Politiker wollen Angebote für alle Generationen verbessern. In Detailfragen sind sie uneins

Großhansdorf. Es ist bunt, fünf Jahre alt und vor allem funktionstüchtig: Das "Großhansdorfer Modell". So sieht es zumindest Bürgermeister Janhinnerk Voß, der auch den klangvollen Namen für das politische Geschehen in seiner Gemeinde erfunden hat. Was das Modell ausmacht? "Das Miteinander ist sehr gut. Es gibt viele interfraktionelle Gespräche, in denen wichtige Entscheidungen vorbereitet werden", sagt Voß. Politiker aller Fraktionen bestätigen diese Einschätzung: "Wir kommen zu 95 Prozent auf einen Nenner", sagt etwa Stefan Kehl, Kandidat der Grünen. Und wenn es Meinungsverschiedenheiten gebe, dann meistens nicht entlang der Fraktionsgrenzen.

Dass ein heute allseits gelobtes Modell entstand, ist nicht selbstverständlich. Die CDU verlor 2008, nach Jahrzehnten, ihre absolute Mehrheit. Anders als in anderen Gemeinden, in denen es ähnliche Entwicklungen gab, war der Rat danach aber nicht von Lager-Denken geprägt. Stattdessen entstand eine Atmosphäre des Konsenses, deren Erhalt nun beschworen wird. Ob es so kommt, wird wohl auch davon abhängen, ob wieder eine Partei die absolute Mehrheit bekommt - oder ob Mehrheiten gefunden werden müssen. Bisher liegen die Fraktionen in den Einschätzungen neuer Projekte eng beieinander, Unterschiede gibt es aber in den Details.

Gemeinde muss neuen Investor für Ärztehaus Schmalenbeck suchen

Eines der wichtigen Vorhaben der kommenden Legislaturperiode wird die Weiterentwicklung des Ärztehauses am U-Bahnhof Schmalenbeck. Diese ist erst kürzlich gescheitert: Der Investor Florian Köppel hatte eineinhalb Jahre lang einen Erweiterungsbau geplant, die Rede war von sechs neuen Praxen. Darunter sollten ein Augenarzt, ein Dermatologe und ein Zahnarzt sein. Doch Köppel zog im April aus wirtschaftlichen Gründen zurück. Die Gemeinde, die sich als Medizinstandort profilieren will, wird nun einen neuen Investor finden müssen. Dabei kommt es darauf an, was die Politiker zulassen: Köppel hatte moniert, dass nur Ärzte in den Neubau einziehen sollten. Die FDP will die Bedingungen etwas lockern. Stefan Kehl betont hingegen, dass den Grünen schon der einstige Entwurf "eigentlich zu groß" war. Konsens unter allen Parteien ist aber, dass das Ärztehaus erweitert werden muss.

Wer darf in Großhansdorf bauen - und vor allem, wie groß? Diese in der Waldgemeinde altbekannte Frage wird sich auch bei anderen Projekten stellen. Einig sind die sich Parteien, dass die Gemeinde mehr altengerechte Wohnungen ermöglichen sollte. Die Frage wird sein, wo sie stehen dürfen und wie viel Fläche verbraucht wird. Besonders die Grünen betonen, dass die Gemeinde nur "sehr behutsam" wachsen dürfe. Der Fokus der SPD liegt hingegen auf "bezahlbarem Wohnraum" - und zwar für alle Generationen. Dazu SPD-Spitzenkandidat Reinhard Niegengerd: "Wir können uns vorstellen, günstigen Wohnraum durch Innenverdichtung an den Hauptstraßen zu schaffen." Dafür würde er gerne die strengen Regeln ändern, die in der Gemeinde herrschen. Bisher sieht ein Schlüssel vor, dass nur ein bestimmter Teil der Grundstücke bebaut werden darf - die SPD würde mehr Bebauung zulassen. CDU, FDP und auch die Grünen lehnen das ab.

