Bank-Geheimnisse: Wir treffen Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Clemens Rasch ist Kantor und zudem auch Anwalt für Urheberrecht.

Großhansdorf. Nur fünf Minuten zu Fuß. Und schon ist Clemens Rasch an der Schmalenbecker Auferstehungskirche - an seinem Arbeitsplatz. Für manche wäre das definitiv zu dicht. "Mich stört das nicht. Im Gegenteil", sagt er. "Außerdem habe ich ja zwei Berufe." Stimmt. Zwei, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Der 54-Jährige ist Kantor und zugleich so etwas wie ein Kommissar. Während er für den ersten Job deutlich vernehmbar in die Tasten greift, kommt er bei seiner Jagd nach Verbrechern ohne Tatütata aus. Pardon gibt es dennoch nicht. Wer illegal Musik anbietet oder herunterlädt, dem ist der Großhansdorfer auf den Fersen.

So ein Doppelleben kann ganz schön anstrengend sein, aber auch erfolgreich. Rasch liefert den Beweis. Seit einer kleinen Ewigkeit schafft er schon den beruflichen Spagat. Als Anwalt für Urheberrecht hat er sich vor zehn Jahren sogar selbstständig gemacht und führt eine Kanzlei von mittlerweile 40 Kollegen. Und an der Auferstehungskirche sind seine Dienste als Kantor gefragt: Er spielt Orgel, gibt Konzerte, leitet das Kammerorchester und eine starke Kantorei - und das seit 25 Jahren.

Für das Jubiläumskonzert am Sonnabend, 2. März, 18 Uhr, hat Rasch das Mozart-Requiem ausgewählt. Nicht gerade ein Werk voller Jubelchöre. "Es ist Passionszeit. Und es war das erste Werk, das ich in Großhansdorf mit der Kantorei aufgeführt habe. So schließt sich der Kreis." Und damit der wirklich schön rund ist, hat der Kantor ein bisschen geschummelt und einen Kantaten-Gottesdienst dazwischen geschoben. So kann er sein Dienstjubiläum mit der 250. Schmalenbecker Abendmusik feiern, eine Konzertreihe, die er gleich zu Beginn ins Leben gerufen hatte.

Er ging damals ohnehin forsch ans Werk. Sich als 29 Jahre alter Musikstudent im dritten Semester ans Mozart-Requiem heranzutrauen, war gewagt. "Es war so eine Art Hochstapelei. Ein Lotteriespiel", sagt Rasch heute. "Aber es war richtig. Ich musste dem Chor etwas bieten, um ihn zu gewinnen."

Es hat funktioniert. 40 Sänger waren es am Anfang. 60 sind es jetzt. "Und die Aufführung damals war völlig in Ordnung. Ich habe mir kürzlich die Kassette noch einmal angehört", sagt der Kantor und schmunzelt. "Ich war ganz schön schnell." Hohes Tempo beim Dirigieren, hohes Tempo beim Einstieg in seinen Beruf. Dabei wusste er nicht, ob überhaupt etwas draus werden konnte.

Vor 25 Jahren war noch alles in Bewegung, vor allem der junge Student, der mit dem ersten juristischen Staatsexamen in der Tasche in Lübeck Kirchenmusik studierte, dann in Hamburg sein Referendariat als Jurist anfing und während der ganzen Zeit in Großhansdorf arbeitete. "Es war immer mein Wunsch, das alles miteinander zu verbinden", sagt der 54-Jährige, der nebenbei auch noch eine Familie gründete und nun Vater von drei Kindern ist. Seine Frau Ulrike ist Flötistin. Klar, dass auch gemeinsam musiziert wird.

Wie er das alles unter einen Hut gebracht hat? "Wenn man etwas möchte, muss man es ausprobieren. Wenn es dann funktioniert, ist es wunderbar", sagt Rasch. Das klingt entspannt. Und mit diesem Zutrauen klappte auch er riskante Start mit Mozart. Aber der Mann mit den zwei Berufen weiß, dass etwas Glück dazugehört.

"Es hat funktioniert, weil ich einen tollen Kollegenkreis habe. Und weil der Kontakt zu den Pastoren immer gut geklappt hat." Bei so viel Teamgeist konnte er Stück für Stück seiner kirchlichen Arbeit auf andere Schultern verteilen, um neben dem Orgeln und Dirigieren auf Verbrecherjagd gehen zu können. Die Kinder- und Jugendchöre leitet Tomma Schroeder-Harms, den Posaunenchor hat Martin Vetter übernommen. Die Konzertorganisation liegt in den Händen von Sandra Ferst.

Vier Menschen kümmern sich also um das Musikleben in Großhansdorf - während in vielen anderen Gemeinden wegen der prekären Finanzen die Kirchenmusik bedroht ist. "Bei uns hat es auch Einschnitte gegeben", sagt Rasch. "Das Gemeindehaus am Vogt-Sanmann-Weg wurde in einen Kindergarten umgewandelt." Und ohne den Förderverein "Freunde der Kirchenmusik" liefe nichts. Den hatte er in weiser Voraussicht gleich zur Konzertreihe mitinitiiert. Auch hier hatte er Glück: Christoph Blau wurde Vorsitzender.

Trotz aller Sparzwänge: Ein Konzert zu streichen, das wäre für Rasch nicht in Frage gekommen. "Das hätte bedeutet, weniger attraktiv als Kirche zu sein. Und das hätte die Lage nur zusätzlich verschlechtert." Stattdessen wurden Spenden gesammelt. Der Appell wirkt bis heute nach. "Es gibt Menschen in unserer Gemeinde, die ein freiwilliges Kirchgeld zahlen. Das ist unsere Chance für ein vielfältiges, lebendiges Gemeindeleben. Wir haben sogar eine volle Diakoniestelle." Und bald eine neue Orgel. Das freut den Kantor natürlich besonders.

Der Weg, um dieses Projekt zu verwirklichen, ist bereits erprobt. So wie für die Kirchenmusik und die Rettung des Kirchturmes Vereine gegründet wurden, gibt es nun auch einen Verein zur Anschaffung der Orgel. Rund 360.000 Euro haben die Bürger bereits gespendet. Das ist fast die halbe Miete. "Die 50 Jahre alte Walcker-Orgel ist hinüber. Sie zu reparieren, hieße Geld versenken. "Ich bin froh, dass wir das vor 20 Jahren nicht gemacht haben."

Im Frühjahr 2015 soll die neue Orgel da sein. Für sein Dienstjubiläum greift der Kantor daher lieber zum Flügel. "Ich habe mir das Klavierkonzert in D-moll ausgesucht. Ein großes Werk", sagt Rasch und lächelt wissend. Mozart mal wieder. Aber wie war das noch? "Wenn man etwas möchte, muss man es ausprobieren. Wenn es dann funktioniert, ist es wunderbar." Die illegalen Musikanbieter und Nutzer hat Rasch schon reihenweise zur Strecke gebracht und im Auftrag seiner Mandanten mit Schadensersatzforderungen von 1500 Euro bis 100.000 Euro zur Kasse gebeten. Und musikalisch hat bisher auch alles bestens geklappt - besonders wenn Mozart im Spiel war.