Der Christdemokrat zieht sich zurück. Er war 23 Jahre Bürgermeister in Braak und 19 Jahre Amtsvorsteher in Siek

Braak. In Braak und dem Amt Siek endet mit der Kommunalwahl eine Ära. Der Mann, der die Geschicke in dem Dorf an der Autobahn eins seit 1990 maßgeblich mitbestimmt und seit 1994 auch Amtsvorsteher ist, kandidiert nicht noch einmal. "Ich hab' immer gesagt, spätestens mit 70 ist Schluss", so Ortwin Jahnke. Das passt: Den runden Geburtstag feiert er im Mai.

Der Christdemokrat spricht ganz entspannt über seinen politischen Ruhestand. Von Abschiedsschmerz oder gar Wehmut keine Spur. Der Stolz auf das Erreichte mag ihm den Rückzug erleichtern. Und Langeweile droht ihm nicht. "Zu Hause wartet noch so ein hoher Stapel Bücher drauf, endlich gelesen zu werden", sagt der Kaufmann - und zeigt mit der Hand den Abstand vom Fußboden bis zur Hüfte. "Außerdem kann ich mich mehr um unsere süße Enkelin kümmern. Und mit meiner Frau verreisen." Ohne sie wäre der große ehrenamtliche Einsatz gar nicht möglich gewesen. "Sie hat mir immer den Rücken freigehalten", sagt Jahnke, "und sich auch nie eingemischt." Damit sei das Paar immer gut gefahren.

Gemeindevertreter ist Ortwin Jahnke sogar schon seit 1982. Ebenso wie sein heutiger Stellvertreter Sönke Diekmann (Braaker Bürgervereinigung) und CDU-Fraktionssprecher Bernd Menzel, die ebenfalls nach mehr als drei Jahrzehnten aufhören.

"Die politische Tonart war damals wirklich grauenhaft", sagt Jahnke. Um für mehr Miteinander im Dorf, das damals rund 570 Einwohner hatte, zu sorgen, stellte sich Jahnke 1990 als Bürgermeister zur Verfügung. "Ich hab' aber gleich betont, dass ich mir das nicht lange antue, wenn sich der Umgang in der Gemeindevertretung nicht ändert", sagt der Mann, der sich selbst als "Teammensch" bezeichnet.

Offensichtlich fand er Gehör, denn sonst hätte er es nicht 23 Jahre ausgehalten. "Ein Credo war, dass alle die gleichen Informationen bekamen." Es habe auch weiterhin Diskussionen über Ausgaben von 400 Mark gegeben. "Doch am Ende stand immer ein Kompromiss, den alle mittrugen." Ein Beispiel ist die Ausrüstung der Feuerwehr. "Die Helfer brauchen selbstverständlich immer moderne Geräte", sagt Jahnke, "aber goldenes Werkzeug muss es nicht sein."

Bei aller eigenen Sparsamkeit war es ausgerechnet eine Insolvenz, die Braaks Weg in eine sorgenfreie Zukunft ebnete. 1995 war die Firma Bluda (Blumen durch Abwärme), deren 28 Gewächshäuser durch die benachbarte Müllverbrennungsanlage Stapelfeld beheizt wurden, am Ende. Die brach liegende Fläche sollte, so entschieden es Stapelfeld und Braak, das erste interkommunale Gewerbegebiet in Schleswig-Holstein werden. Jahnke erinnert sich an ein Gespräch beim Leiter der Landesplanung in Kiel. "Er fragte mich, warum wir nur vier bis fünf Hektar ausweisen wollen und nicht gleich knapp 13, die möglich wären." Der Bürgermeister war schnell überzeugt - im Gegensatz zur Gemeindevertretung. Da die meisten Kommunalpolitiker wegen eigener Grundstücke befangen waren, durften nur fünf abstimmen. Drei waren schließlich für das große Gewerbegebiet, zwei dagegen.

Da auch die Gemeinde ein eigenes Areal verkaufte, zählte die Feuerwehr zu den ersten Nutznießern. Sie bekam ein neues Auto für rund 350.000 Mark. Die Braaker Kasse füllte sich schnell weiter. Unternehmen wie Lekkerland und die Deutsche Vermögensberatung AG mit einem Schulungszentrum zogen ins Gewerbegebiet, zahlten reichlich Steuern. "Das Geld weckte Begehrlichkeiten", sagt Jahnke, "sogar bei den anfänglichen Gegnern des Projekts." Mit dem Ziel, "die Vorteile möglichst auf alle zu verteilen", konnte sich das Dorf einiges leisten. Kostenlose Kompostbehälter wurden verteilt. Zweimal im Jahr können die Bewohner umsonst Äste und Sträucher schreddern lassen. Und alle Gehwege sind im Gegensatz zu anderen Orten gepflastert - "ganz ohne Anwohnerbeteiligung". Für knapp 18.000 Euro kaufte die Gemeinde Rauchmelder, die an alle Haushalte verteilt wurden. Und zur 750-Jahr-Feier wurden alle Einwohner im Festzelt mit Speisen und Getränken beköstigt.