Grüne und SPD sind für einen Waldkindergarten, FDP dagegen

Weitgehende Einigkeit herrschte beim Ausbau der Kita- und Krippenplätze, den die Gemeinde vorantreibt. Dafür sorgen schon die Vorgaben aus Berlin: Ab August haben Eltern einen Anspruch auf einen Krippenplatz, das schreibt ein Bundesgesetz vor. Großhansdorf plant deshalb einen Erweiterungsbau für die Kita Wöhrendamm, der Beschluss wird voraussichtlich in der letzten Gemeindevertretersitzung vor der Kommunalwahl fallen. Vertreter aller Parteien betonen, dass sie zusätzliche Kapazitäten schaffen werden, wenn es denn nötig ist.

An einem konkreten Plan scheiden sich allerdings die Geister. Es ist das Vorhaben der Grünen, gemeinsam mit einem Träger einen Waldkindergarten zu schaffen. Die Grünen-Fraktion stellte den Plan schon vor einiger Zeit vor. Ein Antrag, ein geeignetes Grundstück zu suchen, scheiterte allerdings an den Stimmen von CDU und FDP, die SPD war in der Frage gespalten. Reinhard Niegengerd sagt jetzt allerdings: "Ich unterstütze das Vorhaben. In eine Waldgemeinde gehört ein Waldkindergarten." CDU-Kandidat Hans-Jürgen Bendfeldt würde "darüber diskutieren, wenn der Bedarf da ist". Für die FDP ist ein Waldkindergarten "im Moment kein Thema", sagt Spitzenkandidat Hans-Karl Limberg.

Drei Windräder wären im Bereich des Apelsweges möglich

Der Liberale war auch gegen den Bau eines Solarparks an der Grenzeckkoppel - und stand damit ziemlich allein auf weiter Flur. Alle anderen Fraktionen trieben den Bau voran, den die Grünen angeregt hatten. Im Sommer vergangenen Jahres ging der Park ans Netz. Eine weitere ökologische Energiequelle könnte zu einem wirklichen Test für das Großhansdorfer Modell werden. Es handelt sich um die Windkraft - laut einer landesweiten Untersuchung eignet sich eine kleine Fläche im Nordosten der Gemeinde, im Bereich des Apelsweges, für Windräder. Laut Janhinnerk Voß wäre das Gebiet für drei Windräder zugelassen, es müsste dazu aber auf Landesebene angemeldet werden. CDU und FDP sind strikt dagegen. Grüne und SPD sind hingegen aufgeschlossen. Stefan Kehl hofft, dass die Gegner ihre Meinung noch ändern. Ein gewichtiges Argument dafür wären neue Einkünfte aus Gewerbesteuern.

Bürgermeister macht sich Sorgen um das strukturelle Defizit der Gemeinde

Zumindest einem wäre das Geld wohl willkommen: Bürgermeister Janhinnerk Voß. "Ich mache mir Sorgen um unser strukturelles Defizit. Das wird ein Hauptproblem der nächsten fünf Jahre", sagt er. Er bezieht sich darauf, dass kürzlich Rücklagen aus den vergangenen Jahren verwendet werden mussten, um die laufenden Ausgaben zu decken. Diese werden in den kommenden Jahren noch steigen, etwa weil neues Personal für neue Krippen-Gruppen eingestellt werden muss.

Die Parteienvertreter geben sich hingegen wenig beunruhigt: "Ich sehe da kein Drama kommen", sagt Reinhard Niegengerd. Ähnlich sieht es Stefan Kehl, der auch Vorsitzender des Finanzausschusses ist. Die CDU betont in ihrem Programm, dass die Gemeinde finanziell gut aufgestellt sei - tatsächlich sinkt die Pro-Kopf-Verschuldung 2013, trotz des Rückgriffes auf Reserven. Von Kürzungen spricht allein Hans-Karl Limberg: "Gegebenenfalls müssen wir überlegen, ob es Stellen gibt, wo wir ernsthaft sparen können."