadt schwierig ist. Anfang Januar hatte die Stadt 7,6 Millionen Euro Schulden. Im Ergebnisplan für das Haushaltsjahr 2013 rechnet die Stadt mit einem Fehlbetrag von knapp 1,5 Millionen Euro. Deshalb wird es für die Parteien in der künftigen Stadtvertretung auch darauf ankommen, gut hauszuhalten.

Die CDU sieht dabei die Verwaltung in der Pflicht. So sollen die Synergie- und Einspareffekte genutzt werden, die sich durch die Zusammenarbeit im Mittelzentrum ergeben, etwa indem die Bauhöfe besser verzahnt werden. Glinde, Reinbek und Wentorf müssten zu einem besseren Austausch finden, wenn sich damit Geld sparen lassen soll, sagt auch Frank Lauterbach von der SPD. Was die Sozialdemokraten in jedem Fall vermeiden wollen, sind Sparprogramme nach dem Rasenmäherprinzip, wie sie viele andere Gemeinden bereits auflegen mussten. "Man muss nicht die Kommune im Kreis sein, die am meisten spart", sagt Wolf Tank, "aber man sollte auch nicht zur Kommune werden, die sich am meisten verschuldet."

CDU fordert Video-Überwachung zum Schutz vor Vandalismusschäden

Damit der Haushalt nicht immer wieder zusätzlich durch Vandalismusschäden belastet wird, fordert die CDU eine Videoüberwachung für gefährdete Areale. Dazu gehörten zum Beispiel die Flure des Schulzentrums. Hier hatten unbekannte Täter kürzlich einen Wasserschaden in Höhe von 100.000 Euro verursacht. Außerdem solle das Marcellin-Verbe-Haus per Kamera überwacht werden. Mit ihrer Forderung stehen die Christdemokraten bislang allein da. SPD und Grüne haben erhebliche Bedenken, was die rechtliche Zulässigkeit und den Nutzen angeht.