Zu 40 Prozent ist Braak am Kindergarten in Stapelfeld beteiligt, auch bei der Grundschule wird zusammengearbeitet. "Und wir mussten die Steuern nicht erhöhen", sagt Jahnke. Die Gewerbesteuer liegt bei 285 Prozentpunkten, in Stormarn werden bis zu 360 verlangt. Hauseigentümer zahlen 230 Punkte Grundsteuer, woanders sind es bis zu 380. "Seit Jahren brauchen wir keine Kredite", sagt Jahnke, "und regelmäßig kommt Geld in die Rücklage." Dank dieser Finanzreserve war es auch möglich, einen "Schandfleck in der Ortsmitte" zu beseitigen. Der Bürgermeister spricht von der Bauernschänke, dem 1904 errichteten Gasthof. 2006 kaufte die Gemeinde das 2700 Quadratmeter große Grundstück, auf dem zeitweise auch ein Kiesunternehmen mit Betonschredder residierte, für 300.000 Euro. Das baufällige alte Gebäude wurde abgerissen, jetzt stehen dort drei Mehrfamilienhäuser.

Die finanzielle Sorgenfreiheit des Dorfes ist auch künftig gesichert. Im neuen, knapp 30 Hektar großen Gewerbegebiet direkt an der Autobahn wachsen die Hallen im Rekordtempo in den Himmel. Allein neun Hektar hat sich die Boltze-Gruppe gesichert, die von Ahrensburg nach Braak zieht. "Auch auf uns kommen Veränderungen zu", sagt Jahnke, "aber wenn es in Braak Engpässe gibt, sind andere schon lange pleite."

Ähnlich fit für die Zukunft sieht er die Amtsverwaltung in Siek, die auch für Braak, Brunsbek, Hoisdorf und Stapelfeld zuständig ist. "Wir haben gute Mitarbeiter und eine moderne Ausstattung", sagt der Noch-Amtsvorsteher. Man habe eines der ersten Bürgerbüros in Schleswig-Holstein gehabt, Einwohner können ihr Auto abmelden. Alle 14 Tage kommt die Bauaufsicht des Kreises, um direkt über Anträge zu reden. Im Rückblick kann Jahnke sogar gelassen über die einzige Zeit reden, die ihn am Ehrenamt zweifeln ließ: die Sieker Amtsaffäre Mitte des vergangenen Jahrzehnts. Der Fall des zeitweise suspendierten Leitenden Verwaltungsbeamten, der sich verbotenerweise Überstunden hatte auszahlen lassen, beschäftigte sogar die Disziplinarklammer des Verwaltungsgerichts. "Damals gab es viel Kritik", sagt Jahnke, "doch ich konnte mich nicht wehren, weil ich aus rechtlichen Gründen keine Details nennen konnte." Er sei aber kein Typ, der sich verdrücke, wenn es brenzlig werde. Am Ende hätten die Vertreter der fünf Orte eine Linie und eine Zukunft für das Amt gefunden.

"Ich hab' die Aufgaben immer mit Freude erledigt", sagt Ortwin Jahnke, "davor stand aber auch Fleiß." Ein Halbtagsjob sei das Ehrenamt - und manchmal auch mehr. Trotz einiger Angebote habe er aber nie daran gedacht, in die große Politik zu wechseln. "Vor Ort sieht man sofort, was eine Entscheidung bedeutet. Beim Spaziergang mit dem Hund trifft man die Menschen, die sagen, dass man etwas gut gemacht habe - oder eben auch nicht." Schon der Kreistag in Bad Oldesloe sei ihm zu weit weg von der Basis.

Ortwin Jahnke will künftig die eine oder andere Sitzung als Gast verfolgen. Doch mit guten Ratschlägen halte er sich zurück. Denn entweder macht er etwas ganz oder gar nicht. Wie schon in den vergangenen drei Jahrzehnten als Kommunalpolitiker. Und so verspricht er seinen Nachfolgern eines: "Wenn ich raus bin, bin ich raus."

Donnerstag in der Wahlserie: Reinfeld und das Amt Norstormarn