Künftiger CDU-Landesvorsitzender erhält viel Applaus der Basis. Opposition sei die “Zeit der Rückbesinnung auf Grundwerte“.

Bad Oldesloe. Kartoffelsalat, Katenschinkenbrot und Currywurst gab es, so stand es auf handgeschriebenen Zetteln. An den Wänden der Oldesloer Schützenhalle hingen Ehrenteller mit röhrenden Hirschen. Passend zu dem Motto "Zukunft fängt zu Hause an" empfing die CDU ihren künftigen Landesvorsitzenden bei deftigem Essen und rustikaler Dekoration.

Dementsprechend entspannt gab sich Reimer Böge, als er bei der zweiten von drei Regionalkonferenzen vor den mehr als 100 Vertretern der Ortsverbände aus den Kreisen Stormarn, Segeberg, Herzogtum Lauenburg, Ostholstein und aus Lübeck auftrat. Während seiner Ansprache wippte der 61-Jährige, der am 16. März zum Nachfolger von Jost de Jager gewählt werden soll, lässig auf den Fersen, als er sagte: "Ich nehme für mich in Anspruch, nicht jedes Detail der Landespolitik zu kennen."

Böge ist seit 1989 Europaabgeordneter und will das auch bleiben. "Sie wissen, dass das hier ursprünglich nicht meine Lebensplanung war", sagte Böge. Er selbst habe "eine Reihe von fähigen, jüngeren Kandidaten" vorgeschlagen. Diese hätten aber alle abgelehnt. "Und wenn die Jüngeren nicht wollen, müssen eben wir Älteren ran." Dennoch stehe nun am Rednerpult "nicht irgendeiner, weil gerade kein anderer da ist". Bei den Stormarner CDU-Vertretern kam Böge augenscheinlich gut an. Der Landwirt aus Hasenmoor (Kreis Segeberg) gilt nach den kurz aufeinanderfolgenden Rücktritten Host de Jagers und seines Vorgängers Christian von Boetticher als neuer Hoffnungsträger der Landes-CDU. "Wir brauchen keinen Neuempfang", sagte Böge. Die CDU befinde sich nicht in einer Krise und habe sich auch nie in einer befunden. Die Partei sei lediglich in einer "etwas schwierigen Phase", die am 16. März - also mit seiner Wahl auf dem Sonderparteitag - ein Ende finden werde.

In der Schützenhalle wurden seine Sätze immer wieder von lautem Applaus und Klopfen auf den Tischen unterbrochen. "Das ist ein ganz toller Kandidat", sagte der Kreisvorsitzende Claus Brandt. Oldesloes Bürgerworthalter Rainer Fehrmann merkte an, es handele sich bei dem Amt des Landesvorsitzenden um einen "nicht immer leichten Posten". "Dafür wünsche ich Reimer Böge viel Kraft und vor allem ein längeres Durchhaltevermögen als seine Vorgänger", sagte Fehrmann. Er hoffe, dass Böge daran denke, dass sich Schleswig-Holstein nicht nur von Dänemark bis an den Nord-Ostesee-Kanal erstrecke, sondern bis an die Elbe reiche.

Trotz aller Begeisterung kam es anschließend zu Diskussionen über die Ziele der Partei. Die Opposition sei die "Zeit der Rückbesinnung auf Grundwerte", sagte Böge. "Mit denen sind wir in der letzten Zeit nur allzu lässig umgegangen." Die CDU müsse in den Städten stärker werden und mehr Frauen und junge Menschen für sich gewinnen. Auch für die Minderheitenpolitik wolle er sich einsetzen - nicht zuletzt, weil er durch seine Frau, die aus einer "Minderheit mit sehr schwierigem Hintergrund" stamme, einen verstärkten Bezug zu diesem Thema habe. Böges Frau ist Zypriotin und lebt in London.

Er habe sich mit diesem Thema schon bei der ersten Regionalkonferenz in Neumünster "die Finger verbrannt", wolle sich aber dennoch wiederholen. Außerdem betonte Böge: "Wir müssen Arbeitnehmerfragen ernster nehmen als in der Vergangenheit." Die CDU sei nicht nur eine Wirtschaftspartei.

"Klare Statements" habe Reimer Böge abgegeben, sagte Claus Brandt. Der Kreistags-Fraktionsvorsitzende Joachim Wagner war kritischer. Er habe zwar "mit Freude aufgenommen", dass Böge die Grundwerte der Partei stärken wolle. Zu Themen wie Frauenquote und Minderheiten sagte Wagner jedoch: "Das erinnert mich stark an die Linie einer anderen großen Volkspartei."

Wagner hätte sich auch gewünscht, dass Böge in seiner halbstündigen Rede etwas zum Ausbau der Autobahn 21 gesagt hätte. Zu diesem Punkt gab dann der Bundestagsabgeordnete Gero Storjohann Auskunft.