Bargteheider Rentner wegen Mordversuchs vor Gericht. Zeugen schildern Eindrücke

Lübeck/Bargteheide . Er ist ein Mann mit zwei Gesichtern. Einer, der als "freundlich und mitteilsam" beschrieben wird, der jeden grüßt, der an seinem Balkon vorbeigeht. Der Nachbarn auch mal zum Kaffee einlädt, der fröhlich von seinem Ferienhaus auf Mallorca erzählt und von seinem neuen Auto. Und der nichts dabei findet, seinen Müll auf die Terrasse einer Nachbarin zu kippen. Der laut wird, wenn er kritisiert wird. Und der mit seiner Frau heftig streitet, besonders in der Zeit vor dem 13. November 2012 - das zumindest besagen die Schilderungen mehrerer Nachbarn, die jetzt vor Gericht ihre Aussage machten.

Der Mann, um den es geht, ist Hans T. (Name geändert). Der 68 Jahre alte Rentner aus Bargteheide soll am Morgen jenes 13. November versucht haben, seine Ehefrau Anja unter der Dusche mit einem Messer zu ermorden. Deshalb sitzt Hans T. jetzt in Untersuchungshaft, muss sich vor dem Landgericht Lübeck verantworten. Anja T., das sagte sie an einem früheren Verhandlungstag, habe die Tat nur überlebt, weil sie sich tot stellte. Hans T. hingegen gibt an, sich an die Tat nicht erinnern zu können. Wie an jedem Prozesstag schweigt er auch diesmal, wirft nur gelegentlich betroffene Blicke zu den Zeugen. Sein weißes Haar ist voll, seine Haut ist sonnengebräunt - das Gesicht eines Mannes, der einen Teil seines Ruhestandes im Süden genießen konnte.

"Ich bin gegen acht Uhr aufgestanden und ging ins Bad. Dann hörte ich fürchterliche Hilfeschreie", schildert eine Nachbarin. Gemeinsam mit zwei weiteren Anwohnern des Mehrfamilienhauses habe sie schließlich an der Tür des Ehepaares geklingelt. "Herr T. hat die Tür aufgemacht. Da lag Frau T. auf der Erde, fürchterlich zappelnd. Doch Herr T. hat nur gesagt es sei alles okay", so die Nachbarin weiter. Dann habe er die Tür zugeknallt. Die Nachbarn sind perplex, gehen erst einmal in die Wohnungen zurück. Doch als die Hilfeschreie wiederkehren, diesmal leiser, rufen zwei Frauen die Polizei.

Ob es früher schon Streit gab? Auf die Frage des Richters Christian Singelmann antworten die Zeugen ähnlich. "Ich habe die besonders in letzter Zeit heftig streiten hören. Einmal war es so laut, da bin ich aus dem Haus gegangen", sagt eine Nachbarin. Auch sie selbst habe mit Herrn T. schlechte Erfahrungen gemacht. "Einmal hat er mir Asche auf die Terrasse gekippt, ein anderes Mal einen Tannenbaum in den Garten geworfen." Bei diesen Schilderungen grinst Hans T. - so auffällig, dass der Richter ihn ermahnt. Ein anderer Nachbar nennt den Angeklagten eine "rheinische Frohnatur", er sei "sehr mitteilsam" gewesen. Ähnlich äußert sich eine weitere Nachbarin: "Eigentlich war er immer sehr nett." Doch auch ihr seien die Wortgefechte aus der Wohnung aufgefallen. Äußerungen wie diese nimmt Hans T. äußerlich ungerührt auf.

"Herr T. wird sich am nächsten Prozesstag voraussichtlich selbst äußern", sagt sein Strafverteidiger Christian Schumacher am Ende des Verhandlungstages. Der Prozess wird am Freitag, 31. Mai, fortgesetzt.