Lütjenseerin soll als Präsidentin des Opferhilfe-Vereins 80.000 Euro unterschlagen haben. Der Prozessauftakt in Ahrensburg.

Lütjensee/Ahrensburg. Allzu oft hat Sabine T. (Name geändert) in den zurückliegenden Jahren ihr Ehrenamt gepriesen, sich dafür loben lassen und bei Krankenkassen Fördergeld abgegriffen - für den Bundesverband der Unfallopfer in Deutschland, dessen Präsidentin sie ist. Seit Donnerstag muss sich diese Präsidentin nun vor dem Ahrensburger Schöffengericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft der 58-Jährigen gewerbsmäßige Untreue vor. Es geht um 171 Fälle in den Jahren 2007 und 2008. Der Schaden beläuft sich laut Anklage auf rund 80.000 Euro.

Ganz egal, wie es ausgehen wird: Das Verfahren wirft schon jetzt ein nicht gerade gutes Licht auf das "Ehrenamt" der gelernten Zahntechnikerin aus Lütjensee: Der Verband zahlt die Leasingraten für ihr 33.000 Euro teures Mini Cabrio, der Verband mietet für 200 Euro monatlich Büroräume in ihrem Haus. Der Verband - das ist überhaupt sie, eine One-Woman-Show. Sabine T. ist kraft Amtes Präsidentin, fungiert aber quasi auch als Geschäftsführerin und Kassenwartin.

Die einem Verein eigenen Kontrollmechanismen fehlen. "Kassenprüfungen gab's nicht, Mitgliederversammlungen gab's nicht, und die Bücher trugen die Handschrift Frau T.s", sagt der als Zeuge geladene Jens Carlson, Steuerprüfer in Diensten des Finanzamts Stormarn. Er berichtet von zahlreichen "Fremdleistungen, die meines Erachtens die private Ebene der Familie T. betreffen, aber vom Bundesverband bezahlt worden sind". Carlson hat den Fall zur Anzeige gebracht.

Ist es die Gier nach Geld, die T. antreibt? Wie während der Verhandlung bekannt wird, lässt sich die Lütjenseerin 2008 von einer alten Dame aus dem Rheinland 27.000 Euro schenken, besorgt ihr Sterbemittel aus der Schweiz und lässt sich dann im Testament der Seniorin als Alleinerbin eintragen.

Doch die alte Dame vertraut sich ihrem Bankberater an, der Fall kommt vor Gericht. Am 18. November 2008 wird T. vom Amtsgericht Bonn zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt - im Endeffekt nur wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Doch dieser Vorfall ist - wenn überhaupt - fürs aktuelle Verfahren nur insoweit von Relevanz, als dass die zur Bewährung ausgesetzte Strafe bei einer neuerlichen Strafe zu berücksichtigen wäre. Erst mal geht es um die Frage, ob die 171 nun angeklagten Tatvorwürfe den Tatbestand der Untreue erfüllen. Sie lassen sich in drei Fallgruppen zusammenfassen.

Da geht es einmal um T.s vielfache Besuche bei etlichen Geldautomaten in der Region. Mit der Vereins-EC-Karte hat sie jeweils Beträge zwischen 100 und 500 Euro abgehoben, manchmal mehrfach an einem Tag. Da geht es um offensichtliche Privateinkäufe bei Penny, in Baumärkten oder auf dem Hof Lütjensee mit derselben EC-Karte. Und da geht es um eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 2380 Euro monatlich an ihren damaligen Ehemann.

Vergütung wofür, fragt der Richter. Sabine T. schweigt lange. Dann sagt sie mit leiser Stimme: "Er hat Rundschreiben erstellt, den Versand fertig gemacht, seine Freizeit für Reisen zur Verfügung gestellt und mit mir einzeln Fälle besprochen." Inzwischen lebt sie getrennt von ihrem Mann. Er will am nächsten Verhandlungstag aussagen.

Die Barabhebungen sind indes buchhalterisch korrekt eingetragen worden, sagt Steuerprüfer Carlson - nämlich vom Konto in die "Barkasse". Was mit dem Geld geschehen sei, wisse er nicht. Mit den Einkäufen, sagt T., habe sie ein Darlehen an sich selbst zurückgezahlt, das sie dem Verband gewährt habe.