Kostenexplosion und mehrere Einwendungen sprechen gegen baldigen Baubeginn der seit 30 Jahren geplanten Straße

Hammoor. Der Bau der Ortsumgehung Hammoor wird offenbar deutlich teurer als bislang angenommen. Nahezu acht Millionen Euro soll die Trasse mittlerweile kosten - die anfangs berechnete Summe von 3,5 Millionen Euro hat sich damit mehr als verdoppelt. "Die acht Millionen Euro sind die reinen Baukosten. Hinzu kommen weitere Kosten zum Beispiel für den Grunderwerb", sagt Jens Sommerburg, Leiter der Niederlassung Lübeck des Landesbetriebes Straßenbau und Verkehr (LBV). Grund für den extremen Kostenanstieg sei unter anderem die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent. Die lange Planungsphase habe ein Übriges getan.

Wie berichtet, hatte der LBV Ende vergangenen Jahres das Planfeststellungsverfahren eingeleitet - 30 Jahre nach dem ersten Antrag auf eine Umgehungsstraße. In den Landeshaushalt für 2013 ist die Ortsumgehung Hammoor nach Auskunft des Verkehrsministeriums nicht aufgenommen worden. Ein Grund dafür sei die Dauer des Planfeststellungsverfahrens. Mit einem Beschluss sei frühestens Mitte oder Ende 2014 zu rechnen.

Zudem sei der Baubeginn abhängig davon, dass ein Planfeststellungsbeschluss vorliege, der auch Bestandskraft habe. Das Ministerium ließ dazu verlauten, es bleibe abzuwarten, ob ein irgendwann vorliegender Beschluss beklagt werde. Weiter heißt es aus Kiel auf Anfrage des Abendblatts, die Entwicklung der Finanzmittel sei zurzeit nicht abzusehen. Angesichts der Kosten, die das Ministerium mit circa sechs Millionen Euro benennt, werde die Finanzierung "nicht gerade leicht" fallen.

Nachdem die Pläne für die Trasse, die künftig die Hauptstraße (Landesstraße 89) entlasten soll, mehrere Wochen öffentlich ausgelegen hatten, gingen nun im Planfeststellungsbüro des LBV in Kiel Einwendungen von privater Seite sowie von sogenannten Trägern öffentlicher Belange ein. Diese werden zurzeit in der LBV-Niederlassung in Lübeck bearbeitet. "Das wird erfahrungsgemäß mehrere Wochen in Anspruch nehmen", sagt Hans-Peter Denker, Mitarbeiter der Anhörungsbehörde für Verkehrsbauvorhaben.

Neben den Stellungnahmen verschiedener Naturschutzverbände und denen der Träger öffentlicher Belange bearbeitet der LBV auch sechs Einwendungen von Privatpersonen. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesen zumindest teilweise um Bürger, deren Grundstücke von dem Verlauf der Trasse direkt betroffen wären.

Nach Informationen der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn hat auch Hammoors Bürgermeister Helmut Drenkhahn eine Einwendung gegen die Planungen erhoben. Auf Nachfrage dieser Zeitung bestätigte Drenkhahn, der der Wählergemeinschaft Hammoor angehört, dass er einen "Verbesserungsvorschlag" gemacht habe. Er und seine Frau forderten demnach an der Kreuzung Kamp/Ahrensburger Straße/Todendorfer Straße eine Abbiegespur sowie eine Ampelanlage.

"Unsere Familie, unsere Mieter, unser Pächter und mehrere Tausend Verkehrsteilnehmer queren diese Kreuzung", schreibt Drenkhahn in einer E-Mail an das Abendblatt. Zu dem Knotenpunkt gebe es mehrere Planvarianten, von denen drei von einer Schließung der Kreuzung ausgingen.

Sinn eines Planfeststellungsverfahrens ist es jedoch, dass eine einzige Variante, die zuvor beschlossen wurde, feststeht. Dass es auch im Fall der Ortsumgehung Hammoor so ist, bestätigt LBV-Leiter Jens Sommerburg. "Es gibt nur eine Planvariante. Diese sieht eine Ampel an der Kreuzung vor." Der von Drenkhahn eingereichte "Verbesserungsvorschlag" entspricht seiner Aussage nach also exakt der ohnehin geplanten Verkehrsführung.

Der Bürgermeister betont, er nehme zu der Abendblatt-Anfrage nur Stellung, um "Fehlinterpretationen entgegenzuwirken". Da die bei der Planfeststellungsbehörde eingereichten Stellungnahmen anonym sind, zeigte sich Drenkhahn nicht erfreut, dass seine Einwendung öffentlich gemacht wird. In der Gemeindevertretung und zumindest in Teilen der Hammoorer Einwohnerschaft ist sie nach Informationen dieser Zeitung ohnehin bekannt.

Zwei Bürgerinitiativen setzen sich in der Gemeinde für den Bau der Trasse ein. Horst Lassen ist Anwohner der Hauptstraße und hat vor 30 Jahren den ersten Antrag auf eine Umgehungsstraße gestellt. Er gibt sich trotz der gestiegenen Kosten zuversichtlich: "Ich gehe davon aus, dass die Planungen nun tatsächlich voranschreiten."

Seit den 80er-Jahren klagen die Hammoorer über den Verkehr auf der Hauptstraße. Rund 13.700 Fahrzeuge fahren täglich auf der Straße, darunter viele Lastwagen, die unter anderem das Aldi-Zentrallager im Bargteheider Gewerbegebiet beliefern oder Ware von dort abholen. Die geplante Trasse soll die Hammoorer Dorfmitte entlasten, indem sie an der Kreisstraße 106 entlang gen Ahrensburg führt und dann auf Höhe des Großhansdorfer Weges abzweigt in Richtung Bargteheide und dort an der Zugangsstraße des Aldi-Zentrallagers endet.

Im Jahr 2025 sollen laut Jens Sommerburg 17.300 Fahrzeuge den südöstlichen Bereich der Trasse nutzen, im nördlichen Bereich könnten es demnach rund 14.700 sein. Das Dorf würde dabei in großem Bogen umfahren. In der Folge würden, so lautet die Prognose des LBV, im Jahr 2025 nur noch etwa 3500 Fahrzeuge am Tag die L 89 nutzen. Dafür soll ein 1,45 Kilometer langer Abschnitt der Kreisstraße ausgebaut werden, und ein 2,45 Kilometer langer Neubau soll entstehen. Mit der Trasse könnte auch die Straße Kamp entlastet werden, an der Anwohner zuletzt auch immer mehr den zunehmenden Verkehr beklagt hatten. Wann es nun tatsächlich losgehen kann mit dem Bau der Trasse, ist derzeit allerdings weiterhin unklar. Der Baubeginn ist abhängig von der Art der Einwendungen, die nun bearbeitet werden.