Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Vertieft in die haarsträubende Lebensbeichte eines ungarischen Hochstaplers und Lügners sitze ich in der U 1, als er kommt, sich mir in den Rücken setzt und unablässig spricht. Im gepressten Missingsch. "Ich hab' 1,8 Millionen Dollars, 40 Muscheln und Fische nur vom Feinsten, verstehst du, und wenn da einer von tot geblieben ist, dann ist Vaddertach!"

Joel Spazierer, der Held in meinem Buch von Michael Köhlmeier, lügt und stiehlt sich durchs Leben. Aber der da in meinem Rücken, dessen Gesicht ich nicht kenne, der nach dem alten Rauch selbst gedrehter Zigaretten riecht, ist das nun wirklich ein geheimnisvoller, steinreicher Fisch-Mogul, der, nachdem ein unbekannter Missetäter seine wertvollen Tropenfische gemeuchelt hat, nun nach Rache dürstet und mit seinem riesigen Vermögen die Hebel des Schicksals in Gang setzen wird?

Nein. "Ich hab' Fläträät, Dicker, und komm nich' ins Netz", nölt er. Eine arme Wurst ist er, der bei einem Zeit und Hirn fressenden Online-Spiel virtuelles Vermögen und Fische besitzt. Geht er nicht online, sterben sie ab. Ich widme mich wieder dem Lügengebäude des Herrn Spazierer. In einem anderen Abteil. Die traurige Realität stört beim Lesen.