Serie: Jeden Sonnabend stellen wir einen Verein und dessen Mitglieder vor. Heute: der Tierschutzverein Vier Hufe & Co

Einträchtig stehen Finchen und Patina nebeneinander. Ab und an schauen die beiden Pferde einander an, beschnuppern einander. Als Finchen davontrabt, kommt Patina hinterher. Die beiden Pferde pflegen eine echte Tierfreundschaft und können ein glückliches Leben führen. Das war nicht immer so: In früheren Zeiten wurden sie von ihren Besitzern vernachlässigt, waren krank. Bis sie vom Trittauer Tierschutzverein Vier Hufe & Co gerettet wurden. Nun leben sie als zwei von derzeit zwölf Pferden auf dem sogenannte Hof der glücklichen Pferde in Trittau.

Dort bekommen misshandelte und vernachlässigte Pferde Futter, Pflege, Auslauf, Ruhe und Zuwendung. Der Hof an der Straße Trittauerfeld gehört dem Ehepaar Nicol und Roger Hufnagel. Es hat den Verein Vier Hufe & Co mit Nicol Hufnagel als Vorsitzender gegründet. Er hat bislang rund 300 Pferden geholfen und den meisten von ihnen dadurch das Leben gerettet.

Stute Finchen war nur noch Haut und Knochen, bevor sie gerettet wurde

So wie Finchen und Patina. Die 24 Jahre alte Mecklenburger-Stute Finchen kommt aus einem Reitstall in Hamburg. "Sie bestand nur noch aus Haut und Knochen", erinnert sich Nicol Hufnagel. "Ihre Gebärmutter und die Euter waren entzündet, dazu kamen Zahnschäden. Wir haben sie wieder aufgepäppelt." Sie und der Verein erfuhren durch einen Augenzeugen, der die abgemagerte Finchen auf der Weide gesehen hatte, vom Schicksal des Pferdes. Der Verein nahm Kontakt zum Besitzer auf und konnte die Stute für 200 Euro "freikaufen". Gegen den Besitzer erstattete der Verein später eine Strafanzeige.

Finchens Freundin Patina war es bei ihrem früheren Besitzer nicht viel besser ergangen. "Sie wurde als Gebärmaschine missbraucht", erzählt Nicol Hufnagel, die durch ein Inserat auf Patina aufmerksam wurde. Auch die Hannoveraner-Zuchtstute war verwahrlost und hatte unter anderem Entzündungen, weggebrochene Hufe und einen verklebten Schweif. Vier Hufe & Co kaufte sie und rettete sie vor dem Schlachter. Mitglieder des Vereins brachten sie vergangenen Dezember in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von Aurich nach Trittau.

Gerettet wurde auch Herr Hummel. Roger Hufnagel entdeckte das 29 Jahre alte Pferd in einem Ausflugslokal bei Koblenz, wo Besucher 25 Jahre lang auf ihm geritten waren. "Er war abgemagert und hatte Zahnschäden", sagt Hufnagel, der Herrn Hummel kaufte und mitnahm. Nun verbringt das Tier auf den Weiden in Trittau seinen Lebensabend. Dort steht auch der 16 Jahre alte Hannoveraner Rasputin. Nicol Hufnagel hatte ihn im Internet bei den Kleinanzeigen entdeckt. Seine Halterin wollte ihn verkaufen, weil das Dressurpferd eine Schiefstellung der Hufe hat.

Von Pferden in Not erfahren Roger und Nicol Hufnagel und ihr Verein durch die Tierschutzorganisation Peta, durch Behörden und oft durch Hinweise von anderen Tierfreunden. "Wir bekommen mittlerweile Anrufe auch aus der Schweiz und Österreich", sagt Nicol Hufnagel. Solche Fälle werden an Peta weitergeleitet, die Hufnagels wollen vor allem Norddeutschland, Berlin und Brandenburg abdecken.

"Wir versuchen immer, zuerst mit den Besitzern zu reden", sagt Roger Hufnagel, "wir wollen erreichen, dass sie von sich aus die Haltung verbessern, bieten Hilfe an." Wenn die Bemühungen keinen Erfolg haben, werden die Behörden eingeschaltet: Veterinärämter, Tierärzte, Ordnungsämter. "Und wenn es sein muss, gehen wir auch an die Öffentlichkeit", sagt Hufnagel.

In extremen Tierschutzfällen geht der Verein an die Öffentlichkeit

So wurde Pferd Felix nach einem Bericht des Fernsehsenders Sat.1 gerettet. Die Besitzerin hatte ihn und andere Pferde nicht mehr versorgt. "Leider hatte sich der Amtstierarzt sehr stur verhalten und wollte nichts unternehmen", sagt Roger Hufnagel. Mithilfe von Peta-Aktivisten und des Fernsehens gelang es, die Besitzerin dazu zu bewegen, fünf Pferde herauszugeben. "Felix war offensichtlich geschlagen worden", berichtet Hufnagel. Dank des Vereins Vier Hufe & Co konnte er auf dem Trittauer Hof noch eine schöne Zeit verbringen, bevor er dort starb. Für ihn und zwei andere auf dem Hof gestorbene Pferde gibt es drei Gedenksteine mit ihren Namen.

Gerettete Tiere kommen entweder nach Trittau oder in die Obhut von ausgewählten Pflegeställen. Bei den Pflegestellen bleiben die Pferde, bis sie an neue Halter vermittelt werden können. "Die neuen Besitzer werden von uns streng geprüft, ob sie eine artgerechte Haltung bieten", sagt Roger Hufnagel. Spezielle Verträge sehen Kontrollen vor, die Pferde können im Notfall wieder zurückgeholt werden.

Die Mitglieder helfen bei der Pflege der Pferde in Trittau tatkräftig mit

Zu denen, die sich im Verein für den Tierschutz engagieren, gehören auch Anja Roschkowski und Claudia Pertenbreiter. Sie helfen etwa mit, wenn Pferde durch den Verein aus schlimmen Verhältnissen weggebracht werden. "Ich kontrolliere danach auch, ob bei den Pflegestellen alles in Ordnung ist", berichtet Anja Roschkowski. Sie und Claudia Pertenbreiter sind immer wieder entsetzt, wie manche Pferde gehalten werden. "Es ist unbegreiflich, wie manche Besitzer mit ihren Pferden umgehen", sagt Claudia Pertenbreiter. Die Brunstorferin, selbst Pferdebesitzerin, vermutet, dass viele neue Pferdehalter unterschätzen, wie viel Arbeit die Tiere machen. "Und bei der Anschaffung ist ihnen nicht klar, dass der Unterhalt sehr teuer ist."

Um die tägliche Pflege der Tiere auf dem Hof der glücklichen Pferde kümmern sich vor allem Pferdepfleger Reimis aus Litauen und der Nachwuchs des Vereins. So kommen sonntags etwa die 13 Jahre alte Lea Brinckmann aus Trittau und die 14 Jahre alte Lea Schrader aus Stapelfeld vorbei, um die Pferde zu füttern, zu putzen und auszuführen. Lea Brinckmann: "Ich mag an Pferden vor allem die ausdrucksstarken Augen. Pferde sind einfach beeindruckende Tiere."

Online: Alle Folgen der Serie finden Sie unter www.abendblatt.de/meinverein