Politiker aller Fraktionen wollen Einwohner überzeugen, Bürgermeisterin des Amtes zu entheben. Fall beschäftigt Staatsanwaltschaft.

Oststeinbek. Die Akte Martina Denecke, sie existiert mittlerweile wirklich - im Hause der Staatsanwaltschaft Lübeck. Sie ist von Amts wegen in Sachen der seit Mitte Dezember suspendierten Oststeinbeker Bürgermeisterin tätig geworden. Bei der Anklagebehörde läuft ein sogenannter Vorprüfungsvorgang, das hat der Oberstaatsanwalt Ralf Peter Anders dem Abendblatt auf Anfrage bestätigt. "Dabei prüfen wir vorab, ob Sachverhalte, von denen wir Kenntnis erlangt haben, einen Straftatbestand erfüllen könnten", sagt er. Und betont: Das sei noch kein Ermittlungsverfahren. In welche Richtung vorab geprüft wird, möchte Anders nicht beantworten. "Da möchten wir noch sehr zurückhaltend sein."

Den Eingang von Strafanzeigen gegen Denecke hat die Staatsanwaltschaft bis Freitagnachmittag nicht bestätigen können. "Darüber liegen hier im Hause noch keine Erkenntnisse vor", sagt Ralf Peter Anders. Doch ist deren Zahl mittlerweile offenbar auf mindestens zwei gestiegen. Neben dem ehemaligen Bürgervorsteher Gerhard Bülow (CDU) hat nun auch der FDP-Fraktionschef in der Gemeindevertretung, Michael Holtermann, eine erstattet.

Wie berichtet, wirft Bülow der 43-jährigen Denecke Urkundenvernichtung vor, weil sie sämtliche Antwortzettel auf eine von ihr selbst initiierte Bürgerbefragung entsorgt habe. Holtermann führt dagegen den Verdacht der Untreue ins Feld: Denecke habe noch am Tage ihrer Suspendierung im Namen der Gemeinde eine Anwaltskanzlei damit beauftragt, eine Klage gegen die Kreisaufsichtsbehörde auszuarbeiten. Es ging um die Veröffentlichung des Gemeindeprüfungsberichts. Holtermann: "Es ist offensichtlich, dass Frau Denecke mit der Veröffentlichung der Originalfassung und der darin aufgeführten Kritik an ihrer Person und Amtsführung nicht einverstanden war und sie zu verhindern versuchte." Deshalb könne in diesem Falle lediglich von "Privatinteressen" Deneckes gesprochen werden.

Nach Veröffentlichung eines Interviews, das Denecke einer Bürgerinitiative gegeben hatte, erwägen auch die Mitglieder der Gemeindevertretung eine Strafanzeige wegen Verleumdung und übler Nachrede. Zuvor soll ein Rechtsanwalt allerdings sein Urteil darüber fällen, welche Erfolgsaussichten er diesem Schritt beimisst.

Oststeinbeks Kommunalpolitiker indes üben sich in demonstrativer Eintracht gut zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach ihrem Willen Martina Denecke abgewählt werden soll. Am Freitagnachmittag haben Mitglieder aller im Ortsparlament vertretenen Parteien und der Wählergemeinschaft mit einer konzertierten Aktion die heiße Phase des Abwahlkampfes eingeläutet. Auf dem Bauhofgelände im Ortsteil Havighorst kamen sie zusammen, um Plakate zu kleben - keine Wahl-, sondern Abwahlplakate. Eine offenbar lustige Aktion: Sie Stimmung war blendend.

"1985 Unterschriften waren nur der Anfang", steht darauf in weißer Schrift auf blauem Grund geschrieben, dazu ein Aufruf an alle Oststeinbeker, sich am 10.März unbedingt an der Abstimmung zu beteiligen. "Ja zur Abwahl, ja zu Oststeinbek", lautet der Appell. Die Plakate sollen in den kommenden Tagen überall im Gemeindegebiet aufgestellt werden.

Auf dem Plakat findet sich auch der Hinweis auf eine Internetseite, die ebenfalls fraktionsübergreifend verantwortet wird und die seit diesem Sonnabend, 0 Uhr, online ist. Die Adresse lautet www.pro-oststeinbek.de, sicherlich eine Anspielung auf die nur kurze Zeit online gewesene Seite eines unbekannt gebliebenen Denecke-Unterstützers, die da www.pro-denecke.de lautet. Seit einigen Wochen ist diese Seite jedoch im Wartungsmodus - "Hausputz bei Deneckes" ist dort seitdem zu lesen. "Hausputz bei den Fraktionen" hieß es bis Mitternacht auf der Seite pro-oststeinbek - noch eine kleine Stichelei in Richtung der suspendierten Bürgermeisterin.

Abgewählt ist Martina Denecke, wenn sich am Sonntag, 10. März eine Mehrheit für die Abwahl ausspricht. Diese Mehrheit muss absolut mindestens 20 Prozent der wahlberechtigten Oststeinbeker entsprechen. Schon jetzt ist Briefwahl möglich.