Reinbeker Lehrerin Eva Kanefendt unterrichtete ein Jahr lang in Afrika. In Ferien kehrt sie zurück. Deutsche Schüler spenden für Projekt.

Reinbek. Eva Kanefendt lächelt. Sie hält zwei kleine Jungen auf dem Arm. Es sind die Kinder ihrer Gastfamilie in Uganda. Sie müssen jetzt nicht mehr in einer einfachen Lehmhütte leben. Die Wände des neuen Hauses sind aus Ziegeln, und das Dach ist aus Blech. Vor allem aber regnet es nicht mehr hinein. Die Familie hat viel Platz in dem Haus, deswegen lässt sie Eva Kanefendt für ein Jahr lang bei sich wohnen.

Die Lehrerin aus Reinbek ist zum ersten Mal in Uganda. Sie ist nach Afrika gekommen, um den Menschen dort zu helfen. Dass sie sich Hals über Kopf in das Land und die Menschen verlieben würde, ahnt sie zu diesem Zeitpunkt nicht. Das war im Jahr 2010. Eva Kanefendt flog damals nach ihrem Studium nach Afrika. "Ich hatte vorher Kontakt zu Elisabeth Mwaka aufgenommen, einer Freundin meiner Familie", sagt sie.

Elisabeth Mwaka war vor 30 Jahren nach Uganda gegangen, hatte das Projekt "Butiru Christian Schools Uganda" gegründet. Mit Spendengeld ermöglicht die gelernte Krankenschwester seitdem den Bau von Internaten, Krankenhäusern, Brunnen und Wohnhäusern. Sie organisiert Patenschaften für Waisenkinder und sorgt dafür, dass sie Essen und Kleidung bekommen sowie zur Schule gehen können.

Weil Eva Kanefendt unbedingt bei dem Projekt mithelfen wollte, rief sie die heute 50 Jahre alte Elisabeth Mwaka an: "Ich sagte ihr, ich würde jede Aufgabe übernehmen, egal welche." Schnell war klar, dass Kanefendt als Lehrerin gebraucht wurde. Dass sie einige Monate später sogar einer Frau dabei helfen würde, ihr Kind zur Welt zu bringen, war da nicht absehbar.

"Die Kinder dort sind unglaublich wissbegierig", sagt die 27-Jährige. "Mir blutet das Herz, weil sie häufig keine Chance bekommen." Immer wieder ist Eva Kanefendt in dem Dorf Butiru, das dem Projekt seinen Namen gab. Das Haus ihrer Gastfamilie, in dem die Reinbekerin von Juli 2010 bis Juli 2011 lebte, konnte durch Spenden gebaut werden. Ein Euro sind dort etwa 3200 Uganda-Schilling. "Davon kann eine Familie mit vier Kindern einen Tag lang gut leben", sagt Kanefendt.

Die Stormarnerin unterrichtete eine zehnte Klasse mit 65 Schülern. "In den staatlichen Schulen sitzen bis zu 200 Schüler in einem Raum", sagt sie. Bei solchen Verhältnissen sei vernünftiger Unterricht unmöglich. "Die Lehrer versuchen, sich mit dem Stock Respekt zu verschaffen, aber häufig gelingt ihnen das nicht."

Der Unterricht in Uganda verläuft anders, als es die Reinbekerin gewohnt war. Alles muss sie an die Tafel schreiben. Schulbücher gibt es nicht. Mit den Spenden konnten immerhin Tische, Bänke, Schreibpapier und Stifte angeschafft werden. Eva Kanefendt arbeitete nicht nur in der Schule, sondern auch im Waisenbüro des Dorfes Butiru. Dort werden die Spenden der etwa 600 Paten verwaltet und neue Kinder in das Projekt aufgenommen. Viele davon hätten schon viel eher Hilfe benötigt. Die Reinbekerin drückt es vorsichtig aus: "Man merkt, dass das Gehirn in einem bestimmten Entwicklungsstadium nicht ausreichend versorgt wurde".

Nach der Schule haben die Jugendlichen gute Chancen auf eine Ausbildung. Maurer, Schneider und Lehrer sind nur einige Berufe, die ehemalige Schüler in Butiru erlernen. Von den ausgebildeten Fachkräften profitiert wiederum das Projekt, weil sie dort arbeiten können. So erhalten die Waisenkinder neben schulischer Bildung und einer Ausbildung auch einen festen Arbeitsplatz. "Das Butiru-Christian-Schools-Projekt ist richtige Entwicklungshilfe, weil nicht 20 Weiße dem Land etwas überstülpen wollen", sagt Eva Kanefendt. "Die Ugander lernen selbst, dass Bildung wichtig ist und dass sie an morgen denken müssen."

Als die Reinbekerin im Sommer 2011 nach Deutschland zurückkam, um ein Referendariat an der Gemeinschaftsschule Reinbek zu beginnen, startete sie eigene Hilfsaktionen. So setzte sich die Lehrerin dafür ein, dass das Geld vom Sponsorenlauf der Schule nach Uganda an das Hilfsprojekt geschickt wurde. Seitdem laufen die Schüler jedes Jahr für diesen Zweck. Zuletzt kamen 1700 Euro zusammen. Allein davon können 68 ugandische Waisenkinder einen Monat lang zur Schule gehen und haben gleichzeitig genug zu essen.

Das beeindruckt auch die Reinbeker Schüler. Sie wollen weiter für das Projekt laufen. "Einmal haben sie Radiergummi und Stifte gesammelt, die ich für die Kinder mitnehmen sollte", sagt die Kunst- und Englischlehrerin. "Ich erzähle viel von dort. Ich glaube, manchmal nerve ich meine deutschen Schüler sogar schon", sagt sie lächelnd.

Eva Kanefendt ist eine enthusiastische Frau. "Hätte ich damals nicht das Referendariat angeboten bekommen, wäre ich vermutlich in Afrika geblieben", sagt sie. Von ihren Schülern in Uganda wird sie "Sister Eva" genannt.

Afrika hat die 27-Jährige geprägt. Wenn sie zum Beispiel den Flohwalzer hört, muss sie an den Waisenjungen Godwin denken, dem sie das Stück im Sommer 2011 beigebracht hat. Der Flohwalzer ist die einzige Melodie, die Eva Kanefendt überhaupt auf dem Klavier spielen kann. Als sie in den Sommerferien vergangenen Jahres erneut nach Butiru flog, wurde das Lied für sie zur Begrüßung gespielt.

"Mein Herz schlägt für dieses Projekt", sagt die Reinbekerin heute. Sie hat für ein Waisenkind die Patenschaft übernommen. Abel heißt der 13 Jahre alte Junge. Eva Kanefendt hat überlegt, ihn einmal nach Deutschland zu holen. Aber sie verwarf die Idee wieder. "Ich glaube, ich würde dem Jungen mit dieser Erfahrung keinen Gefallen tun."

Eva Kanefendt sitzt an ihrem Küchentisch in der kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung. Auf dem Tisch stehen afrikanische Kriegerfiguren aus dunklem Holz. Ob sie in diesem Sommer wieder nach Uganda reisen wird, ist noch nicht sicher. Sie würde es sehr gern. Die 27-Jährige lächelt und sagt: "Uganda lässt mich einfach nicht los."