Der 55-jährige Kripo-Chef Wolfgang Böhrs verlässt Ahrensburg nach mehr als 18 Jahren. Er wird Hochschul-Dozent in Kiel-Altenholz.

Ahrensburg. Mehr als 18 Jahre lang hat er in Ahrensburg Verbrecher gejagt, davon etwas mehr als 16 Jahre als Kripo-Chef. Viele Täter hat er in all den Jahren dingfest gemacht. Doch in diesen Tagen heißt es Abschied nehmen für Wolfgang Böhrs. Der Leiter der Kriminalpolizei-Außenstelle in Ahrensburg wechselt als Dozent an die Fachhochschule des Landes für Verwaltung und Dienstleistung in Kiel-Altenholz. Sein Nachfolger in Ahrensburg steht noch nicht fest.

Am heutigen Mittwoch ist der letzte Arbeitstag des 55 Jahre alten Ersten Kriminalhauptkommissars in der Ahrensburger Polizeizentralstation an der Reitbahn. Bereits am Freitag bildet Böhrs in Altenholz den Polizei-Nachwuchs für den gehobenen Dienst aus. "Die Arbeit hier hat mir viel Spaß gemacht, aber ich freue mich auf die neue Herausforderung, ganz als Dozent zu arbeiten", sagt er über den Wechsel auf seine neue Stelle, der sein eigener Wunsch war. In Altenholz ist er seit 2007 bereits als Gastdozent tätig.

Bei der Kripo in Ahrensburg hat Wolfgang Böhrs am 1. August 1994 angefangen, zunächst als stellvertretender Dienststellenleiter. Chef der Außenstelle wurde er am 1. Januar 1997, als Nachfolger von Wolfgang Kasten. Dabei kam Böhrs erst als "Spätberufener" zur Polizei. Der gebürtige Flensburger machte zunächst eine Lehre als Elektriker und danach sein Fachabitur, arbeitete bei einem Hersteller für Gasbetonsteine, zuletzt als Betriebsleiter in Schleswig. 1981 wechselte er dann als Seiteneinsteiger in den gehobenen Polizeidienst. "Damals brach die Konjunktur ein, ich sah in meiner Branche keine Zukunft mehr für mich", erzählt Böhrs. Seine Ausbildung machte er dort, wohin er nun als Lehrer zurückkehrt - an der Fachhochschule in Kiel-Altenholz.

1984 trat der frischgebackene Kriminalkommissar seine erste Stelle in Husum an. "Ich wollte von Anfang an zur Kripo, das hat mich am meisten gereizt", sagt Böhrs. 1987 wechselte er ins Landeskriminalamt (LKA) nach Kiel, bearbeitete erst Rauschgiftdelikte und dann Fälle von Wirtschaftskriminalität.

Aus seiner Zeit in Ahrensburg, wohin er vom LKA aus wechselte, nachdem er sich in einer landesweiten Stellenausschreibung durchgesetzt hatte, sind ihm vor allem zwei Fälle in Erinnerung geblieben, bei denen die Kripo mit Hilfe der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" nach den Tätern fahndete. Im Fall des "Rosenkavaliers" hatte sie damit sogar Erfolg. Der hatte im Dezember 1996 in Großhansdorf zwei Filialen der Raiffeisenbank ausgeraubt und dabei rund 24.000 Mark erbeutet. "Er hatte sich eine Waffe aus Legosteinen gebaut, verdeckte sie mit einer Tüte und bedrohte so die Bankangestellten", erzählt Wolfgang Böhrs. Die Polizei konnte den Täter ermitteln, der Mann blieb jedoch flüchtig.

Im Februar 1997 wurde der Fall dann im ZDF vorgestellt, die Zuschauer um Hilfe gebeten. Böhrs nahm mit Kollegen deren Anrufe entgegen. Und tatsächlich, eine Frau gab den entscheidenden Tipp: Der Gesuchte sollte in einer Kneipe in Essen öfter ein Bier trinken. Dort hatte sie ihn kennengelernt. Sofort fuhren Kripo-Kollegen von Böhrs aus Essen zur Kneipe - und hatten Glück: Der Bankräuber war dort und ließ sich ohne Widerstand festnehmen. Er war gerade dabei, zwei Frauen mit teuren Rosen zu beschenken.

Bei dem anderen Fall im Jahr 1997 war Böhrs selbst im "XY"-Fernsehstudio in München und präsentierte ihn den Zuschauern. Gesucht wurde ein Mann, der bei einem Raubüberfall in Lütjensee eine Frau in ihrer Wohnung erstickt hatte. Gefasst wurde er später durch eine Geschwindigkeitskontrolle der Polizei in Bremen. "Wir haben dann erfahren, dass er sich wegen der Sendung noch mehr versteckt hatte", berichtet Böhrs, der bei der Gelegenheit auch den langjährigen "XY"-Moderator Eduard Zimmermann kennenlernte.

Der Kriminalist ist froh, dass in seiner Ahrensburger Zeit alle Morde und Tötungsdelikte aufgeklärt werden konnten. Sehr betroffen haben ihn immer die Fälle gemacht, bei denen Kinder die Opfer waren, etwa als einmal in Jersbek ein Vater sein Kind erschlagen hat. "Man muss innerlich immer eine professionelle Distanz wahren, um abschalten zu können", sagt Böhrs.

In seiner Kripo-Zeit hat er zahlreiche Neuerungen miterlebt. So hielten Computer, Internet und Mobiltelefone Einzug in den Polizeialltag. "Als ich bei der Polizei anfing, haben wir noch mit Schreibmaschinen gearbeitet", erinnert er sich. Neue Ermittlungsmöglichkeiten eröffnete vor allem die DNA-Analyse. "Das war schon eine bahnbrechende Erfindung." Allerdings: "In einigen Bereichen ist die Arbeit durch die Technik auch schwerer geworden", gibt Böhrs zu Bedenken. So gebe es zwar im Vergleich zu den 1990er-Jahren weniger Einbrüche und Banküberfälle, aber dafür sei der Betrug über das Internet eine neue Kriminalitätsform. "Sie bindet große Kapazitäten bei der Polizei", sagt Böhrs.

Insgesamt blickt Böhrs zufrieden zurück auf seine Ahrensburger Zeit: "Ich bin jeden Tag mit Freude zum Dienst gegangen, die Kripo-Arbeit ist sehr vielfältig." Vermissen wird er seine Ahrensburger Kollegen. "Wir haben als Team immer gut zusammengearbeitet." Als Dozent sieht er sich als Bindeglied zwischen Theorie und Praxis. "Ich will meine Polizeierfahrung aus fast 30 Jahren einbringen", so Böhrs.

Seinen Hobbys will der 55-Jährige, der mit seiner Frau in Ammersbek lebt, trotz des beruflichen Wechsels weiter nachgehen. So ist Böhrs seit langem im Lions Club Stormarn aktiv, war dessen Präsident. Außerdem betätigt er sich sportlich und fährt Straßen-Radrennen, etwa bei den Vattenfall Cyclassics in Hamburg oder bei Wettkämpfen für den RV Trave aus Bad Oldesloe.