Angeklagter wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen zu Bewährungsstrafe und gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Ahrensburg. Der ehemalige Pflegehelfer Ronny M., 30, ist am Donnerstag vom Schöffengericht Ahrensburg wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Außerdem muss M. 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Gekleidet in einen grauen Pullover mit schwarzen Streifen, streitet der Angeklagte zuvor bei seiner Vernehmung mit ruhiger Stimme nahezu alle Vorwürfe ab. Nein, er habe dem Geschädigten weder auf die Brustwarzen noch auf den Brustkorb gedrückt oder sich gar auf dieses Körperteil gesetzt. Auch habe er ihm nicht mit einer sogenannten Blasenspritze Wasser in den Mund gespritzt, ihm nicht unter die Binde gegriffen, ihm keine nasse Windel übers Gesicht gezogen, ihm keinen Strumpf in den Mund gesteckt.

Er gibt lediglich zu, ihm einmal für zwei bis drei Sekunden ein Pflaster über den Mund geklebt zu haben, weil der Bewohner ihn wieder einmal beschimpft habe. Und er räumt ein, den beinamputierten Mann, der Pflegestufe II hatte, beim Mobilisieren, also beim Umsetzen vom Bett in einen Rollstuhl, möglicherweise unbeabsichtigt in Höhe des Knies gedrückt und ihm somit Schmerzen zugefügt zu haben.

In Gang gebracht hatte M. den Prozess unfreiwillig selbst, nachdem er vor rund vier Jahren eine Klage wegen übler Nachrede gegen einen Kunden der Tankstelle in Bad Oldesloe eingereicht hatte, bei der er damals arbeitete. Der Kunde hatte sich damals über M.s Arbeit in einem Oldesloer Altenheim "beschwert", wie sich M. vor Gericht ausdrückt. Es ist die Pflege- und Betreuungseinrichtung, in der M. von 2002 bis 2004 als Pflegehelfer beschäftigt war und in der es zu den Übergriffen gekommen sein soll. Die Polizei ging aufgrund der Klage dem Fall nach und stellte fest, dass M. im Juli 2004 dort fristlos entlassen wurde, weil ihm vorgeworfen worden war, einen Bewohner misshandelt zu haben. Die Ermittlungen führten schließlich zur Anklage von Amts wegen. Da M. zwischenzeitlich unbekannt verzogen war, dauerte es neun Jahre, ihn auch vor Gericht zu bringen. Erst durch eine Polizeikontrolle in Kiel, wo der Hartz -VI-Empfänger heute lebt, wurde er im vergangenen Jahr zufällig aufgespürt.

Für den Richter Ulf Thiele ist es nicht leicht, rund neun Jahre später die Vorfälle zu klären. Oft muss er bei der Vernehmung des Angeklagten Formulierungen wie "wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe" hören. Zudem ist der geschädigte Bewohner inzwischen verstorben. Es gibt nur Aufzeichnungen seiner Vorwürfe, die das Heim 2004 notierte, und seiner polizeilichen Aussage fünf Jahre später, als er aufgrund einer Krebserkrankung nur noch schriftlich oder durch Kopfbewegungen antwortete. Staatsanwalt Jan Suhr: "Die Beweislage ist nicht ganz unproblematisch."

Immerhin aber macht M. doch soviel deutlich: Für durchschnittlich rund 1250 Euro monatlich verrichtete er eine oft stressige Arbeit. So hätten etwa innerhalb von zwei Stunden am Morgen bis zu zehn Bewohner mit einer Vollkörperpflege versorgt und ihnen das Frühstück gereicht werden müssen. Und es wird auch deutlich, dass das Verhältnis zwischen M. und dem Bewohner sich mit der Zeit verschlechterte. M. schildert ihn als etwas zerstreut, undankbar und launisch.

Eine Zeugin, die heute noch als Altenpflegehelferin in der Einrichtung arbeitet, behauptet, der Bewohner sei damals keinesfalls dement gewesen und habe sich ihr gegenüber nicht so aufgeführt. Auch habe er Angst vor M. gehabt. Bei ihr hatte sich der Behinderte über die Misshandlungen beklagt, woraufhin sie ihrer Vorgesetzten davon berichtet hatte, die dann die Heimleitung informierte, die M. dann fristlos entließ.

Insbesondere ihre Aussage hält das Schöffengericht für überzeugend und spricht M. daher in fünf Punkten schuldig. Neben dem gestandenen Vorfall mit dem Pflaster sind dies das Drücken der Brustwarzen und das Setzen auf die Brust. Zudem hält es das Gericht für erwiesen, dass M. dem Bewohner mit einer feuchten Windel übers Gesicht gefahren ist und ihm einen Strumpf in den Mund gesteckt hat. Richter Thiele machte deutlich, dass es sich bei den Heimbewohnern um Schutzbefohlene handele und sich M. nicht dementsprechend verhalten habe. Positiv für den Angeklagten wurde gewertet, dass er ein Teilgeständnis abgelegt hat, nicht vorbestraft ist, damals noch ein junger Erwachsener war und die körperlichen Folgen für den Bewohner gering waren.