Die eine zahlt, der andere profitiert. Eigentümerin Sabrina Krause-Heumann überlässt der Glinder Sönke-Nissen-Park-Stiftung Räume - kostenlos. Deren Vorstand Rainhard Zug beruft sich auf Verträge - zu Recht. Dokumentation eines Streits, bei dem es keine Sieger geben kann

Glinde. Die beiden Hochhäuser sind groß: 412 Eigentumswohnungen, die Kindertagespflege Spatzennest, der Miniclub und seit Anfang Dezember eine Kita finden hinter den grauen Betonfassaden Platz. Groß ist auch der Streit, der um die Räumlichkeiten der Sozialeinrichtungen entbrannt ist. Es ist ein Streit, der bereits Gerichte beschäftigt hat, zuletzt das Amtsgericht Reinbek. Ein Streit, der verfahren ist und bei dem die Fronten verhärtet scheinen.

Die Beteiligten, das sind die Eigentümer der Sozialräume, Sabrina Krause-Heumann und Norman Heumann. Dann gibt es die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer, vertreten durch die BIG Verwaltung GmbH. Und schließlich die Sönke-Nissen-Park-Stiftung und mit ihr die Stadt Glinde. Die Objekte, die Gegenstand des Streits sind, liegen in der Sönke-Nissen-Allee 2 a und 2 f und im Sandweg 2 e.

Die Stiftung nutzt an allen drei Adressen die Sozialräume "unentgeltlich und kostenfrei", wie es im Nutzungsvertrag heißt. Sie betreibt in der Sönke-Nissen-Allee 2 a den Miniclub mit Angeboten für Eltern und Kinder, etwa Spielgruppen und Geburtsvorbereitungskurse. Ihre Räume in Haus 2 f hat sie an die Stadt Glinde vermietet. Diese hat sie weitervermietet an die Vereinigung Kitas Nord, die dort eine Kindertagesstätte betreibt. Stiftung und Stadt sind eng miteinander verbunden: Bürgermeister und Bürgervorsteher sind in Glinde laut Satzung Mitglieder des Stiftungsvorstandes. Deren Geschäfte werden gemeinsam vom Glinder Bürgermeister und einem anderen geschäftsführenden Vorstandsmitglied geführt. Ihre Räume am Sandweg 2 e hat die Stiftung ebenfalls weitervermietet, an den Verein Tagesmütter und -väter Stormarn. Der bietet dort die Kindertagespflege Spatzennest an.

Die Sönke-Nissen-Park Stiftung profitiert von einem Nutzungsvertrag, der 1985 mit einer Grundstücksgesellschaft abgeschlossen worden ist, der damaligen Eigentümerin der beiden Hochhäuser. Laut Vertrag werden der Stiftung die Räume "auf Dauer unentgeltlich und kostenfrei zur alleinigen Nutzung" überlassen. Weiter heißt es, dass sämtliche Kosten, insbesondere Betriebs- und Bewirtschaftungskosten, die Gesellschaft übernimmt.

Doch mittlerweile haben sich die Eigentumsverhältnisse geändert. Die Flächen gehören nun Sabrina Krause-Heumann und ihrem Bruder Norman. Die 33-Jährige ist Immobilienverwalterin und lebt bei Göttingen. Ihr Vater Edgar Heumann hatte ihr die Räume an den drei Adressen einst aus steuerlichen Gründen übertragen. Er hatte sie und 130 Wohnungen aus den beiden Hochhäusern in den 90er-Jahren bei einer Zwangsversteigerung erworben.

"Ich werde in den Ruin getrieben", sagt Sabrina Krause-Heumann. "Man lässt mich ins Messer laufen, das ist doch nicht sozial." Der Grund seien die Nebenkosten, auf denen sie als Wohnungseigentümerin sitzen bleibe, weil die Stiftung sie nicht zahle. Denn die beruft sich auf eben jenen Vertrag aus dem Jahr 1985, der auch für spätere Eigentümer gültig bleibt.

An dieser Stelle kommen die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer am Sandweg und an der Sönke-Nissen-Allee ins Spiel. Die hatten die Nebenkosten für die Stiftungsräume zunächst jahrelang getragen, auch zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung an die Geschwister Heumann, die Kosten wurden auf alle Eigentümer umgelegt. Doch dann änderte sich die Haltung der Gemeinschaften, in einem Gerichtsverfahren setzten sie durch, dass Sabrina Krause-Heumann und ihr Bruder die Nebenkosten allein tragen müssen. Gegen beide erwirkten sie einen vollstreckbaren Titel, verzichteten aber bislang darauf, das ausstehende Geld einzutreiben - wohl wissend, dass die Geschwister so viel nicht haben. Die Nebenkosten werden bis auf Weiteres auf alle Eigentümer verteilt. Deren finanzielle Forderungen stehen dennoch im Raum, hängen wie ein Damoklesschwert über den Geschwistern Heumann. Und sie werden immer höher, denn die von den beiden Eigentümergemeinschaften bezahlten Nebenkosten laufen Monat für Monat weiter an. "Mittlerweile hat sich ein Betrag von rund 150.000 Euro angesammelt", sagt Sabrina Krause-Heumann. Und ihr monatliches Einkommen von rund 1200 Euro netto reiche schon nicht aus, um die laufenden monatlichen Nebenkosten zu tragen.

