Papst Franziskus I. ist authentisch. Ihm, der einem Armutsideal anhängt, könnte es gelingen, die Katholische Kirche zu einer Neudefinition ihres Zentrums zu führen: Jesus Christus

Die Katholische Kirche hat einen neuen Papst. Auch für uns als katholisches Krankenhaus ist dies eine Entscheidung von weitreichender Programmatik. Die Erwartungshaltungen an Franziskus innerhalb und außerhalb unserer Kirche sind schier übermenschlich. Das Papstamt aber ist nicht dafür da, Erwartungen zu erfüllen, sondern in Verantwortung vor Gott und für den Menschen wahrgenommen zu werden.

Nehmen wir uns also mit unseren eigenen Ansprüchen und Erwartungen nicht so wichtig, begleiten wir Franziskus im Gebet und wünschen wir ihm den Schutz und Segen Gottes. Erhalten wir uns besser die Sensibilität für die feinen Zwischentöne und jene Zeichen, die Franziskus schon gesetzt hat: Franziskus ist Ordensmann. Auch das St. Adolf-Stift ist gegründet und geprägt durch Ordensfrauen. Stets haben die Orden Fehlleitungen in Glauben und Gesellschaft korrigiert. Die Gründung der Benediktiner setzt den Kontrapunkt zum Niedergang der einzigen Ordnungsmacht Europas, des Römischen Reiches. Die Bettelorden des Hochmittelalters sind die religiöse Antwort auf Feudalismus, Verweltlichung und Simonie. Die mildtätigen Orden des 19. Jahrhunderts greifen die sozialen Nöte des Industriezeitalters auf.

Immer wieder sind die Orden Leuchttürme christlichen Glaubens und Handelns nah bei den Menschen. Papst Franziskus ist Jesuit und steht seit mehr als 50 Jahren für diese Ordensprägung.

Der neue Papst stammt aus Südamerika. In Süd- und Mittelamerika leben mit 500 Millionen die meisten der weltweit 1,2 Milliarden Katholiken. In ganz Amerika leben doppelt so viele Katholiken wie in Europa, und während hier ihre Zahl zurückgeht, hat sie sich in Afrika fast verdreifacht. Zwei Drittel der Katholiken leben heute in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dies wird mit Franziskus die in der Weltkirche diskutierten Themen auf der Bedeutungsskala verschieben. Wird Franziskus die gleiche epochale Bedeutung für Südamerika erlangen, wie sie Johannes Paul II. bei der Befreiung vom Kommunismus für Europa erlangte?

Franziskus ist authentisch. Dass er als Erzbischof von Buenos Aires in einer einfachen Wohnung lebte, regelmäßig U-Bahn fuhr und sich selbst bekochte, waren keine sympathieheischenden PR-Strategien. Nach seiner Papstwahl trägt er das schlichte Eisenkreuz und schwarze Schnürschuhe weiter, ruft seine Mit-Kardinäle auf die Balkone von St. Peter, betet dort erst einmal ein Vaterunser und das Ave Maria, fährt im Bus zum Abendessen, räumt sein Zimmer auf und zahlt die Hotelrechnung. Kaiser, Könige oder Päpste haben früher vielleicht eine dieser Gesten getan - Franziskus tut sie allesamt miteinander, weil sie für ihn keine Gesten sind, sondern weil er eben so ist! Zeichen der Glaubwürdigkeit, Hinwendung zur Schlichtheit, die Botschaft steht im Zentrum, nicht der Bote.

Schließlich der Name, Franziskus, ein Ordensgründer - natürlich! Als ein Krankenhaus der Elisabeth-Schwestern, noch dazu unter dem Namenspatronat des heiligen Bischof Adolf von Osnabrück, sind wir dem Namensträger des heiligen Franziskus in Rom besonders verbunden: Franz von Assisi (1181/82 bis 1226), Elisabeth von Thüringen (1207 bis 1231) und Adolf von Osnabrück (1185 bis 1224) waren Zeitgenossen und standen für eine direkte Anwendung des Evangeliums, für die Verkündigung in einem neuen Armutsideal der Vita Apostolica. Fast wäre man versucht, zu glauben, dass das theologische Wort Benedikts XVI. von seinem letzten Deutschland-Aufenthalt über die "Entweltlichung der Kirche" in Papst Franziskus seine personalisierte Entsprechung gefunden hätte. So können die Werke der Barmherzigkeit in ihrer Ursprünglichkeit sine glossa zentrale Inhalte werden. Entweltlichung ist nicht nur der Abwurf unnötigen Ballastes, sondern vor allem die Neudefinition des Zentrums: Und dieses Zentrum ist in unserer Kirche Jesus Christus allein.

Papst Franziskus hat eines der anspruchsvollsten Ämter der Welt übernommen. Es kann eine gute Zeit werden: Je ärmer umso reicher die Frucht, je kleiner umso größer die Bedeutung, je schnörkelloser umso direkter die Hinwendung zu den Menschen. Wünschen wir ihm eine glückliche Hand.