Schuldenberater beobachten, dass viele Jugendliche schon mit Alltagsdingen überfordert sind - wie dem Sortieren von Unterlagen.

Bad Oldesloe. Das Team der Schuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Stormarn beobachtet, dass immer mehr Menschen mit großen finanziellen Sorgen auch vielfältige andere Probleme haben. "Bei einem Drogensüchtigen ist es zum Beispiel nicht sinnvoll, eine Schuldenberatung zu machen", sagt Berater Siegward Derlin. "Zunächst muss er mit Hilfe von Ärzten oder Therapeuten seine Sucht in den Griff bekommen."

Derlin und seine Kollegen arbeiten deshalb eng mit sozialen Diensten im Kreis Stormarn zusammen. Neben Suchterkrankungen kommen immer wieder auch psychische Krankheiten und ungeregelte Unterhaltsfragen zur Sprache. Auch in diesen Fällen werden die Ratsuchenden an Hilfsangebote anderer Stellen in Stormarn vermittelt. Derlin: "Generell gilt: Es ist immer wichtig, zunächst die Ursache für die Probleme herauszufinden und, wenn möglich, zu beseitigen. Danach können wir mit den Schulden helfen."

Im vergangenen Jahr waren die meisten Menschen, die sich an die Beratungsstelle wandten, zwischen 41 und 55 Jahre alt. Finanzielle Schwierigkeiten bei Erwachsenen entstehen vor allem durch Scheidungen, Krankheiten oder Arbeitslosigkeit. "Aber es gibt auch große Probleme bei Jugendlichen", sagt Siegward Derlin. Das zeige sich besonders deutlich in den Jobcentern. Seit Anfang 2011 ist die Awo-Beratungsstelle eingebunden in das mit Geld des Kreises geförderte Projekt "Wege suchen - Wege finden/Schuldner- und Insolvenzberatung" (WEFI III).

Seitdem gibt es in den Jobcenter-Standorten Bad Oldesloe und Ahrensburg einmal pro Woche eine Schuldnerberatung für Empfänger von Arbeitslosengeld II. "Ziel ist es, durch einen unkomplizierten Erstkontakt Hemmungen abzubauen", sagt Derlin. So könne ein Einstieg in die weiterführende Hilfe der Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle geboten werden. 89 Menschen konnten so im vergangenen Jahr beraten werden. Ein Großteil der Kunden - besonders die unter 25-Jährigen - brauche zunächst elementarere Beratung, bevor mit der Schuldenregulierung begonnen werden kann. Vielen sei nicht klar, wie ein Haushalt geführt werde und wie mit Außenstehenden, etwa Vermietern und Energie-Anbietern, kommuniziert werde.

"Teilweise können sich die Jugendlichen nicht vorstellen, wie sie ihre Unterlagen sinnvoll sortieren können oder dass es hilfreich sein könnte, einen Übersichtsplan über Ausgaben zu erstellen", sagt Siegward Derlin. Die Hauptprobleme kämen bei jungen Leuten durch Handys und das Internet. "Gerade das Problem mit Handys ist ganz, ganz schlimm", sagt Derlin. "Viele Jugendliche sind handyverliebt und wollen immer das neueste Modell. Dann schließen sie einen Vertrag ab und übersehen dabei die Laufzeit. 40 Euro im Monat klingt zwar nach nicht allzu viel Geld. Aber wenn man das über zwei Jahre zahlen muss, läppert es sich." Er empfiehlt, erst den Gesamtbetrag auszurechnen und dann zu überlegen, ob man es sich leisten kann. Außerdem sollte man nie Verträge abschließen, die man nicht erfüllen könne. "Das klingt für viele nach einer Selbstverständlichkeit. Aber das ist es eben für einige nicht. Oft ist es so, dass schon die Eltern nicht gut mit Geld umgehen können. Und woher sollen es die Jugendlichen können, wenn es nicht vorgelebt wird?", sagt Derlin.

Ähnlich sei es mit dem Internet. "Man kann mit wenigen Klicks alles Mögliche kaufen, aber man muss es sich eben auch leisten können."

In ihrem 26-jährigen Bestehen registrierte die Schuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt 9534 Anfragen von Familien und Einzelpersonen sowie Gewerbetreibenden in wirtschaftlicher Not. Daraus resultierten 1987 Betreuungen. "Einigen Kunden ist bereits mit dem Ersttermin geholfen, etwa weil sie wissen wollen, wie sie mit der drohenden Pfändung umgehen sollen", sagt Siegward Derlin.

Im vergangenen Jahr gab es 514 dieser Ersttermine, die meisten Hilfegesuche kamen aus Bad Oldesloe (124) und Ahrensburg (86). Längerfristig betreut wurden im Vorjahr 119 Menschen. Die durchschnittliche Höhe der Schulden lag bei knapp 40.000 Euro. Die Schuldenlast ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, die Gesamtzahl der Ratsuchenden aber ist etwas zurückgegangen. 2011 wandten sich 548 Menschen an die Beratungsstelle, 141 kamen über einen längeren Zeitraum.

Die Awo-Beratungsstelle bietet kostenlose Schuldner- und Insolvenzberatung sowie Prävention. Finanziert wird dieses vom Land und vom Kreis. "Wir haben eine Sozialpädagogin sowie eine Kollegin, die wie ich aus dem Bankwesen kommt", sagt Derlin. So kenne sich das Team sehr gut mit Vertragsrecht aus.