Warnstreik der Zusteller in Bad Oldesloe. In Ahrensburg und Reinbek gingen sie auf eine ganztägige Betriebsversammlung statt auszutragen

Ahrensburg . Tausende Bürger in Stormarn haben gestern keine Post bekommen. In Bad Oldesloe streikten die nicht-beamteten Zusteller. In Ahrensburg und Reinbek fuhren viele Zusteller zu einer ganztägigen Betriebsversammlung der Deutschen Post in Hamburg statt Briefe und Pakete auszutragen. Das Unternehmen musste den Mitarbeitern die Möglichkeit einräumen, an der Versammlung teilzunehmen. Dies galt allerdings nicht für die Mitarbeiter in Bad Oldesloe, da sie nicht zu einer der beiden Hamburger Niederlassungen zählen, sondern zur Niederlassung Brief Lübeck. Neben der Lohnforderung veranlasste sie die "Überlastung bei der Auslieferung" zu dem Warnstreik , wie einer der Mitarbeiter sagte. Der tägliche Stress sei auch Thema auf der Betriebsversammlung gewesen, wie Thomas Ebeling berichtete. Er ist bei Ver.di Sekretär für den Bereich Postdienste, Speditionen und Logistik im Gebiet Hamburg-Nord.

"Die Bezirke sind zu groß bemessen", sagte ein Postbote aus Bad Oldesloe. Sie hätten sich durch Zusammenlegungen von Zustellungsbereichen ausgeweitet. "Bis zur Hälfte der Touren müssen abgebrochen werden, weil wir es nicht schaffen, alle Sendungen auszutragen." Am nächsten Tag beginne die Tour dann dort, wo sie am vorhergehenden aufhört habe. "Dadurch gibt es Bereiche, wo nur zweimal die Woche Post ausgetragen wird. Das sind dann natürlich immer dicke Packen, die die Leute bekommen." Dies betreffe vor allem Privathaushalte.

"Dabei wird schon vorausgesetzt, dass wir täglich eine Stunde länger arbeiten", sagte der Zusteller weiter. Er beginne seinen Dienst morgens um 6.45 Uhr. Normalerweise habe er gegen 15 Uhr Schluss. "Effektiv bin ich aber bis 16 oder 17 Uhr unterwegs." Die Überstunden würden auf einem Arbeitszeitkonto verbucht und ausbezahlt. "Wir wollen aber lieber Freizeitausgleich." Eigentlich müssten die Mitarbeiter spätestens bei 19,25 Überstunden einen Tag frei bekommen. "Das passiert aber nicht." Die Streikenden forderten mehr Personal und "vernünftig bemessene Austragungsbezirke".

Post-Sprecher Martin Grundler bestreitet, dass die Zustellbezirke zu groß seien. "Grundsätzlich wird gesehen, dass das leistbar ist. Und dafür gibt es klare Bemessungsrichtlinien." Berücksichtigt werde dafür der Anfahrtsweg vom Verteilpunkt zum Bezirk, die Sendungsmenge, die Zahl der Haushalte und die Wegstecke. Dieses "komplexe System" könne aber nicht offengelegt werden, auch nicht am Beispiel eines Bezirks. Die Zustellbereiche seien sehr verschieden und könnten nicht miteinander verglichen werden.

Grundler sagte weiter, die Postboten hätten jetzt außerdem mehr Zeit zum Austragen, da durch technische Neuerungen die Vorbereitungszeit, in der die Post sortiert werde, kürzer geworden sei. "Zudem ist die Gliederung kein statisches Gebilde."

Eine streikende Mitarbeiterin in Bad Oldesloe wirft der Deutschen Post zudem vor, nicht für das größere Paketaufkommen gerüstet zu sein. Dies sei infolge des Internets, über das Lieferungen geordert werden könnten, stark gestiegen. "Dafür braucht man aber auch mehr Lagerraum und entsprechende Fahrzeuge."

Post-Sprecher Grundler gesteht ein, dass die Zunahme von Paketsendungen "sehr anstrengend für die Kollegen ist". Dies sei ein bundesweites Problem, "das nicht von heute auf morgen behoben werden kann". Es seien aber neue mechanisierte Zustellbasen im Bau oder in Planung, durch die die Sortierung und Belieferung beschleunigt würden und die auch ergonomische Gesichtspunkte berücksichtigten. Allerdings ist derzeit keine dieser neuen Basen in Stormarn vorgesehen.

Kritisiert wurde von der streikenden Belegschaft in Bad Oldesloe zudem, dass häufig Zeitverträge geschlossen würden, die auf ein paar Wochen oder wenige Monate befristet seien. "Wenn die neuen Kollegen dann eingearbeitet sind, müssen sie wieder gehen", sagt eine Beschäftigte. "Dann fangen wir, die die anderen anlernen, immer wieder bei Null an", sagte eine Zustellerin.

Postsprecher Grundler entgegnet: "Durch die Zeitarbeit ist versucht worden, aufgrund der vielen Krankheitsfälle infolge der lange anhaltenden winterlichen Kälte für Entlastung zu sorgen." Die Arbeitsverhältnisse könnten nicht alle in dauerhafte Anstellungen übergehen, denn irgendwann kehrten die Mitarbeiter zurück, die krank gewesen seien. "Bei Bedarf und Interesse wird aber schon eingestellt." Für Stormarn gebe es dazu aber keine konkreten Zahlen.

"Die Zusteller arbeiten viel und können nicht verstehen, warum die Deutsche Post kein Angebot vorgelegt hat", sagt Thomas Ebeling von Ver.di. Die Gewerkschaft fordert für die Tarifbeschäftigten sechs Prozent mehr Lohn. Ein Streikender in Bad Oldesloe bezifferte den Bruttolohn eines Zustellers auf rund 2500 Euro.