Hohe Arbeitslosigkeit im Süden. Pflegeheim stellt fünf Fachkräfte ein, die in ihrer Heimat kaum Berufschancen haben. Beide Seiten profitieren.

Ahrensburg. Mit der Verständigung hapert es noch ein bisschen, auch wenn es Gert Ottmüller auf Englisch versucht. Doch eine gewisse Sympathie für die neue Pflegekraft aus Spanien ist dem 85 Jahre alten Bewohner des Pflegeheims Domicil in Ahrensburg schon anzumerken. Die 24 Jahre alte Elena Guallart del Val ist erst seit wenigen Tagen in Deutschland und scherzt dennoch bereits mit Ottmüller, als würden sich beide schon länger kennen.

Elena und ihre Landsleute Silvia Toyos Caseres, Diana Kazmierczak Llinas, Marta Llorente Beltran und Alvaro Martin Lopez arbeiten ab sofort im Domicil an der Hamburger Straße als Pflegehelfer. Damit es bald auch mit der Verständigung besser klappt, büffeln alle bis auf Caseres ab Montag täglich mehr als drei Stunden Deutsch für Anfänger. Die 42 Jahre alte Caseres hat bereits einen Sprachkursus in Spanien absolviert und übersetzt für ihre Landsleute. In ihrer Heimat haben die fünf Fachkräfte derzeit keine berufliche Perspektive. "Ich habe zuletzt als Sozialarbeiterin arbeiten müssen", sagt Caseres. "Die Pfleger haben derzeit in Spanien einen deutlich stressigeren Job als hier", so die 42-Jährige.

Die Situation auf dem spanischen und dem deutschen Arbeitsmarkt könnte kaum unterschiedlicher sein. Im Süden herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit, viele Pflegeeinrichtungen werden geschlossen. Im Norden fehlt es an Fachkräften an allen Ecken und Enden. "Gerade der Mangel an examinierten Pflegekräften ist bei uns sehr groß", sagt Klaus Faust, Geschäftsführer operative Aufgaben der Arbeitsagentur Bad Oldesloe. Eine Ursache sei der demografische Wandel. Immer mehr Menschen werden in Pflegeeinrichtungen betreut. "Eine weitere ist sicherlich auch, dass die Bereitschaft junger Menschen abgenommen hat, sich auf einen Beruf einzulassen, in dem man auch mit Leid und Tod konfrontiert ist", so Faust.

Auch das Domicil in Ahrensburg spürt diesen Mangel. "Wir haben eine gute Nachfrage bei der Belegung, können aber die Pflege nicht liefern", sagt Maren Brickwedel, Leiterin der Einrichtung. Eigentlich sei in ihrem Hause für 159 Bewohner Platz, doch könnten derzeit nur 75 Pflegebedürftige betreut werden. "Wir haben es mit höheren Gehältern und anderen besonderen Anreizen versucht. Doch das hat nichts mehr gebracht", so Brickwedel. Daher habe sie die Agentur AVI im baden-württembergischen Lörrach engagiert, die sich auf die Vermittlung von Pflegefachkräften aus Ungarn, Rumänien und Spanien spezialisiert hat.

Bereits im November begannen daraufhin drei Spanier in Ahrensburg. Brickwedel: "Die Spanier wollen arbeiten. Da habe ich mit Deutschen leider auch andere Erfahrungen machen müssen." Einige machten krank, wenn sie Wochenenddienst leisten sollten, so die 37-Jährige. "Ich muss hier eine verlässliche Besetzung haben. Die Mitarbeiter müssen Freude an der Arbeit haben", sagt sie. Daher würde sie am liebsten mit festem Personal arbeiten. "Wir sind derzeit aber einfach auch auf Zeitarbeitsfirmen und Freiberufler angewiesen", so Brickwedel. "Aber mit den fünf Spaniern machen wir wieder einen Schritt in die gewünschte Richtung." Sie hätten alle eine unbefristete Stelle, so die Einrichtungsleiterin. Als Pflegehelfer verdienen sie derzeit 1560 Euro brutto pro Monat bei einer 40-Stunden-Woche - der Mindestlohn. Wenn sie nach sechs Monaten ihre Anerkennung als diplomierte Pflegekräfte erhalten haben, könnten sie ihr Gehalt dann frei verhandeln, so Brickwedel.

Derzeit wohnen die neuen Mitarbeiter noch im dritten Stock des Pflegeheims. Bald sollen sie jedoch eigene Wohnungen in der Nähe beziehen. "Auch ein deutsches Bankkonto haben sie bereits und sind bei der Krankenkasse angemeldet", so Brickwedel. Bei diesen Formalitäten hilft ihnen die Agentur AVI."Wir betreuen die ausländischen Mitarbeiter, bis sie nach sechs Monaten Probezeit ihre Anerkennung als Pfleger erhalten", sagt Klara Frenzel, Geschäftsführerin und Mitinhaberin der Agentur. Die Kandidaten würden in einem längeren Prozess ausgewählt. "Die Unternehmen geben uns Stellenprofile", erläutert Frenzel. "Im Monat vermitteln wir zwischen zehn und 20 Mitarbeiter", so Frenzel. Häufig höre sie zu den Motivationsgründen der Bewerber, dass sie gern in ihrem erlernten Beruf arbeiten möchten.

"Die Spanier haben in den ersten Gesprächen oft die klassischen Vorbehalte: Deutschland sei dunkel, kalt und die Mentalität der Menschen unterkühlt", so Frenzel. Diese Klischees seien aber meist schon nach wenigen Tagen ausgeräumt. Gegen aufkommendes Heimweh helfen laut Frenzel häufig kostenlose Telefonate übers Internet. So bleibt auch Elena Guallart del Val mit Familie und Freunden in Verbindung.