Der Rathausplatz soll zum Stadtjubiläum mit Blumen verschönert werden - aber abgesehen davon bleiben, wie er ist. Umbau-Konzepte liegen seit Jahren in der Schublade. Warum holt sie niemand heraus?

Ahrensburg. Wer Geburtstag hat, sollte sich schön machen, von seiner besten Seite zeigen. Insbesondere dann, wenn es ein runder Geburtstag ist. Das, so sieht es die Ahrensburger Stadtverordnete Karen Schmick, gilt auch für Städte - und in Ahrensburg steht ein runder Geburtstag an. 2014 wird gefeiert, dass die Siedlung vor 700 Jahren - damals unter dem Namen Woldenhorn - erstmals urkundlich erwähnt wurde. Grund genug, den Rathausplatz etwas zu verschönern. Und so sammelt die Politikerin der Wählergemeinschaft WAB Spenden bei den Bürgern. Mithilfe des Geldes sollen neue Blumen in die Betonkübel gepflanzt und die Holzbänke erneuert werden. Die Aktion habe bisher eine "gute Resonanz", sagt Schmick.

Der Vorschlag ist nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich dürfte auf Ortsfremde allerdings die Tatsache wirken, dass er der einzige ist, der vor dem Stadtjubiläum diskutiert wird. Denn der Platz ist in der derzeitigen Form ein Schandfleck, das ist unter Bürgern und Politikern weitgehend Konsens. Er sollte vollkommen umgebaut werden, meinen seit Jahren Politiker und Bürger - und Ideen dafür gab es in der Vergangenheit schon viele. Doch am Ende blieb der Platz stets das, was er war: eine graue Betonwüste.

Einer, der einen neuen Anlauf nehmen wollte, ist Bürgermeister Michael Sarach. Bei seinem Amtsantritt im Jahr 2010 machte er den Umbau des Platzes zu seinem Thema und holte die aus zwei Architekturwettbewerben hervorgegangenen Konzepte aus den Jahren 1991 und 2001 wieder aus der Schublade. Sie wurden Ende 2011 im Foyer des Rathauses ausgestellt - und die Bürger durften eine Weile träumen: von Bäumen auf dem Rathausplatz, von einem Teich und einer Wassertreppe, die zum Rathaus führt. Von überdachten Marktständen und einer neuen Halle, einer Skateranlage oder Cafés. Italienisches Flair in der Stadt, die sich immerhin "Hamburgs schöne Nachbarin" nennt. Anfang 2010 hatte der damalige Bauamtsleiter Wilhelm Thiele den Neubau einer Markthalle auf dem Platz erneut ins Spiel gebracht. Weitere Anregungen sollten Studenten der Hafencity-Universität bringen, die Verwaltung ergriff dafür Mitte 2012 die Initiative.

Schließlich die Ahrensburger Bürger: Auch sie durften, im Anschluss an die Ausstellung, Vorschläge einreichen, gesammelt wurden mehr als 60 Zeichnungen und Konzepte. Sie sind, wie die Architekten-Konzepte, noch heute auf der Internetseite der Stadt zu finden. Doch ansonsten hat sich nichts getan. Keine politische Fraktion machte sich eines der Konzepte zu eigen, es gab keine weiterführenden Beschlüsse. Woran liegt es, dass sich nichts bewegt hat?

"Es hat einfach andere Prioritäten gegeben, etwa das Neubaugebiet Erlenhof, die Bebauung des Lindenhof-Parkplatzes und die Nordtangente", sagt Bürgermeister Michael Sarach. Die Umgestaltung des Rathausplatzes, die er nach wie vor anstrebe, sei eben kein "Projekt von heute auf morgen".

Dass es seit 2011 wichtigere Vorhaben gab und bis heute gibt - man hört es auch von Stadtverordneten aller Fraktionen. "Die Neugestaltung des Rathausplatzes hat nicht oberste Priorität. Die Sanierung von Schulen und der Ausbau der Kitas, aber auch Straßensanierungen sind uns wichtiger", sagt etwa Tobias Koch, Vorsitzender der CDU-Fraktion.

Es ist ein Satz, den wohl fast jeder Stadtverordnete unterschreiben würde, die Fraktionsvorsitzenden und zuständigen Sprecher von SPD und Grünen, FDP und WAB äußern sich ganz ähnlich. Groß ist die Einigkeit auch darüber, dass der Platz eigentlich nicht so bleiben kann: "Ich kenne niemanden, der die Fläche so schön findet, wie sie ist", sagt etwa Jörg Hansen (Grüne), Vorsitzender des Bauausschusses.

