Das Ahrensburger Schöffengericht verurteilt Lütjenseerin zu zwei Jahren und elf Monaten Haft wegen Untreue in 48 Fällen.

Ahrensburg. Stumm und teils mit aufgestütztem Kopf nahm Sabine T. (Name geändert) das Urteil entgegen. Wegen gewerbsmäßiger Untreue in 48 Fällen muss die Präsidentin des Bundesverbands der Unfallopfer in Deutschland für zwei Jahre und elf Monate ins Gefängnis. Das Ahrensburger Schöffengericht unter Vorsitz des Richters Ulf Thiele sah es als erwiesen an, dass die 58-Jährige, die den gemeinnützigen Verein von ihrem Privathaus in Lütjensee aus führt, unrechtmäßig Geld aus der Verbandskasse für ihre Arbeit entnahm. Dies geschah durch Barzahlungen, Verwendungen einer EC-Karte des Vereins sowie monatliche Überweisungen von 2380 Euro auf das Konto ihres damaligen Ehemannes. Das Geld wurde sofort wieder abgebucht.

Richter Thiele betonte in der Begründung, dass jeder noch so kleine Verein seine Einnahmen und Ausgaben prüfen und genau darüber Buch führen müsse. Dies sei bei dem Opferverband nicht geschehen. Thiele: "Es hat eine ungewöhnliche und unzulässige Durchmischung von Privatem und vom Verband gegeben". Die Geldströme seien unübersichtlich geflossen und sollten es wohl auch. Ein Betriebsprüfer des Finanzamts Stormarn, der an einem vorhergehenden Verhandlungstag als Zeuge auftrat, sagte, es habe weder Kassenprüfungen noch Mitgliederversammlungen gegeben.

Am fünften und letzten Verhandlungstag stand vor allem die Glaubwürdigkeit des damaligen Ehemanns der Angeklagten im Mittelpunkt. Der ehemalige Immobilienkaufmann, der auch mehr als zehn Jahre als Zielfahnder beim MEK arbeitete, hatte in seiner ersten Vernehmung behauptet, er habe nie einen Kontoauszug gelesen und daher auch nicht mitbekommen, dass nachweislich Geld auf sein Konto überwiesen und sofort wieder abgebucht worden sei. Auch Mittwoch bestritt er wieder, überhaupt für den Verein tätig gewesen zu sein.

Zuvor hatte ein weiterer Zeuge, der seit 2003 Mitglied des Verbandes ist, allerdings bekundet, bis Anfang 2009 etwa 50- bis 60-mal mit Heinrich T. telefoniert zu haben. Dabei sei es auch um Verbandsangelegenheiten gegangen. Details habe er dann aber mit der Angeklagten besprochen. Der 50-Jährige Rechtsanwalt a. D. aus Mönchengladbach beschrieb Sabine T. zudem als "korrekte Dame". Deshalb habe ihn die Anklage wegen Untreue auch "verblüfft". Wie die Staatsanwältin kam das Gericht dennoch zu dem Schluss, dass die Vergütung, selbst wenn der Ehemann jeden Tag wie von T. behauptet zwei bis drei Stunden für den Verein gearbeitet hätte, unangemessen sei. Belastend wurde zudem gewertet, dass die Angeklagte nach Ansicht des Gerichts nicht zur Aufklärung beigetragen habe.

So habe sie noch während des Prozesses Verbandsbeschlüsse nachträglich zeichnen lassen. Dies war nach Aussage einer Zeugin am 6. März geschehen. Dabei ging es unter anderem um die Anzahlung eines Mini-Cooper Cabrios im Wert von 33.000 Euro, das angeblich als Dienstfahrzeug genutzt wurde. Thiele: "Das ist schon sehr dreist. Das waren nicht ansatzweise tatsächliche Beschlüsse." Dies werfe ein bezeichnendes Licht auf die Angeklagte, die dadurch bewusst einen falschen Eindruck erzeugen wollte. Dementsprechend ging das Gericht auch davon aus, dass Sabine T. die Rechnungen ihres ehemaligen Ehemanns gefälscht hat. Zugute hielt es der Angeklagten, dass sie die Mitglieder des Unfallopferverbandes nicht schädigen wollte und sich tatsächlich engagierte. Das bestritt auch die Staatsanwaltschaft nicht.

Sabine T. war bereits 2008 wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Sie hatte illegale Strebehilfemittel aus der Schweiz besorgt, um möglicherweise an ein Erbe zu gelangen. Den Auflagen, die eine Zahlung von 10.000 Euro an ein Hospiz vorsahen, war sie nicht nachgekommen, hatte nur gut 5.000 Euro gezahlt.

Mit dem Urteil blieb das Gericht nahe an der Forderung der Staatsanwaltschaft, die durch die Vergehen auch die Vertrauenswürdigkeit von gemeinnützigen Organisationen im Allgemeinen beschädigt sieht. Die Verteidiger hatten hingegen auf Freispruch plädiert. Bei den Entnahmen aus der Kasse habe es sich um sogenannte Aktivaustäusche gehandelt. Das Geld sei also wieder in die Kasse zurückgezahlt und dem Verband kein Vermögen entzogen worden. Des Weiteren hielten sie den Ex-Mann der Angeklagten nicht für glaubwürdig und die Anschaffung des Cabrios für notwendig. Innerhalb einer Woche können Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt werden.