Eine Glosse von Rainer Burmeister

"Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte. Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land." Haben Sie auch in der Schule diese Verse von Eduard Mörike auswendig gelernt? Der meteorologische Frühling hat ja begonnen. Da passt es doch, sich dieses Reimes zu erinnern.

Mit den süßen, wohlbekannten Düften hat der schwäbische Dichter allerdings gewiss etwas anderes gemeint, als das, was ich in Tagen wie diesen wahrnehme. Ob in Reinbek, Glinde, Ahrensburg, Bargteheide oder Bad Oldesloe, überall liegen die aromatischen Gerüche in der Luft, sobald der Frost aus dem Boden gewichen ist. Was mir, von östlichen Winden bewegt, in die Nase dringt, ist jedoch etwas handfester in der Duftnote als das zarte Frühlingserwachen. Die süß-säuerliche Abmischung macht in Sekundenschnelle die Atemwege frei. Wer schon länger in der Region lebt, weiß, dass die durchdringenden Ausdünstungen ein Gruß von der Landwirtschaft sind.

"Mich dünkt, es wird gedüngt", hätte Mörike wohl gesagt. Eigentlich ist es ja ein gutes Zeichen, dass die Bauern trotz aller Chemie noch auf die guten alten Viehfäkalien zurückgreifen, um ihre Felder fit zu machen. Wenn ich so richtig tief einatme, hat diese Brise Landluft sogar einen gewissen nasal-amourösen Reiz. Echt dufte! Vermutlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Parfümindustrie die ersten güllegestützten Herren-Duftwässerchen auf den Markt bringt. Für die Markennamen "Farmers best choice" und "Hülli-Gülli" beantrage ich schon mal Urheberschutz.