Sie und die Eigentümergemeinschaften sind sich in einem Punkt einig: dass die Stiftung die Bedingungen für eine kostenlose Nutzung ihrer Räume schon lange nicht mehr erfülle. Denn in dem Nutzungsvertrag aus dem Jahr 1985 verpflichtet sich die Stiftung, die fraglichen Räume "für die soziale Betreuung der Glinder Bevölkerung, jedoch vornehmlich zur sozialen Betreuung der Bewohner des betreffenden Hauses zu nutzen". Die Vorwürfe gegen die Stiftung: Sie nutzt die Räume nicht selbst, sondern vermietet sie. Und das an Einrichtungen, die für alle offen stehen. Krause-Heumann: "Die Stiftung und die Stadt Glinde finanzieren ihre Sozialarbeit auf meine Kosten."

Die Vorwürfe weist Rainhard Zug, Glinder Bürgermeister und Vorstandsvorsitzender der Stiftung, zurück: "Dass wir unsere Räume an Dritte vermieten, ist juristisch möglich." Auch Gerichte hätten dies bestätigt. Im Übrigen mache die Stiftung dadurch keine Geschäfte, sie erhebe keine Miete und ziehe selbst keine Nebenkosten von ihren Mietern ein. "Wir bereichern uns nicht", sagt Zug. Was die Zweckbestimmung der Räume angeht, so betont Zug, dass diese sehr wohl erfüllt werde. "Die Bewohner der Hochhäuser werden bei der Platzvergabe für die Betreuungseinrichtungen bevorzugt."

Das wiederum lässt Eigentümerin Krause-Heumann nicht gelten: "Wenn die Kindergärten für alle offen stehen und voll belegt sind, sind sie voll. Dann kann keiner mehr aufgenommen werden, auch kein Kind eines Bewohners." So sei es schon vorgekommen, dass Kinder von Bewohnern aus Platzgründen abgelehnt worden seien.

Rechtsanwalt Torsten-H. Meyer, der zuständige Abteilungsleiter der für die Eigentümergemeinschaften tätigen BIG Verwaltung GmbH, kritisiert zudem, dass die Kinder der Bewohner Gebühren für die Nutzung der Betreuungseinrichtungen zahlen müssten. "Es ist eine Schieflage entstanden, was den Ursprungsgedanken des sogenannten Nutzungsvertrages aus der Urzeit betrifft, sollte er überhaupt noch anwendbar sein.", sagt er. Eine Möglichkeit, dass die beiden Wohnungseigentümergemeinschaften wie früher die auflaufenden Nebenkosten für die drei umstrittenen Flächen begleichen und auf ihre Forderungen gegen Sabrina Krause-Heumann und ihren Bruder verzichten, sieht er nicht. "Die Teilungserklärungen, wie sie damals vom teilenden Eigentümer geschaffen wurden, sind eindeutig", sagt er. "Verantwortlich sind die Teileigentümer, die Geschwister Heumann, es wurden nämlich keine Gemeinschaftsflächen geschaffen, sondern sogenanntes Sondereigentum." Bei vergangenen Versammlungen hätten sich die Eigentümer im Übrigen mehrheitlich gegen eine erneute Nebenkostenübernahme entschieden.

Nach Meinung von Bürgermeister Zug kann das Problem "juristisch nicht gelöst werden". Dabei ist seine Haltung eindeutig: "Die Stiftung hat ein im Grundbuch verbrieftes Recht auf kostenlose Nutzung der Räume." Er sieht die Stiftung zu Unrecht an den Pranger gestellt. "Uns wird sehr bewusst der schwarze Peter zugeschoben." Die Nebenkosten seien Sache der Eigentümergemeinschaften und der Familie Heumann. "Die müssen sich untereinander einigen." Er verweist auf das Angebot der Stiftung, vom ihren Mietern Nebenkosten einzuziehen und an die Eigentümer weiterzureichen. "Dieses Angebot wurde nicht angenommen."

Sabrina Krause-Heumann bestätigt, das Angebot abgelehnt zu haben. "Es wären uns nicht alle Kosten erstattet worden, etwa nicht die für Aufzug und Hausmeister." Umgekehrt habe sie der Stiftung das Angebot unterbreitet, ihr die Räume zu schenken, doch die habe abgelehnt. "Dann hätten wir auch für die Sanierung und Instandhaltung dieser Objekte aus den 70er-Jahren aufkommen müssen, das müssen wir derzeit nicht", erklärt dazu Rainhard Zug.

Vor Kurzem ging der Streit so weit, dass sich alle Beteiligten vor dem Reinbeker Amtsgericht trafen. Vorausgegangen war eine Versorgungssperre, mit der die Eigentümergemeinschaft Strom und Wasser für das Sondereigentum der Geschwister Heumann an der Sönke-Nissen-Allee 2 f abgestellt hatte. Die Räume standen damals leer, die Stiftung und die Stadt Glinde planten aber bereits, sie für die Kita zu nutzen. "Wir wollten die Geschwister Heumann dazu bewegen, tätig zu werden und etwas zu zahlen", sagt Hausverwalter Meyer. Sabrina Krause-Heumann ließ daraufhin an den Räumen die Schlösser austauschen. "Ich wollte ein Zeichen gegenüber der Stiftung setzen, weil die nicht auf uns zugegangen war." Die von beiden Maßnahmen letztlich betroffene Stiftung freilich wehrte sich und erwirkte vor Gericht einstweilige Verfügungen gegen die anderen Parteien. Ab Anfang Dezember konnten die Räume dann von der Kita genutzt werden.

Sabrina Krause-Heumann prüft derzeit, ob sie Feststellungsklage gegen die Gültigkeit des Vertrages erhebt.