Die Existenz zweier Tiere im Herzogtum Lauenburg und in Segeberg sind bewiesen. Dritter Wolf wird im Kreis Pinneberg vermutet.

Ahrensburg. Die Wahrscheinlichkeit, in Stormarns Wäldern auf einen Wolf zu treffen, wird immer größer. Jetzt hat ein Experte des Wolfsinformationszentrums Schleswig-Holstein eine eineinhalb Kilometer lange Wolfsfährte zwischen Mölln und Büchen im Kreis Herzogtum Lauenburg entdeckt. Das Tier könnte vom benachbarten Mecklenburg-Vorpommern nach Schleswig-Holstein eingewandert sein. "Ein Wolfsrevier ist 250 bis 350 Quadratkilometer groß", sagt Wolf-Gunthram Freiherr von Schenck, Leiter des Wolfsinformationszentrums Schleswig-Holstein. "Die Tiere können an einem Tag 50 bis 60 Kilometer zurücklegen." Die Strecke von dem Fundort der Wolfsspur bis nach Stormarn ist für das graue Raubtier also nur ein Tagesmarsch.

"Wir haben hier zwar noch keine verdächtigen Wildrisse gefunden", sagt Reinhold Häbel von der Kreisjägerschaft (KJS) Stormarn. "Aber es kann sein, dass einer der Wölfe mal in unsere Wälder reinschnuppert." Wie Stormarner Viehzüchter dann ihre Nutztiere vor einem Wolfsangriff schützen können, weiß Ralf Borchers, Wolfsbetreuer der KJS Stormarn: "Die sinnvollste Lösung sind Euronetz-Zäune." Die sind 1,10 Meter hoch und verpassen Eindringlingen einen gehörigen Stromschlag. Wichtig sei nur, dass der Wolf den Zaun nicht untergraben kann.

Auf der anderen Seite Stormarns im Kreis Pinneberg könnte sich derzeit ein zweiter Wolf herumtreiben. Ungewöhnlich viel Wild und einige Schafe sind seit September 2012 dort gerissen worden. "Acht tote Rehe wurden uns gemeldet, fünf davon wurden mit ziemlicher Sicherheit von streunenden Haushunden erlegt", sagt Hans Hewicker, Vorsitzender der KJS Pinneberg. Zwei der Kadaver wiesen auf einen Wolfsangriff hin, sie wurden nahe Borstel-Hohenraden gefunden. Der letzte sei nicht klar zuzuweisen. Trotz der vermeintlichen Wolfsrisse konnte die Existenz des Tieres dort nicht belegt werden. An den verdächtigen Kadavern war es nicht möglich, DNA-Spuren zu nehmen. Hewicker: "Versuchen Sie mal, ein Wolfshaar in einem zerbissenen Rehfell zu finden." Zudem dürfe das Reh nicht länger als 24 Stunden tot sein, sonst sei die DNA zu stark beschädigt. Der Jäger ist sich jedoch sehr sicher, dass die Art, wie das Tier getötet wurde, nur einem Wolf zuzuschreiben ist. "Wölfe sind Profitöter", erklärt Hewicker. "Sie töten ihre Beute mit einem Biss in die Kehle ohne viel Energie zu verschwenden."

Das Tier, das die Rehe im Kreis Pinneberg getötet haben könnte, wäre vermutlich ein alter Bekannter der Wolfsexperten. "Es könnte der Segeberger Wolf sein", sagt Wolf-Gunthram von Schenck. Der "Segeberger Wolf" tappte im Sommer 2012 in eine Fotofalle auf dem Golfplatz Gut Kaden bei Alveslohe. Er ist der erste Wolf, der seit 200 Jahren in Schleswig-Holstein nachgewiesen werden konnte.

Wenn das Tier aus Segeberg auch in der Nähe von Borstel-Hohenraden unterwegs ist, hätte es die Autobahn 7 überqueren müssen. Aber selbst das stellt für Wölfe kein Problem dar. Sie nutzen Brücken, Unterführungen oder Bachläufe. Manchmal laufen die Tiere nachts direkt über Autobahnen, weiß von Schenck. Bei Straßen, an denen nachweislich starker Wildwechsel herrscht, werden deswegen sogenannte Grünbrücken gebaut, die einen gefahrlosen Weg für Wildtiere darstellen.

Für jeden der zwei oder drei Wölfe, die aktuell in Schleswig-Holstein unterwegs sind, liegt Stormarn in erreichbarer Nähe. "Dass sich die Tiere dort länger aufhalten oder hindurch ziehen, halte ich für naheliegend", sagt von Schenck. "Aber Wölfe sind scheu, deswegen sind Begegnungen mit dem Menschen selten." Und wenn, sei das kein Grund zur Panik. "Wölfe sind normalerweise ungefährlich", sagt der 43-Jährige. "Selbst wenn er überrascht wird, flieht er eher, statt anzugreifen."

In anderen Bundesländern ist die Wahrscheinlichkeit, einem Wolf zu begegnen, zudem deutlich größer als in Schleswig-Holstein. Mehrere einzelne Tiere und zwei größere Rudel leben in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Niedersachsen. Von Schenck: "Dass die Wiederansiedlung des Wolfes ein natürlicher Prozess ist, ist schön." Allerdings sei ein Überleben des scheuen Tieres ohne die Rücksichtnahme des Menschen nicht zu gewährleisten. Von Schenck hofft, dass es bald möglich ist, mehr Wölfe in Schleswig-Holstein nachzuweisen. "Wenn ein Wolf das Revier für geeignet hält, wird er sich hier niederlassen. Aber das muss er selber wissen", schmunzelt von Schenck. "Wir jedenfalls fänden es schön, wenn es dem Wolf in Schleswig-Holstein gefällt."

Wer einen Wolf oder dessen Spuren gesichtet hat, kann dies beim Wolfsinformationszentrum Schleswig-Holstein unter Telefon 0174/633 03 35 oder im Internet auf www.wolfsbetreuer.de melden