Spargel kann endlich wachsen – bald werden die ersten Stangen gestochen. Stormarner Landwirte rechnen mit einem Saisonbeginn in zwei Wochen.

Hamberge. Bartolomiej Tenerowicz kniet auf der Erde - inmitten eines elf Hektar großen Spargelfeldes. Um ihn herum: schwarze Planen. Tenerowicz hebt eine vorsichtig an. Dann steckt er ein Thermometer in die Erde. 18 Grad Celsius zeigt das Gerät an, das wie eine große Digitaluhr aussieht. "Heute vor einer Woche waren es nur acht Grad", sagt Tenerowicz. Der 28-Jährige ist Saisonarbeiter aus Polen und arbeitet zum siebten Mal auf dem Spargelhof Beeck in Hamberge. Matthias Beeck, Besitzer des Spargelhofes, ist erleichtert: "Nun kann der Spargel endlich anfangen zu wachsen."

Ihm geht es wie allen 70 Spargelbauern in Schleswig-Holstein. Der Dauerfrost in den zurückliegenden Wochen hat ihnen einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Erst nach Ostern konnten die Landwirte die Dämme auf ihren Spargelfeldern anlegen und mit Folien beziehen. Viel später als normal, ist aus der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein zu hören. Gewöhnlich werde schon Mitte April der erste Spargel verkauft. Dieses Jahr hat die Kammer den offiziellen Beginn auf den 7. Mai gelegt.

Die Bauern müssen sich in Geduld üben und warten. "Bei zehn bis zwölf Grad Celsius beginnt der Spargel, zwischen einem und fünf Zentimeter pro Tag zu wachsen", sagt Beeck. Und das sei bitter nötig. "Jetzt muss das Wetter mitspielen, es muss trocken und sonnig bleiben", sagt er. Dann könne der Spargel vielleicht in zwei Wochen gestochen werden. Aber noch ragt keine einzige Spitze aus der Erde heraus.

Um das Wachstum zu beschleunigen, ist über jede der Dammbahnen eine schwarze Folie gezogen worden. "Das machen wir, um die Wirkung der Sonnenstrahlen zu verstärken, sodass die Temperaturen unter der Plane schneller steigen", sagt Matthias Beeck. Und er kennt noch mehr Tricks: "Wir spannen einen Minitunnel über die Dämme mit den Folien. Auch unter diesem Tunnel erhitzt sich die Luft und wird gespeichert. Das hat einen Gewächshauseffekt. Der Spargel kann dann auch weiter wachsen, wenn keine Sonne scheint."

24 Saisonarbeiter beschäftigt die Familie Beeck jedes Jahr zur Spargelsaison. Zwei von ihnen sind schon seit einer Woche auf dem Hof, um zu helfen. "Wir bereiten die Verkaufsstände vor und spannen die Minitunnel", sagt Bartolomiej Tenerowicz. Er und sein 29 Jahre alter Bruder Zibigniew Tenerowicz kommen aus der Stadt Gorlice, die ungefähr 1000 Kilometer von Hamberge entfernt ist.

Sie sind nur zwei von rund 400 bis 500 Erntehelfern in Stormarn, die jede Spargelsaison aus Polen, Rumänien, aber auch aus Deutschland anreisen, um Spargel zu stechen und zu verkaufen. "Sie bleiben zwischen zwei Wochen und vier Monate", sagt Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes. "Die Arbeitszeiten und Bedingungen richten sich streng nach dem Arbeitsschutzgesetz", sagt Koll.

Acht Euro Stundenlohn bekommen die Helfer auf dem Hof der Beecks. Wer besonders produktiv arbeitet, erhält eine Prämie. Sie arbeiten ungefähr zehn Stunden am Tag. Die Saisonarbeiter wohnen in Containern auf dem Hof. "Wir machen Grillabende und gucken oft zusammen Fußball", erzählt der Landwirt. Ihm sei es wichtig, ein gutes Verhältnis zu seinen Mitarbeitern zu pflegen. "Viele von ihnen arbeiten schon seit vielen Jahren hier."

Die Landwirtschaftskammer rechnet trotz der späten Ernte mit 1600 Tonnen Spargel in Schleswig Holstein. Das sei ungefähr die gleiche Menge wie in der vergangenen Saison. Geschmacklich werde sich der Spargel nicht von der Ernte 2012 unterscheiden. "Ob er spät oder früh gestochen werden kann, ändert nichts an der Qualität", sagt Matthias Beeck.

Allerdings ist Spargel nach einer langen Frostperiode besonders frohwüchsig, wie Experten es nennen. Das heißt: Er sprießt schneller. Doch dafür müssten die Temperaturen nun kontinuierlich bei nicht unter zwölf Grad Celsius liegen, und auch dürfe es nicht so viel regnen.

Auch wenn sie spät beginnt: Enden wird die Spargelzeit traditionell am 24. Juni, auch Johanni genannt. "Denn der Spargel benötigt genügend Zeit, um Nährstoffe für die nächste Saison anzureichern", sagt Thomas Hanf, Spargelexperte bei der Landwirtschaftskammer.

Wer meint, der Kilopreis werde durch die späte Ernte automatisch steigen, irrt. " In jeder Saison schwanken die Preise. Am Anfang muss man immer etwas mehr für ein Kilo bezahlen, weil noch nicht allzu viel Spargel geerntet wurde. In der Mitte der Saison wird der Preis sinken weil es ein höheres Spargelangebot gibt", sagt Thomas Hanf. "Die Kosten werden für die Verbraucher nicht wesentlich höher als in der vergangenen Saison sein."