25 Millionen Euro - das ist die Summe, die wie ein großer Berg jeglicher Veränderung im Weg zu stehen scheint. Es handelt sich nicht um einen Kostenvoranschlag für einen Umbau des Platzes, sondern um den Schuldenstand der Stadt Ahrensburg. Nahezu jeder, der auf die alten Umbaupläne angesprochen wird, verweist darauf: "Die finanziellen Mittel sind zurzeit einfach nicht da", sagt Rafael Haase (SPD), Mitglied des Bauausschusses.

Aber müsste die Stadt für einen neuen Rathausplatz überhaupt in die Tasche greifen? Ließe sich das Projekt nicht mithilfe von Privatinvestoren realisieren? Die Variante wurde immer wieder ins Gespräch gebracht, etwa zur Finanzierung einer Markthalle. Doch bisher blieb auch dieser Vorschlag folgenlos, wie so viele andere. Laut Jörg Hansen liegt es einfach daran, dass das Interesse nicht da ist: "Es hat sich kein Investor gemeldet. So etwas muss sich ja auch rechnen."

Ein weiteres Problem: Der Rathausplatz ist zurzeit in Wahrheit ein Parkplatz. Ein Parkplatz in einer Stadt, in der Stellflächen für Autos Mangelware sind. Wer den Rathausplatz anfasst, muss an anderer Stelle Ersatz schaffen. Tobias Koch ist deshalb ebenfalls skeptisch, was die Erneuerung des Platzes mit privatem Geld anbelangt: "Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass ein Investor die ganzen Kosten tragen wird." Seiner Ansicht nach wird sich erst einmal nichts ändern, zumindest "in den nächsten fünf Jahren" nicht. Für Karen Schmick ist gar "frühestens in zehn Jahren" an einen Umbau zu denken.

Der Beton auf dem Rathausplatz - er ist offenbar langlebig. Doch warum wurden dann überhaupt Visionen von einst aus der Schublade geholt? Und warum eine Ideenwerkstatt für die Bürger, wenn die nur Hoffnungen weckt, die nicht eingelöst werden? Michael Sarach steht zu seinem Vorstoß, immerhin lägen nun Vorschläge "zur weiteren Bearbeitung" bereit. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Bellizzi sieht es anders: Er glaubt, dass die Konzeption der Ideenwerkstatt falsch war und dass das ein Hauptgrund für das Scheitern sämtlicher Ideen ist. "Der Wettbewerb war zu eindimensional. Auch das Rathaus und der Stormarnplatz hätten miteinbezogen werden müssen."

Konkret sieht er den Schlüssel für jede Veränderung des Rathausplatzes im Rathaus selbst, genauer in seinem Abriss. Bellizzi bezieht sich damit auf Planspiele, die einen Abriss des Gebäudes, den Verkauf des Rathausplatzes und auch des Stormarnplatzes vorsehen. Die Radikallösung würde die Möglichkeit einer kompletten Überplanung eröffnen.

Gegen die Umsetzung spricht allerdings einiges: Zum einen will das zuständige Landesamt in Kiel das Rathaus unter Denkmalschutz stellen, mit einem Beschluss rechnet die Verwaltung im Sommer. Zum anderen will eine Mehrheit der Stadtverordneten das Rathaus offenbar behalten. Erst im Januar beschlossen CDU und SPD, eine Million in eine neue Feuertreppe zu investieren. Später sollen fünf weitere Millionen in die weitere Brandschutz-Sanierung gesteckt werden. Zwar läuft nun eine Debatte, weitere Maßnahmen erst einmal aufzuschieben, doch zumindest CDU und SPD scheinen kein Interesse daran zu haben, die Abrissdebatte neu zu beleben. Politiker wie Rafael Haase tun sie als "Unsinn" ab, Tobias Koch sagt, der Neubau eines Rathauses, den die Verwaltung mit elf Millionen Euro beziffert, wäre nicht finanzierbar.

Der Platz wird ihn also einstweilen weiter tragen müssen, seinen grauen Anzug, der zum runden Geburtstag immerhin ein wenig Schmuck fürs Knopfloch bekommt. Wird er am Ende auch zum Denkmal - ob mit Zutun einer Kieler Behörde oder ohne?

Zumindest Michael Sarach gibt sich weiterhin optimistisch, dass das nicht so kommt. Im April 2016 endet seine erste Amtszeit - bis dahin möchte er erreicht haben, dass "sich die Politik auf ein Konzept einigt". Dabei setzt er auch auf die Anregungen der Studenten der Hafencity-Universität: "Ich rechne für Ende April mit Ergebnissen." Vielleicht ist ja tatsächlich ein Plan dabei, der den Knoten durchschlägt - und am Ende ist es die Stadt Hamburg, die ihrer kleinen Nachbarin in Sachen Schönheit auf die Sprünge hilft.